CB 650 F - Allrounder mit Vierer-Treibsatz

  12 Juli 2018    Gelesen: 1263
CB 650 F - Allrounder mit Vierer-Treibsatz

Mit der CB 650 F hält Honda nicht nur den Vierzylinder am Laufen, sondern hat auch ein absolutes Universal-Bike am Start. Sportlich ums Eck, lange Strecke, kurz mal zum Bäcker oder einfach über die Landstraße cruisen: geht nicht gibt's hier nicht.

 

Einst war der Reihenvierzylinder das gepflegte Aushängeschild in der Motorradwelt. Inzwischen verabschieden sich immer mehr Hersteller von dem gediegenen Triebwerk. Warum? Allein die Euro-4-Norm kann nicht schuld sein. Wie schön also, dass sich die Marke, die den Vierender einst in der CB 750 Four erstmals unter den Tank brachte, sich nicht davon abhalten lässt, dieses wunderbare Werk der Technik auch heute in seinen Motorrädern vorzuhalten. Ja, der Leser spürt vielleicht schon an dieser Stelle die latente Begeisterung des Autors für dieses ach so smoothe Aggregat.

Auf der Suche nach dem ultimativen Einsteiger-Bike fiel die Wahl neben der Harley Streetrod 750 auf die BMW F 850 R, die Ducati Monster 797, die Yamaha MT-07 (Testbericht folgt) und auf die Honda CB 650 F. Eben jenem Motorrad, das in der Liga der 600er als eins der letzten das Fähnchen des Vierzylinders schwenkt. Und wie sie das macht! Die Ingenieure - ein sehr junges Team, wie Honda betont - scheinen es sich zur ersten Aufgabe gemacht zu haben, nicht nur Laufkultur, sondern auch eine gehörige Portion Sportlichkeit in das fahrbereit 208 Kilogramm schwere Naked Bike zu packen.

Ein bisschen Kraftmeierei

Bis 11.000 Umdrehungen lässt sich das Triebwerk auf Wunsch ausdrehen. Hier liegen dann auch rechnerisch die 90 PS an. Das maximale Drehmoment von 64 Newtonmetern wird bereits ab 8000 Kurbelwellenumdrehungen auf die O-Ring-Kette geworfen. Wer hier auf die lange Gerade geht und den Gashahn mit Schmackes aufzieht, wird erst sanft, dann zunehmend kraftvoll und am Ende dynamisch, aber immer kontrollierbar in Richtung 197 km/h Endgeschwindigkeit beschleunigt. Einzig die Vibrationen des Triebwerks, die ab etwa 8000 Kurbelwellenumdrehungen ein sehr kribbeliges Gefühl in den rückwärtigen Diensten erzeugen, sorgen dafür, dass der linke Fuß den nächsthöheren Gang einlegt, der sanft und sauber in die ihm vorbestimmte Stufe rastet.

Untermalt wird der Vortrieb von einem hochtönenden Crescendo, das aus der offenen, mit wenig Gegendruck arbeitenden Auspuffanlage entweicht. Ein bisschen erinnert der Klang sogar an die 1000-Kubik-Kraftmeier der MotoGP. Wer also tonal auffallen will, der kann das auch mit einer Honda CB 650 F. Doch lassen wir den Geschwindigkeitsrausch mal kurz beiseite und freuen uns an einer ganz anderen Fähigkeit des Vierer-Treibsatzes, der den in dieser Klasse häufiger anzutreffenden Zweizylindern in den meisten Fällen abgeht: das sanfte Cruisen in der letzten Schaltstufe.

Ganz sanft oder einfach Feuer frei

Tatsächlich ist es mit der CB 650 F kein Problem, im sechsten Gang bei 35 km/h den Kreisel zu umrunden und das Drehzahlband nur minimal über der 1000 flattern zu lassen. Da gibt es kein Ruckeln, kein Schieben, kein Schimpfen. Butterweich laufen die Kolben in den Zylindern und warten auf den Befehl, wieder Fahrt aufzunehmen. Wer die Honda so fährt, findet den angenehmsten Schaltpunkt zwischen 3000 und 5000 Umdrehungen und ist schneller bei Stufe sechs angekommen als gedacht. Der Vorteil: wie beschrieben; der Nachteil: Auch in der recht übersichtlich zweigeteilten Armatur fehlt eine Schaltanzeige. Die informiert wie üblich über Geschwindigkeit, Drehzahlen, Füllstand des Tanks und über die gefahrenen Kilometer.

Aber so schön der sanfte Lauf gerade im Stadtverkehr ist, so wenig möchte der Pilot darin verharren. Allein die Sitzposition mit den leicht nach hinten angewinkelten Beinen, der enge Knieschluss zum Tank und der durch die Lenkerposition leicht nach vorn geneigte Oberkörper schreien förmlich nach Attacke. Das funktioniert auf der Japanerin übrigens im Soziusbetrieb ebenso gut wie alleine. Wer die schnelle Kurve liebt, wird mit zunehmender Geschwindigkeit eine Betonung auf dem Vorderrad spüren, was im Zusammenspiel mit den Dunlop Sportmax D 222 aber immer für saubere Radien sorgt. Hier macht sich auch das ausgezeichnete Handling der CB 650 F bezahlt, das bereits im Stadtverkehr für mehr Freude als Frust sorgt.

In allen Lagen charmant

Für Freude sorgt auch die Showa-Gabel mit ihren 120 Millimetern Federweg. Beim harten Einbremsen taucht die Honda zwar tief, aber nicht uncharmant ein, was eben auch für eine entsprechende Stabilität in der Kurve sorgt. Um das Naked Bike zu entschleunigen, lässt die Vorderbremse zwei Doppelkolben-Bremszangen in gelochten Wave-Doppelscheiben mit 320 Millimetern beißen, während der rechte Fuß eine Einkolben-Bremszange in eine Einzelscheibe mit 240 Millimeter hacken lässt. Die Bremsenergie kann aber in jeder Situation feinnervig dosiert werden. Selbst wenn es die Situation erfordert und hart durchgerissen wird, bleibt die Japanerin stabil in der Spur, während das Zweikanal-ABS sanft, aber bestimmt einsteuert.

Kurz gesagt: Die Abstimmung ist in allen Komponenten echt komfortabel, aber nicht weich. Genau wie die 810 Millimeter hohe Sitzbank, die auch lange Strecken nicht zur Qual werden lässt. Wer will, kann für den Soziusbetrieb die Zugstufe der Hinterradschwinge um ein oder zwei Stufen nachspannen. Muss aber nicht sein, solange man im Normalbereich und ohne weiteres Gepäck unterwegs ist. Wer den großen Ausritt plant, hat die Möglichkeit, 188 Kilogramm auf die Honda zu laden. Das ist gar kein Problem, denn die Halterungen für die Seitenkoffer sind bei der CB 650 F bereits vorinstalliert und eine integrierte Gepäckbrücke gibt es auch.

Apropos lange Strecke: Werfen wir noch einen Blick auf den Verbrauch. Im Datenblatt ist die Rede von 4,7 Litern auf 100 Kilometer. Rein rechnerisch müssten also bei einer Tankfüllung von 17,3 Litern 368 Kilometer bewältigt werden können. Im Praxistest kam nach 250 Kilometern die Aufforderung zum Besuch einer Tankstelle. Nun muss aber zugegeben werden, dass die flotte Fahrweise, Stadtverkehr und der Soziusbetrieb hier nicht repräsentativ sind. Im Langlauf sollten hier durchaus 300 Kilometer zurückgelegt werden können.

Fazit: Im Test hat sich die Honda CB 650 F mit ihrem Vierzylinder als echter Allrounder erwiesen, der mit leichtem Handling, echtem Fahrkomfort und einer ausgezeichneten Verarbeitung glänzt. Insofern geht der Preis von 8490 Euro absolut in Ordnung. Zumal die Japaner im Moment eine sogenannte All-In-Flat anbieten: drei Jahre Garantie, drei Jahre Inspektionen und das alles für 99 Euro im Monat. Nach der Zeit gibt es folgende Optionen: kaufen, weiterfinanzieren oder Rückgabe. Da kann man eigentlich nichts verkehrt machen.

Quelle: n-tv.de

 


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