Mehr als eineinhalb Jahre hat es nach Apples Präsentation des damals revolutionären iPhones gedauert, bis Google im September 2008 das erste Android-Smartphone präsentierte. Erst Monate später, im Februar 2009 kam das Gerät als T-Mobile G1 in Deutschland auf den Markt. Wir urteilten damals, man könne damit "viele Aufgaben schneller erledigen als mit anderen Handys, auch schneller als mit dem iPhone", "wenn man den Touchscreen mit dem Trackball und der Tastatur kombiniert". Fast zehn Jahre später sind physische Tastaturen und Trackballs bei Smartphones längst Geschichte.
Mit Android P will Google die Benutzung von Smartphones weiter vereinfachen. Der Multitasking-Button verschwindet ganz, der Zurück-Knopf taucht nur noch in Appsauf. Nur der Home-Button bleibt, hat in "P" aber eine neue Logik. Tippt man ihn in einer App an, führt er zum Startbildschirm zurück. Wischt man nach oben über den Bildschirm, werden die geöffneten Apps nebeneinander angezeigt und man kann mit seitlichem Wischen durch diese Liste scrollen und schnell zu anderen Apps springen.
Wischt man zweimal nach oben, gelangt man zur Übersicht der installierten Apps. Dort wiederum werden in einer separaten Reihe fünf Apps angezeigt, von denen das System annimmt, dass man sie als nächsten benutzen wird. Welche Apps dort auftauchen entscheidet ein Algorithmus. Wie gut das in der Praxis funktioniert, wird erst ein Test zeigen.
Den Nutzer an die Hand nehmen
Außerdem hat Google mehrere Funktionen in Android P eingebaut, die Anwendern helfen sollen, ihr Smartphone bewusster zu nutzen und sich weniger davon ablenken zu lassen. Die einfachste davon aktiviert einen "Bitte nicht stören"-Modus, sobald man das Handy mit dem Bildschirm nach unten auf einen Tisch legt. In der Folge werden alle Benachrichtigungen und Klingeltöne stummgeschaltet. Ist gerade kein Tisch zur Hand, lässt sich dieser Modus auch manuell einschalten. Google-Manager Sameer Samat sagt, das Feature sei dazu gedacht, alle Ablenkungen abzuschalten, damit man sich, etwa beim Abendessen, nicht vom Handy stören lässt.
Während das noch eine Funktion ist, die man sehr aktiv einschalten muss, gibt es andere, mit denen man sich selbst regelrecht vom Handy zu einer maßvolleren Nutzung desselben erziehen lassen kann. So gibt es eine Art Cockpit, im Englischen heißt es Dashboard, das das Nutzungsverhalten aufschlüsselt. Es zeigt nicht nur an, wie viel Zeit man insgesamt am Tag, in der Woche oder im Monat mit dem Handy verbringt, sondern schlüsselt auch genau auf, wie viele Minuten lang man welche Apps benutzt und wie oft man das Gerät am Tag entsperrt.
Zum einen erfährt man so, wie viel Zeit man wirklich mit dem Gerät verbringt. Viele Nutzer würde schon diese Angabe erstaunen, sagt Samat. Zum anderen kann man sich hier selbst Limits setzen, etwa die Nutzungszeit für die YouTube-App einschränken. Etwa fünf Minuten bevor dieser Wert erreicht ist, wird man gewarnt. Ist das Limit überschritten, wir die App eingefroren, ihr App-Symbol in Graustufen dargestellt. Ein Neustart der App ist dann nicht mehr möglich - außer man öffnet erneut das Dashboard und deaktiviert das selbstgesetzte Limit. Ob die Funktion in dieser Form erhalten bleibt oder noch etwas entschärft wird, will Google erst entscheiden, wenn genug Rückmeldungen von Betatestern vorliegen.
Ab ins Bett
Ganz ähnlich arbeitet der "Gute Nacht"-Modus. Er aktiviert zu einer voreingestellten Zeit den sogenannten Nachtlichtmodus, in dem die Bildschirmfarben auf ein warmes Spektrum mit wenig Blautönen umgeschaltet werden. Vor allem aber sollen zu einer vorgewählten Schlafenszeit die Bildschirmfarben ganz abgeschaltet, Apps und Betriebssystem nur noch in Graustufen dargestellt werden. Das würde die meisten farbenfrohen Apps, mit denen man sich gerne noch abends beschäftigt - Spiele und YouTube beispielsweise - deutlich weniger attraktiv erscheinen lassen, sagt Samat.
Neben diesen Neuerungen, die einen bewussteren Umgang mit dem Smartphone erreichen sollen, gibt es noch zahlreiche weitere Neuerungen, viele davon rein technischer Natur. So rückt Android P das immer wieder beliebte und trotzdem ungelöste Thema der Stromsparsamkeit wieder in den Fokus. Eine Funktion, die Google den adaptiven Akku nennt, soll den Stromverbrauch mithilfe künstlicher Intelligenz so regeln, dass jene Apps bevorzugt mit Energie versorgt werden, die man besonders häufig nutzt. Bis zu 30 Prozent mehr Laufzeit soll das bringen. Die zweite Funktion, die helfen soll, die Akkulaufzeit - und gleichzeitig den Komfort - zu verbessern, regelt die Helligkeit des Bildschirms laut Google in Abhängigkeit davon, wo man sich aufhält.
Einige der Neuerungen im Android-P-Update sind allerdings nur für Google neu. Manches wurde von Apples iOS inspiriert, anderes von Handyherstellern entliehen, die ihre Android-Geräte mit eigenen Extras aufgewertet haben. Die Funktion beispielsweise, die den Nutzer beim Anstecken eines Headsets fragt, ob er jemanden anrufen oder die zuletzt abgespielte Musik-Playlist fortsetzen will, kann man längst mit Apps wie Headphones Detector, Automate und Taskerautomatisieren.Wie sich die auf der Google i/o veröffentlichte Betaversion in der Praxis schlägt, werden wir in den nächsten Tagen ausgiebig testen. Die Software ist seit dem 8. Mai für jedermann kostenlos verfügbar und läuft auf den folgenden Geräten:
ogle Pixel 2 im Test: Google Pixel 2 im Test
Wie sich die auf der Google i/o veröffentlichte Betaversion in der Praxis schlägt, werden wir in den nächsten Tagen ausgiebig testen. Die Software ist seit dem 8. Mai für jedermann kostenlos verfügbar und läuft auf den folgenden Geräten:
Google Pixel
Google Pixel 2
Google Pixel XL
Google Pixel 2 XL
Nokia 7 Plus
Oppo R15 Pro
Sony Xperia XZ2
Vivo X21
Vivo X21 UD
Essential Phone
Xiaomi Mi Mix 2S
Realistisch betrachtet sind davon in Deutschland nur Googles Smartphones, das Nokia 7 Plus und das Sony Xperia XZ2 relevant. Bemerkenswert ist, dass noch kein Samsung-Smartphone in der Liste zu finden ist. Mehr zu den kompatiblen Geräten und Links zur Anmeldung zum Betaprogramm gibt es auf dieser Seite. Solche Betasoftware hat immer Fehler und kann immer zu Datenverlust führen. Deshalb sollte man sie lieber nicht auf einem Gerät installieren, das womöglich für die Arbeit wichtig ist.
spiegel
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