Erneut Krawalle in Nantes nach tödlicher Polizeikontrolle

  06 Juli 2018    Gelesen: 1581
Erneut Krawalle in Nantes nach tödlicher Polizeikontrolle

Der Tod eines 22-Jährigen, den ein Polizist bei einer Kontrolle erschossen hat, sorgt in Frankreich weiter für Aufruhr. In Nantes kam es erneut zu Gewalt auf den Straßen.

 

In Nantes ist es in der dritten Nacht in Folge zu Ausschreitungen gekommen, seit am Dienstagabend ein Polizist bei einer Kontrolle einen 22-Jährigen erschossen hat. Dutzende Autos hätten gebrannt, wie die französische Nachrichtenagentur AFP unter Berufung auf die Feuerwehr berichtete.

Aus Polizeikreisen verlautete zudem, in dem Stadtteil seien "Gruppen mit 20 bis 30 vermummten Personen" unterwegs gewesen. Ein 14-Jähriger, der im Besitz eines Benzinkanisters und eines Anzünders gewesen sei, wurde laut Polizei im Stadtteil Clos-Toreau festgenommen. Die Polizei meldete insgesamt drei Festnahmen. Es gebe keine Verletzten.

Bereits in den vergangenen beiden Nächten hatte es in verschiedenen Vierteln von Nantes schwere Krawalle gegeben. Auslöser war der tödliche Polizeischuss auf einen 22-Jährigen bei einer Verkehrskontrolle. Die genauen Umstände sind noch nicht endgültig geklärt, die Angaben von Polizei und mutmaßlichen Augenzeugen gehen auseinander.

Am Donnerstagabend beteiligten sich rund 1000 Menschen an einem Gedenkmarsch, bei dem Teilnehmer "Wahrheit" und "Gerechtigkeit für Abou" forderten. Demonstranten versammelten sich vor dem Ort, wo der 22-Jährige erschossen worden war. "Die Polizei tötet" war an einer Mauer zu lesen, zuvor hatten Anwohner Blumen niedergelegt.

Der Tod des 22-Jährigen droht die Spannungen in sozial benachteiligten Vorstädten in Frankreich zu verschärfen. Bewohner klagen regelmäßig über Polizeigewalt. Frankreichs Innenminister Gérard Collomb sagte, die Regierung werde alles tun, "um die Lage zu beruhigen, in Nantes und im ganzen Land".

Premierminister verspricht "größte Transparenz"

Die Präfektin der Region Loire-Atlantique, Nicole Klein, sagte bei einem Besuch in den Brennpunktvierteln von Nantes am Donnerstagabend, sie verstehe den Verdruss der Bürger, nicht aber die Zerstörungen. Bei den Ausschreitungen waren zahlreiche Autos angezündet und Geschäfte sowie öffentliche Gebäude beschädigt worden. Während Kleins Besuch waren auf der Straße Rufe wie "Mörder" zu hören.

Premierminister Édouard Philippe hatte "größte Transparenz" bei der Untersuchung der tödlichen Polizeikontrolle versprochen. Der Beamte, der geschossen hatte, wurde am Donnerstag wegen des Verdachts auf Körperverletzung mit Todesfolge in Gewahrsam genommen. Erst nach der Vernehmung will Staatsanwalt Pierre Sennès eine Entscheidung zum weiteren Vorgehen verkünden.

Die Ermittlungen sollen klären, ob der Polizist rechtmäßig das Feuer eröffnete. Der junge Autofahrer war "wegen bandenmäßigen Diebstahls" per Haftbefehl gesucht worden, hatte eine falsche Identität angegeben und dem Anschein nach versucht, sich der Kontrolle zu entziehen.

spiegel


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