Rätsel um Männerschwund vor 7000 Jahren

  05 Juni 2018    Gelesen: 1758
Rätsel um Männerschwund vor 7000 Jahren

Vor rund 7000 Jahren verschwinden plötzlich Männer - und das in gewaltigem Ausmaß. Frauen hingegen bleiben von diesem Bevölkerungsrückgang weitgehend verschont. Forscher aus den USA wollen darauf nun eine Antwort gefunden haben.

Immer wieder kam es in der Geschichte der Menschheit zu Massensterben und dramatischen Rückgängen der genetischen Vielfalt. Ausgelöst wurden diese etwa durch Naturkatastrophen oder Seuchen. Aber eins haben sie alle gemeinsam: Sie betreffen stets die gesamte Bevölkerung.

Doch in der Jungsteinzeit zwischen 7000 bis 5000 Jahre vor unserer Zeit passierte etwas Ungewöhnliches. Nur ein Teil der Bevölkerung verschwand: die Männer. Dieses Phänomen wird als Y-Chromosom-Flaschenhals bezeichnet. Denn nur auf dem ausschließlich bei Männern vorhandenen Y-Chromosom lässt sich eine starke Verarmung der genetischen Vielfalt für diese Zeit nachweisen. Ein Phänomen, das bisher Rätsel aufgab.

Forscher unter der Führung von Tian Cheng Zeng von der US-Universität Stanford wollen nun eine Lösung gefunden haben. In ihrem Aufsatz im Magazin "Nature" nehmen sie sich des abrupten Männerrückgangs an, der sich "über verschiedene Populationen Afrikas, Europas und Asiens" erstreckt habe. Die männliche Bevölkerung sei damals auf ein Zwanzigstel ihres ursprünglichen Wertes zusammengeschrumpft - schließlich kam nur noch ein Mann auf 17 Frauen.

Für Zeng und seine Kollegen gibt es nur eine plausible Erklärung: eine lang anhaltende Periode von Kämpfen zwischen rivalisierenden Clans, die patrilinear organisiert waren. Das bedeutet, alle männliche Mitglieder waren miteinander verwandt. Frauen hingegen wechselten über die Clan-Grenzen hinweg - sie kamen aus anderen Stämmen oder wurden erbeutet. Der Rückgang der genetischen Vielfalt nur beim männlichen Y-Chromosom lege nahe, so Zeng und sein Team, dass viele Männer damals starben, bevor sie in der Lage waren, Nachwuchs zu zeugen. Dies deute eben auf eine lange Periode anhaltender Kriege und Kämpfe hin - möglicherweise über Generationen hinweg.

Wenige Clans setzen sich durch

Verstärkt wurde diese Entwicklung womöglich durch den Wechsel von einer nomadischen Jäger- und Sammlerkultur zu einer mehr sesshaften Lebensweise der damaligen Menschen, der vor etwa 12.000 Jahren einsetzte. In dessen Folge begannen die Menschen, in patrilinearen Clans zu leben. Dabei könnte es zunehmend zu Konflikten um Ressourcen wie fruchtbares Land gekommen sein.

Diese ständigen gewaltsamen Zusammenstöße hatten laut den Forschern zur Folge, dass die speziellen genetischen Merkmale auf dem Y-Chromosom eines Clans einfach ausgelöscht wurden, sobald die jungen Männer des Clans den Kämpfen zum Opfer fielen. Die Wissenschaftler nutzten Computer-Modelle, um ihre These zu testen. Bei diesen ließen sie die Großfamilien virtuell gegeneinander antreten. Das Ergebnis: Kriege zwischen patrilinear organisierten Clans führen mit der Zeit zu einer Abnahme der genetischen Vielfalt auf allen männlichen Y-Chromosomen. Bei nicht patrilinear organisierten Gruppen hingegen ist dies nicht zu beobachten.

Am Ende setzten sich in der Jungsteinzeit also wenige der Clans gegen viele andere durch und sicherten damit die Überlieferung ihres Erbguts in die heutige Zeit. Andere genetische Besonderheiten der unterlegenen männlichen Linien hingegen gingen für immer verloren.

Quelle: n-tv.de 


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