Elektroantrieb kostet Tausende Arbeitsplätze

  05 Juni 2018    Gelesen: 958
Elektroantrieb kostet Tausende Arbeitsplätze

Der VW-Betriebsratschef rechnet es vor: Ein Elektroantrieb braucht weniger Teile, weniger Zeit und damit weniger Arbeiter. Laut einer Studie sind in Deutschland durch den Wandel in der Autoindustrie Tausende Arbeitsplätze bedroht. Die Politik soll reagieren.

Der Wandel in der Autowelt hin zum Elektroantrieb wird einer Studie zufolge in der deutschen Industrie viele Arbeitsplätze kosten. Eine Untersuchung des Fraunhofer-Instituts für Arbeitswirtschaft und Organisation (IAO) kommt zu dem Ergebnis, dass bis 2030 unter dem Strich etwa jeder dritte Arbeitsplatz in der Antriebstechnik wegfallen könnte. Das liegt daran, dass für die Herstellung eines Elektroantriebs deutlich weniger Beschäftigte gebraucht werden, als für einen Verbrennungs- oder Hybridmotor.

Das Basisszenario der von der Gewerkschaft IG Metall in Auftrag gegebenen Studie orientiert sich an den Zielen der EU-Kommission. Danach sollen im Jahr 2025 insgesamt 15 Prozent aller in Deutschland gefertigten Autos rein batteriebetrieben und zehn Prozent von einem Hybridmotor angetrieben werden. Im Jahr 2030 sollen diese Werte auf 25 beziehungsweise 15 Prozent steigen.

Unter diesen Annahmen würden laut der Studie 100.000 der aktuell 210.000 Arbeitsplätze in der Antriebstechnik wegfallen - 25.000 neue würden aber entstehen. Je stärker der Anteil der E-Autos bis 2030 ansteigt, desto mehr Arbeitsplätze fallen allerdings weg. So sagt die Studie für das unrealistische Szenario von 80 Prozent E-Autos im Jahr 2030 einen Rückgang der Beschäftigung um mehr als die Hälfte voraus.

"Herausforderung groß, aber zu bewältigen"


Wie der Direktor des IAO, Oliver Riedel, erklärte, wäre der mögliche Arbeitsplatzverlust für Deutschland angesichts seiner insgesamt 44 Millionen Beschäftigten gering. "Doch je nach Betrieb und Region können die Folgen beträchtlich sein". Beispiele seien kleinere, auf Verbrennungsmotoren spezialisierte Unternehmen in strukturschwachen Regionen.

Der IG-Metall-Vorsitzende Jörg Hofmann erklärte, die Gewerkschaft wolle mit der Studie keine Angst schüren, aber Unternehmen und Politik aufrütteln, frühzeitig gegenzusteuern. "Die Herausforderung ist groß, aber zu bewältigen, wenn jetzt die richtigen Rahmenbedingungen geschaffen werden". Er forderte von den Unternehmen eine "massive Qualifizierungsoffensive", damit die Beschäftigten "nicht unter die Räder kommen". Die Politik müsse die Unternehmen dabei unterstützen.

"Wir müssen neue Technologien in Deutschland ansiedeln", sagte Hartwig Geisel, Betriebsratschef von Bosch. Er befürchtet noch "drastischere Zahlen" bei dem Zulieferer als die in der Studie kalkulierten Effekte. Denn bei dem Stiftungskonzern hingen 30.000 Arbeitsplätze in Deutschland vom Verbrennungsmotor ab. Um das Bosch-Werk in Stuttgart mache er sich dabei weniger Sorgen als etwa um die Standorte Homburg/Saar oder Bamberg in wirtschaftlich schwächeren Regionen "Für die wird die Luft extrem dünn."

Ein Drittel weniger Arbeitszeit

VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh erklärte, ein Elektroantrieb habe nur ein Sechstel so viele Teile wie ein Benzin- oder Dieselantrieb, eine Batteriefabrik brauche nur ein Fünftel so viele Arbeitskräfte wie ein Motorenwerk und ein E-Auto ein Drittel weniger Arbeitszeit. Die Betriebsräte warnten zudem davor, die Technologie - etwa die Fertigung von Batteriezellen - Herstellern aus China, Korea oder Japan zu überlassen. Deutschland sei führend in der Batterieforschung und müsse aufpassen, dass nicht andere sich die Ergebnisse hernähmen zum Produzieren, erklärte Peter Cammerer vom BMW-Betriebsrat.

Die IAO-Studie basiert auf Daten der Autobauer BMW, Daimler und Volkswagen sowie der Zulieferer Bosch, ZF Friedrichshafen, Schaeffler, Mahle und des Verbands der Automobilindustrie. Der untersuchte Anteil der Beschäftigten repräsentiert nach Angaben der Autoren mehr als die Hälfte aller Beschäftigten in der gesamten deutschen Antriebstechnik. Die Ergebnisse seien damit "in hohem Maße valide".

Andere Studien mit breiterem Ansatz folgern dagegen, dass im Wandel der Autoindustrie zu Elektromobilität, mobilen und digitalen Dienstleistungen per Saldo mehr Jobs entstehen als verschwinden. Auch eine vorhergehende IAO-Studie aus dem Jahr 2012 war noch zu dem Ergebnis gekommen, dass der Strukturwandel in der Autowelt keine negativen Auswirkungen auf die Beschäftigtenzahlen haben werde. Das lag vor allem daran, dass damals von mehr Hybridautos ausgegangen wurde, für die sogar mehr Beschäftigte als für reine Diesel- oder Benzinmotoren gebraucht werden. Außerdem lag der Fokus damals auf der Endmontage.

Quelle: n-tv.de


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