Strategiewechsel auf Amerikanisch: Washington bereit für Kooperation mit Erzfeind

  01 Auqust 2018    Gelesen: 1111
Strategiewechsel auf Amerikanisch: Washington bereit für Kooperation mit Erzfeind

Die US-Amerikaner hatten ihre Finger im Spiel, als die Taliban-Bewegung ins Leben gerufen wurde. Die radikalislamische Miliz wurde 2001 weltweit bekannt, als unter anderem die beiden größten Buddha-Statuen in Afghanistan in die Luft gesprengt wurden.

Das Pentagon will die afghanische Regierung zum Truppenabzug aus schwach besiedelten Gebieten bewegen und damit de facto große Gebiete den Taliban überlassen. Zudem ist das Weiße Haus erstmals bereit, sich mit den Taliban an den Verhandlungstisch zu setzen.

Trumps neue Strategie basiert in vielerlei Hinsicht auf den Ergebnissen seiner Vorgänger George W. Bush und Barack Obama, die die US-Truppen aus Afghanistan abziehen und die Gebiete den Taliban und anderen bewaffneten Gruppierungen überlassen wollten, wie die Zeitung „New York Times“ berichtete. Die US-Amerikaner empfehlen den afghanischen Behörden, ihre Anstrengungen auf den Schutz von großen Städten, darunter vor allem Kabul, Kandahar, Kundus, Masar-e Scharif und Dschalalabad, zu konzentrieren.

Diese Strategie, die von den Vorgängern übernommen wurde, ist eine weitere Bestätigung der Tatsache, dass die von Washington unterstützte Zentralregierung in Kabul nicht in der Lage ist, die Landbevölkerung zu schützen. Der Krieg in Afghanistan dauert bereits seit 17 Jahren an. In diesen Jahren gab die Regierung schrittweise ihre Positionen auf und übergab den Taliban ständig neue Gebiete.

Die Unfähigkeit der Regierungstruppen, gegen die Aufständischen zu kämpfen, wurde offensichtlich, nachdem die Administration von Barack Obama 2015 das Ende der Kampfhandlungen in Afghanistan erklärte und den größten Teil der US-Truppen abzog, indem den von amerikanischen und anderen westlichen Spezialisten ausgebildeten afghanischen Sicherheitskräften die Verantwortung für den Schutz der entfernten Stützpunkte überlassen wurde. In den anschließenden Monaten fiel die Mehrheit dieser Stützpunkte in die Hände der Taliban.

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Auf der Pressekonferenz in Brüssel gab der Befehlshaber der US-geleiteten Koalition in Afghanistan, General John Nicholson, im Juni zu, dass viele abgelegene Stützpunkte von den Taliban erobert wurden.

Jetzt hängt vieles von der Regierung von Aschraf Ghani und seinem Wunsch und seiner Bereitschaft ab, die Truppen zurückzuziehen. Nicht alle in der Führung Afghanistans sind mit dieser defätistischen Haltung einverstanden. Einige afghanische Kommandeure wollen die befestigten Stützpunkte nicht verlassen, weil befürchtet wird, dass die örtliche Bevölkerung zum Schluss kommt, dass sie verraten wurde und zu den Aufständischen überläuft.

In den ländlichen Gebieten lebt fast ein Viertel der 35 Millionen Afghanen, mehr als vier Millionen leben in Kabul. Von 407 afghanischen Gebieten hat die Regierung die Kontrolle über 229 Gebiete, die Taliban haben 59 Gebiete unter ihren Fittichen. Die restlichen 119 Gebiete gelten als umstritten.

Jede Woche werden auf den eroberten Stützpunkten hunderte Soldaten und Polizisten von den Taliban getötet. Allein im vergangenen Jahr ging die Zahl der Regierungstruppen sowie Sicherheitskräfte fast um fünf Prozent (18.000 Soldaten) zurück.

Es liegt auf der Hand, dass die Situation nicht endlos so bestehen bleiben kann und eine politische Lösung nötig ist. Eine solche Lösung ist laut Washingtoner Strategen und Pentagon-Generälen der Rückzug in die Städte und Schutz der Vororte. Solche Handlungen wurden in Afghanistan bereits unter Obama unternommen, nachdem er mit dem Abzug der US-Truppen begonnen hatte.

In der ersten Amtszeit Obamas setzte das Pentagon weiterhin den bereits unter George W. Bush erstellten Plan zur Schaffung von Dutzenden Posten in Afghanistan um, um das Signal zu geben, dass die westliche Koalition um jedes Dorf und selbst abgelegene Gebiete kämpfen wird.

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Die ersten Posten wurden 2006 im Korengal-Tal von General Nicholson eingerichtet. Doch bereits nach drei Jahren kam das Pentagon zum Schluss, dass diese Strategie fehlerhaft ist und zog seine Truppen bereits 2010 mit großen Verlusten aus dem Korengal-Tal ab.

Bereits 2015 drängte das Weiße Haus die afghanische Regierung, die abgelegenen Posten und Stützpunkte zu räumen und die Kräfte auf den Schutz der Städte und dicht besiedelten Gebiete zu konzentrieren. Beim Abzug der Armee sollte der Schutz der weit entfernten Stützpunkte der lokalen Polizei überlassen werden, die viel schlechter als die Armee bewaffnet und ausgebildet ist und ideologisch von den Taliban beeinflusst wird. Die Chancen der Polizisten, die aktuellen Stellungen zu halten, tendieren beinahe gen Null.

Natürlich sind nicht alle US-Truppen in Afghanistan (insgesamt fast 14.000 Soldaten) in den Städten stationiert. Ein Teil der US-Militärs bildet afghanische Kollegen in kleineren Städten und in weit entfernten Basen aus.

Donald Trump fordert seit langem die Beendigung des Kriegs in Afghanistan. Er folgte nur ungern dem Druck von Pentagon-Chef James Mattis und ließ weitere 4000 Soldaten dorthin entsenden.

Das Weiße Haus setzt neuerdings wieder auf diplomatische Methoden zur Lösung der Krise. Zum ersten Mal seit 17 Kriegsjahren ging Washington darauf ein, sich mit den Taliban an den Verhandlungstisch zu setzen. Zuvor hatten die Amerikaner am Verhandlungsprozess zwischen den Taliban und der afghanischen Regierung immer als Beobachter teilgenommen. Vor einer Woche fanden in Katar erste Gespräche zwischen Vertretern des US-Außenministeriums und hochrangigen Vertretern der Taliban statt. Falls diese Verhandlungen vollumfänglich beginnen, wird es die größte Neuerung der US-Strategie in dem nun fast 20 Jahre andauernden Krieg in Afghanistan sein.

Quelle : sputnik.de


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