Borgward Hansa kehrt nach Le Mans zurück

  10 Juli 2018    Gelesen: 1120
Borgward Hansa kehrt nach Le Mans zurück

Wenn sich einer mit Borgward auskennt, dann ist es Lars Erik Larsson. Der Schwede hat eine der größten Sammlungen - darunter einen Rennwagen vom Typ Hansa, der vor 65 Jahren in Le Mans tragisch scheiterte. Mithilfe seiner Söhne will er diese Scharte auswetzen.

 

Was für eine Blamage für Borgward. Nein, es geht diesmal ausnahmsweise nicht um die merkwürdigen Wiederbelebungsversuche der Chinesen, die aus der Bremer Traditionsmarke einen Anbieter elektrischer SUV machen wollen. Sondern wir sind zurück im Jahr 1953, als Borgward noch aus eigener Kraft auf Augenhöhe mit BMW und Mercedes gefahren ist und auch im Rennsport erfolgreich war. So erfolgreich, dass die Nordlichter sogar eigens drei Autos für die 24 Stunden von Le Mans aufgebaut haben.

Doch genau da beginnt die Geschichte peinlich zu werden. Denn von den drei baugleichen Stromlinien-Coupés auf Basis des Hansa 1500, die von einem von 50 auf mehr als 90 PS getunten Vierzylinder angetrieben wurden und für über 200 km/h gut sein sollten, hat es beim Rennen kein einziger ins Ziel geschafft. Der erste scheiterte schon im Training, dem zweiten ging nach wenigen Stunden der Sprit aus und so tapfer sich der dritte Wagen mit der Startnummer 41 geschlagen hat, musste er nach etwas mehr als 23 Stunden wegen eines Motorschadens die Segel streichen.

Borgward-Fan der ersten Stunde

Niemand kennt diese Geschichte wahrscheinlich besser als Jan Erik Larsson. Erstens, weil der Schwede ein bekennender Borgward-Fan ist, seit sein Vater einer der ersten Borgward-Händler in Skandinavien war und er quasi in der Werkstatt aufgewachsen ist. Und zweitens, weil das Schicksal ausgerechnet ihm den letzten und einzigen verbliebenen der drei Le Mans Rennwagen in die Hände gespielt hat.

Zwar fehlen ihm die ersten zwei, drei Jahre, doch seit das Auto wohl im Rahmen einer Liebelei zwischen Monika Borgward und dem Sohn des schwedischen Importeurs Ende der 1950er im Norden aufgetaucht ist, hat er die Geschichte fast lückenlos rekonstruiert. War der Wagen in Le Mans außen noch blank und innen nackt, ist er dann lackiert und trägt Teppich und das Paar kreuzt damit verliebt durch Skandinavien.

Bis der Borgward irgendwann einen Unfall hat, als Schrotthaufen verkauft und von einem Bastler wieder zum Rennwagen repariert wird. Da war der nur zwei Jahre vor dem Rennwagen geborene Larsson gerade mal zehn Jahre alt und hat das Coupé zum ersten Mal selbst gesehen. "Allerdings fand ich das Coupé gemessen an einer Isabella so unförmlich und hässlich, dass es nun wirklich nicht als Traumwagen taugte." Dass er ihn irgendwann einmal selber besitzen würde, hätte er deshalb im Traum nicht gedacht.

Verliebt in seine Autos

15 Jahre und ein paar Rempeleien bei Rennen später, landet Nummer 41 auf seiner Odyssee bei einem anderen Sammler und weil Larsson da mit seinen 23 Jahren schon eine Größe ist in der Borgward-Szene, fragt der ihn nach Ersatzteilen. Doch statt bei Larsson einzukaufen, überlässt er ihm 1974 am Ende einfach den Wagen und der hat schon wieder ein Projekt mehr in der Garage. Hat der Borgward unter den Rennfahrern den Besitzer zwischendurch bisweilen für ein altes Mofa oder eine Kiste Bier gewechselt, musste Larsson dafür dann schon 3000 Kronen zahlen, was heute immerhin 300 Euro wären, erinnert er sich.

Aber da der Wagen mittlerweile locker sechs- wenn nicht gar siebenstellige Preise erzielen würde, hat sich der Deal trotzdem gelohnt. Selbst wenn Larsson ein paar Jahre gebraucht hat, bis der Hansa wieder im Le-Mans-Look war und der Bastler seine Finger wohl sein Lebtag nicht mehr sauber bekommt. Aber das stört den Schweden ohnehin nicht. Schließlich sind Autos sein ganzes Leben. Einen richtigen Job jedenfalls hat er nie gehabt und was gearbeitet hat er auch nicht. Stattdessen bezeichnet er sich als ewigen Studenten, der viel zu verliebt war in seine Autos, als dass er irgendeiner Arbeit hätte nachgehen können.

Den Absprung nicht geschafft

"Aber ich habe billig gelebt, die richtigen Autos ausgesucht und sie zur rechten Zeit verkauft. So konnte ich mir immer wieder andere Oldtimer leisten und habe von deren Wertentwicklung profitiert", sagt er mit einem schelmischen Gesicht wie Michel aus Lönneberga und ein paar Lamborghini Miura oder Mercedes SL in seiner Sammlung geben ihm Recht. Nur beim Hansa 1500 RS hat er den Absprung irgendwie nicht geschafft.

Denn, so wie er die Liebe zu Borgward von seinem Vater geerbt hat, so gibt er sie an seine beiden Söhne weiter. Der vor 30 Jahren geborene Johan war noch keine Woche alt, als ihm Lars Eric bei einem Spaziergang durch den Garten die Nummer 41 vermacht hat und als zwei Jahre später Jacob auf die Welt kam, musste eines der wenigen Straßenautos her, die Borgward vom Hansa Coupé gebaut hat. Viel mehr als ein, zwei Dutzend waren es nicht, erzählt Larsson, nur eine Handvoll hat überlebt und eines davon steht jetzt in einer Halle bei Malmö und ist als vorzeitiges Erbe bereits dem zweiten Sohn überschrieben.

So cool wie Steve McQueen

An diesem Wochenende werden die Familienbande noch einmal etwas enger geknüpft und der Borgward-Virus auf ein Neues kultiviert. Denn die Herren Larsson, Larsson und Larsson sind beim Oldtimerrennen in Le Mans und wollen sich zum ersten Mal das Cockpit teilen. Zwar ist Johan Versicherungsvertreter und Jacob als Fahrlehrer im Verkehr auch eher diszipliniert unterwegs. Und ein Autorennen hat noch keiner von ihnen gefahren. Doch beide wollen sie dem Vater den Gefallen tun, haben monatelang auf der Kartbahn trainiert und sind mittlerweile mindestens so heiß auf den Einsatz am Wochenende wie ihr alter Herr, dem seine Autos über alles gehen.

Sie tragen ihre Rennanzüge deshalb so cool wie Steve McQueen, haben eigene Rennfahrerschuhe und den passenden Helm und immer wieder schauen sie stolz auf die Flanke des Rennautos, auf dem in großen Lettern Larsson, Larsson, Larsson steht – jeweils mit einer schwedischen Fahne dahinter. Routiniert plaudern sie mit den Mechanikern, stacheln sich gegenseitig an, wer wohl der schnellere sein wird und stehen auf die Sekunde parat, wenn sie endlich ins Cockpit klettern dürfen.

Angst, dass es der Wagen wieder nicht über die Ziellinie schaffen könnte, haben sie dabei keine. Erstens, weil ihr Vater den Silberfisch perfekt in Schuss gehalten hat. Und zweitens, weil sie keine 24 Stunden fahren, sondern nur drei Mal 45 Minuten. Und das sollte auch für einen 65jährigen PS-Rentner noch drin sein.

Quelle: n-tv.de 

 


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