Bereits 1998 startete Hyundai sein Brennstoffzellenprogramm. Damit mögen die Koreaner nicht die Ersten auf dem Gebiet gewesen sein, aber sie gehören in der Vollendung wohl zu den Konsequentesten. Denn neben Honda und Toyota sind die Asiaten die Einzigen, die jetzt mit dem Nexo ein Brennstoffzellenfahrzeug für 69.000 Euro zum Kauf anbieten. Zum Vergleich, Toyota bietet den Mirai in seinem Tarnkappenbomber-Design für knapp 15.000 Euro mehr an. Fakt ist, dass die Rechnung weder in Japan noch in Korea kostendeckend ist. Und warum macht Hyundai es dann? Weil sie es können und damit sogar Daimler abgehängt haben. Die Stuttgarter hatten das Thema lange auf der Agenda, präsentierten letztens sogar den Mercedes GLC Fuel Cell, kaufen kann man den Mercedes aber nicht. Anders bei Hyundai. Bereits 2013 gab es den ix35 Fuell Cell, das weltweit erste in Serie produzierte SUV mit Wasserstoffantrieb. Ob der immens teuren Herstellung wurde der zwar nur an ausgewählte Kunden vermietet, fuhr aber immerhin mit 200 Stück durch Deutschland.
Doch das sind Geschichten von gestern. Der Nexo ist ein völlig neues Fahrzeug. Optisch ist er ein waschechter Crossover, der mit 4,67 Metern Länge seine eigene Architektur hat, sich also nicht an bereits Vorhandenem bedient. Beim Design wurde darauf geachtet, dass der Luftwiderstand so gering wie möglich ist und so haben die Designer unter der Ägide von Peter Schreyer ein SUV erschaffen, dessen Cw-Wert mit 0,33 vorbildlich ist. Um den zu erreichen, würden beispielsweise auch die Türgriffe im Blech versenkt. Nur zum Öffnen und Schließen fahren sie aus. Ein Umstand, den man im SUV-Segment so nur vom Land Rover Velare kennt. Des Weiteren hat Hyundai mit sogenannten Air Curtains die Luftführung vorne so verändert, dass Verwirbelungen in den Radkästen vermieden werden, die zweigeteilten Leichtmetallfelgen wurden aerodynamisch optimiert und an den hinteren Dachsäulen sorgen innenliegende Luftkanäle für einen optimalen Luftstrom. Zudem wurde der Unterboden vollständig verkleidet, damit auch dort kein Lüftchen den Vortrieb bremsen kann.
Der Teufel steckt im Detail
Natürlich reicht das alleine nicht aus, um eine Reichweite von 666 Kilometern nach WLTP ins Datenblatt zu schreiben. Da braucht es schon noch etwas mehr: eine Brennstoffzelle zur Energieerzeugung, eine Hochvolt-Batterie als Strompuffer und natürlich einen Elektromotor. Allerdings steckt der Teufel wie immer im Detail. Berechnet wurde die maximale Strecke mit einem Durchschnittsverbrauch von 0,92 Kilogramm pro Kilometer. Bei einer ersten Ausfahrt um Oslo wurden am Ende 1,2 Kilogramm gemessen.
Das Schöne ist: Umwelttechnisch juckt es den wasserstoffgetriebenen SUV-Fahrer nicht, denn was aus seinem Endrohr kommt, ist nichts als Wasserdampf. Finanziell würde es schon schmerzen, denn momentan kostet eine Tankfüllung noch gut 60 Euro, ist also ähnlich teuer wie die eines Verbrenners. Allerdings dürfte sich das mit einer zunehmenden Infrastruktur verändern. Dass das keine Zauberei ist, machen die Norweger gerade vor. Die können solche Tankstellen innerhalb einer Woche aus dem Boden stampfen. In Deutschland gibt es derzeit 43 solche Zapfanlagen. Die Zahl soll aber in nächster Zeit auch hierzulande auf immerhin 80 anwachsen.
Neben dem Fahrzeug selbst sind die Wasserstofftankstellen natürlich das A und O, um die 156,6 Liter fassenden Tanks des Nexo innerhalb von fünf Minuten mit einem Druck von 700 bar zu befüllen. Für die Sicherheit sorgen ein Glasfaser-Gehäuse, Notstopp-Ventile und Dichtheits-Sensoren. Was dann passiert, ist nichts weiter als eine umgekehrte Elektrolyse. Der Wasserstoff wird mit Sauerstoff aus der Luft gemischt und das bordeigene Kraftwerk, bestehend aus 440 Brennstoffzellen mit einer Ausgangsleistung von 95 kW, erzeugt Strom. Der wiederum wird in einer Batterie mit einer Ausgangsleistung von 40 kW bevorratet und treibt einen Elektromotor mit einer maximalen Leistung von 163 PS an.
Fährt wie ein Verbrenner
Und jetzt? Ist alles wie bei einem herkömmlichen Verbrenner. Na gut, nicht ganz. Die 395 Newtonmeter maximales Drehmoment werden beim Kavalierstart ohne jede Verzögerung auf die vordere Antriebsachse geworfen. Das sorgt ohne Schaltverzögerung für einen sehr vehementen Vorwärtsdrang. Lediglich 9,2 Sekunden dauert der Sprint auf Tempo 100 und wer es eilig hat, kann in der Spitze je nach Bereifung bis zum179 km/h schnell fahren. Und damit steht der Nexo einem herkömmlichen Verbrenner in nichts nach. Im Vergleich mit manch anderem SUV fährt er vielleicht sogar besser. Die Lenkung ist direkt, das Fahrwerk hat mit Unebenheiten keine Probleme und aufgrund eines anderen Schwerpunkts lässt sich das Gerät auch sehr charmant um Kurven dirigieren. Außerdem rekuperiert er drei Stufen und bringt so einen Teil der Energie in den Akkumulator zurück.
Auch im Innenraum finden die Insassen alles so vor, wie sie es kennen oder kannten. Zwei Plätze in der ersten Reihe, drei mit sehr guten Platzverhältnissen in der zweiten. Hinter der Heckklappe erwartet ein 461 bis 1466 Liter fassender Kofferraum das Gepäck und Naturmaterialien aus Zuckerrohr, Mais oder Soja finden sich in Verkleidungen, Sitzen, Dachhimmel und Teppichen. Während Hyundai also zu Teilen ein wahres Innovationsfeuerwerk abbrennt, fühlt man sich an anderer Stelle ins Jahre 2000 zurückversetzt. Da ist zum Beispiel die frei schwebende Mittelkonsole, breit wie bei der "Enterprise". Auf ihr scheinen sich alle Knöpfe und Tasten versammelt zu haben, die bis heute bei anderen Herstellern eingespart wurden. Warum das so ist, kann kaum nachvollzogen werden, denn eine Etage höher ist das 21. Jahrhundert in vollem Gange. Ein 7-Zoll-Instrumentendisplay und ein 12,3 Zoll messender Touchscreen werden zu einer wuchtigen Infozentrale, über die sich eigentlich alles auch ohne Knöpfe steuern lässt.
Nexo ist ein Selbstparker
Auch bei den Helferlein hat sich Hyundai beim Nexo nicht lumpen lassen. Neben den herkömmlichen Assistenten wie Totwinkelwarner, adaptiver Spurhalter und Geschwindigkeitsregler mit Stau-Assistent sowie ein Querverkehrswarner oder eine 360-Grad-Kamera gibt es Features, die man in anderen Autos vergeblich sucht. So kann der Nexo zum Beispiel per Fernbedienung und auf Knopfdruck einparken, ohne dass der Fahrer an Bord sein muss. Ein anders Highlight ist die Übertragung des Seitenspiegel-Bildes auf das Hauptdisplay im Sichtfeld des Fahrers. Das geschieht immer dann, wenn der Blinker betätigt wird. Eine super Einrichtung, denn damit ist der Totwinkel Geschichte.
Am Ende wäre der Hyundai Nexo also ein bezahlbares und absolut alltagstaugliches Auto, das seine Insassen problemlos über die Kurz- und Langstrecke tragen kann. Allerdings sollte die eher nach Skandinavien führen als in den Süden. Denn während die Nordländer die Verbreitung der Elektromobilität zur erklärten Staatsaufgabe gemacht haben, hapert es diesbezüglich im Süden noch etwas. In Italien zum Beispiel gibt es bis heute nicht eine Wasserstofftankstelle.
Quelle: n-tv.de
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