"Gipfel der Inhumanität" oder "großer Schritt"

  29 Juni 2018    Gelesen: 1101
"Gipfel der Inhumanität" oder "großer Schritt"

Die EU hat sich auf eine Verschärfung der Asylpolitik geeinigt. Die Reaktionen: sehr unterschiedlich. Die Opposition kritisiert Merkel. Doch für die Kanzlerin viel wichtiger ist Lob aus der CSU - und das kommt.

 

Kanzlerin Angela Merkel (CDU) und die übrigen Staats- und Regierungschefs der EU haben in Brüssel eine Einigung über eine gemeinsame Asylpolitik erzielt. Zwei Ergebnisse der langen Verhandlung:

Künftig sollen Flüchtlings-Sammellager außerhalb der Europäischen Union entstehen.
Zudem sollen europäische Mittelmeeranrainerstaaten wie Italien und Griechenland freiwillig geschlossene Aufnahmelager schaffen können. Die Reaktionen darauf fallen unterschiedlich aus.

Offen ist bislang weiterhin, ob Merkel nun den Bruch der Union und damit auch der Koalition abwenden kann. Eine erste Reaktion aus der Schwesterpartei: Der Vizechef der CSU-Landesgruppe, Hans Michelbach, spricht von einem "positiven Signal, dass sich in Europa etwas bewegt in die richtige Richtung". In den kommenden zwei Tagen müssten Merkel und Innenminister Horst Seehofer (CSU) nun Gespräche führen, sagt er im ARD-Morgenmagazin.

Seehofer droht damit, an den deutschen Grenzen Asylbewerber zurückzuweisen, die bereits in einem anderen EU-Land registriert sind. Ob ihm und seiner bayerischen Partei die nun getroffenen Vereinbarungen ausreichen, ist bislang offen.

"Europa ist wirklich in der Krise"

Kritik an dem Brüsseler Beschluss gab es indes auch: "Das ist der Gipfel der Inhumanität", sagte Günter Burkhardt, der Geschäftsführer der Flüchtlingsorganisation Pro Asyl. "Gefolterte und Verfolgte einfach so in Europa wegzusperren, ist inhuman." Flucht sei kein Verbrechen.

"Die Staats- und Regierungschefs lassen jegliches Mitgefühl mit Verfolgten vermissen", so Burkhardt weiter. "Innerhalb und außerhalb der EU entstehen nun Lager der Hoffnungslosigkeit."

Linken-Parteichef Bernd Riexinger hat die Beschlüsse als "Bankrotterklärung der Menschenrechte" kritisiert. "Die Doppelmoral von Angela Merkel und den EU-Staatschefs ist wirklich eine Schande", sagte er. Katja Kipping, Vorsitzende der Linken, twitterte in einer ersten Reaktion: "Europa ist wirklich in der Krise."

EU-Haushaltskommissar Günther Oettinger hat die Einigung auf eine Verschärfung der europäischen Asylpolitik indes gelobt - und Kanzlerin Merkel damit demonstrativ den Rücken gestärkt. "Ich glaube, das Ganze ist ein wichtiger und großer Schritt", sagte der CDU-Politiker am Freitag im Deutschlandfunk. Er sieht "gute Gründe, dass die CSU dies als einen großen Fortschritt anerkennt und dann die Frist am 1. Juli nicht auslöst, sondern weitere Schritte abgewartet werden".

spiegel


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