Warum Irland stolz auf sich sein kann

  27 Mai 2018    Gelesen: 586
Warum Irland stolz auf sich sein kann

Eine Generation, die als antriebsarm und wenig informiert gilt, beweist in Irland, dass sie sehr wohl für Demokratie und Mitbestimmung kämpfen kann. Den Abtreibungsgegnern erteilen sie eine klare Absage.

Das Ergebnis ist eindeutig: Die Iren wollen, dass der achte Verfassungszusatz gestrichen wird, mit dem das Lebensrecht des ungeborenen Kindes faktisch über das Selbstbestimmungsrecht der Frau gestellt wurde. Bei der Abstimmung hat vor allem eine Generation, die viele für antriebsarm und wenig informiert gehalten haben, plötzlich leidenschaftlich für ein Thema gekämpft. Anders als beispielsweise beim Brexit lässt sie nicht zu, dass vor allem die Alten ein Abstimmungsergebnis entscheiden, während vor allem junge Menschen dessen Folgen tragen müssen.  

Tausende im Ausland lebende Iren reisten in die alte Heimat, um ihre Stimme beim Referendum abgeben zu können. Die Tatsache, dass viele dafür Zeit und Geld investierten, zeigt, wie wichtig es ihnen war, in dieser Angelegenheit gehört zu werden. Das kann man begrenzt auf die konkrete Frage des Referendums beziehen. Man kann aber daraus auch schließen, dass Demokratie noch immer eine gewaltige Kraft entfalten kann, wenn es um die Herzensangelegenheiten der Menschen geht.

Das katholisch geprägte Land wird damit ein neues, deutlich liberaleres Abtreibungsrecht bekommen. Kaum jemand hatte dieses Ergebnis wirklich erwartet. Bemerkenswert ist vor allem das Engagement junger Menschen. Während die allgemeine Zustimmung in Nachwahlumfragen bei etwa 70 Prozent lag, stimmten unter den 18- bis 24-Jährigen beinahe 90 Prozent mit "Ja". Vor allem junge Leute wünschen sich, dass sie für die schwierige Entscheidung, ob sie ein Kind bekommen können, nicht auch noch kriminalisiert werden oder für eine Abtreibung in ein anderes Land reisen müssen.

Vor allem in den sozialen Netzwerken erinnern viele Frauen daran, wie sie als verängstigte Teenager in andere Länder gereist sind, um eine ungewollte Schwangerschaft beenden zu können. Während die Abtreibungsgegner vor allem für das Recht der ungeborenen Kinder kämpfen, lässt sich hier das jahrelange Leid von Frauen erahnen, die für einen Schwangerschaftsabbruch ihre Gesundheit und sogar ihr Leben aufs Spiel setzen mussten.

Die Abtreibungsgegner haben in ihren Kampagnen das Bild von sexuell entfesselten Frauen gezeichnet, die den Schwangerschaftsabbruch zur Verhütung nutzen. Obwohl diese Argumentation längst durch Studien widerlegt ist, wird sie ebenso wie die von den skrupellos getöteten Babys immer wieder in ähnlichen Zusammenhängen verwendet. Dabei geht es weder um das Leben der Kinder, noch um Wertschätzung für Frauen.

Der Bundeszentrale für politische Bildung zufolgelegen Gruppen, die sich dafür einsetzen, dass Abtreibungen nur schwer oder kaum möglich sind, Frauen vor allem auf eine Rolle als Ehefrau und Mutter fest. Emanzipation und Gleichstellung ist ihnen Teufelswerk. Sie sprechen erwachsenen Menschen das Recht und vor allem die Fähigkeit ab, verantwortungsbewusst und selbstbestimmt über den eigenen Körper und das eigene Leben zu entscheiden. Und deshalb ist die Entscheidung der Irinnen und Iren auch ein Schlag gegen rechtspopulistische Bestrebungen.

Quelle: n-tv.de


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