Selbst in Syrien folgt Trump nur Impulsen

  13 April 2018    Gelesen: 1282
Selbst in Syrien folgt Trump nur Impulsen

Zwei Motive prägen die Politik von US-Präsident Trump: spontane Impulse und Werbung in eigener Sache. Ein Großteil der Arbeit des Weißen Hauses besteht darin, hinter Trump aufzuräumen.

 

Vieles von dem, was Donald Trump tut, dient der Vermarktung. Vor allem auf Twitter. "Große Show heute Abend bei @seanhannity!", schrieb er am Mittwoch. "21 Uhr auf @FoxNews." Die Sendung von Moderator Sean Hannity dürfte ganz nach dem Geschmack des US-Präsidenten gewesen sein: Es ging darum, wie der von Trump gefeuerte Ex-FBI-Chef James Comey "seinen sehr öffentlichen Hass auf Präsident Donald Trump zu Geld machen will", wie Hannity dann sagte.

Während die Welt darauf wartet, ob die USA Syrien angreifen, gibt der amerikanische Präsident Fernsehtipps. Keine 24 Stunden zuvor hatte er, ebenfalls auf Twitter, den Angriff angekündigt: "Russland schwört, alle Raketen, die auf Syrien abgefeuert werden, abzuschießen. Mach dich bereit, Russland, denn sie werden kommen, schön und neu und 'smart'!"

Ausgerechnet Trump, der sich im Wahlkampf und auch danach immer wieder als Freund und Fan des russischen Präsidenten Wladimir Putin inszeniert hatte, treibt die Konfrontation mit der Atommacht Russland voran. Mit seiner Warnung bezog er sich auf einen Satz des russischen Botschafters im Libanon, Alexander Sassypkin, der seinerseits den USA gedroht hatte. Sollte es einen US-Angriff auf Syrien geben, "werden die Raketen abgeschossen und die Objekte angegriffen, von denen sie abgefeuert wurden", so Sassypkin.

Dabei hatte zwischen Trump und Russland doch alles so harmonisch begonnen. Im Wahlkampf äußerte er mehrfach die Erwartung, dass er gut mit Putin zurechtkommen werde. Als Präsident zeigte er sich bei Treffen mit Putin mitunter geradezu vertrauensselig. Im vergangenen November sagte er nach einem Gespräch mit dem russischen Präsidenten, er glaube ihm, wenn dieser sage, Russland habe sich nicht in die Präsidentschaftswahl in den USA eingemischt - obwohl die US-Geheimdienste zu einem ganz anderen Schluss gekommen sind.

Egal, worum es geht: Trump folgt seinen Impulsen. Grundsätzlich ist daran nichts falsch. Impulse können helfen, den Zirkelschluss der Vernunft zu durchbrechen. Denn was als vernünftig gilt, ist mitunter nichts anderes als eine althergebrachte Entscheidung auf der Basis konventionellen Denkens. Trumps (offenkundig impulsiver) Vorschlag, das Wettrüsten mit Russland zu stoppen, ist durchaus erwägenswert. Aber Impulse ohne Reflektion sind gefährlich. Denn Trump belässt es dabei: Er hat offensichtlich keine Vorstellung, wie er für bessere Beziehungen mit Russland sorgen kann. Er scheint auch keinerlei Strategie zu haben, wie er in Syrien vorgehen will.

Impulskontrolle von außen


Natürlich ist Trump nicht der einzige, der keine Ahnung hat, wie der Krieg in Syrien zu beenden ist. Auch Frankreichs Präsident Emmanuel Macron drohte mit "gezielten Schlägen" auf Syrien, um weitere Angriffe mit Chemiewaffen zu verhindern. Das jedoch ist schwierig: Vor einem Jahr blieb Trumps Vergeltungsschlag auf die syrische Luftwaffe nach einem Giftgasangriff folgenlos: Nur kurz nachdem auf dem Stützpunkt al-Schairat die amerikanischen Marschflugkörper eingeschlagen waren, nahm die syrische Luftwaffe den Flugbetrieb dort wieder auf.

Doch Trumps Impulshaftigkeit geht über die klassische Symbolpolitik à la Macron noch weit hinaus. Ende März sagte der US-Präsident bei einer Wahlkampfveranstaltung in Ohio, die USA würden sich "sehr bald" aus Syrien zurückziehen. Nach Informationen der "Washington Post" erklärte Trump seinen Mitarbeitern, er wolle, dass US-Soldaten das Land binnen 48 Stunden verlassen. Das wäre schon rein praktisch schwer umzusetzen: Nach Angaben des Pentagon sind rund 2000 US-Soldaten in Syrien im Einsatz, sie unterstützen dort die kurdische Miliz YPG.

Bei Trump kommt die Impulskontrolle verspätet und von außen: Verteidigungsminister James Mattis und andere hätten den Präsidenten überredet, dem Militär noch sechs Monate in Syrien zu geben, um den IS restlos zu beseitigen, schreibt die "Post". Diese Frist sei alles andere als ideal, zitiert die Zeitung Vertreter der US-Regierung, sei aber ein großer Sieg im Vergleich zu Trumps ursprünglichem Vorhaben. Offiziell teilte das Weiße Haus nach Trumps Rede in Ohio mit, man werde mit den Verbündeten über die Pläne beraten.

Ähnlich scheint es bei Trumps Angriffsdrohung zu laufen. Der angekündigte Raketenbeschuss sollte eine Vergeltung für den Einsatz von Giftgas sein, für den nach Auffassung der USA, aber auch der Bundesregierung, die syrische Regierung verantwortlich ist. Am Montag sagte Trump, "wir werden in den nächsten 24 bis 48 Stunden einige wichtige Entscheidungen fällen". Doch am Mittwochabend sagte seine Sprecherin Sarah Sanders, es gebe keine abschließenden Entscheidungen. Auf einmal war der von Trump angekündigte Angriff nur noch eine "Option".

Heute schließlich äußerte Trump sich in seiner morgendlichen Twitterkanonade noch einmal über Syrien. "Ich habe nie gesagt, wann ein Angriff auf Syrien stattfinden würde", schrieb er. "Könnte sehr bald sein oder gar nicht so bald!" Möglicherweise haben seine Mitarbeiter ihm erklärt, dass ein Luftangriff auf Syrien ohne russische Zustimmung zu gefährlich ist. Trump schrieb weiter, auf jeden Fall habe seine Regierung einen tollen Job gemacht, um die Region vom IS zu befreien. "Wo bleibt unser 'Danke, Amerika?'" Ob bei Programmhinweisen oder beim Gemetzel in Syrien: Inhaltlich ist es PR in eigener Sache, konzeptionell sind es ungesteuerte Impulse. Nur Politik ist es nicht.

Quelle: n-tv.de


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