Die Kennzeichenerfassung der Polizei funktioniert nicht. Laut Recherchen von „BuzzFeed News“ hat die Überwachungs-Technologie der Polizei eine Fehlerquote von 90 bis 99 Prozent. Den Behörden ist das Problem allerdings nicht erst seit gestern bekannt: Das System ist seit zehn Jahren im Einsatz. Die schweren Verbrechen, die mit der Erfassung der Autokennzeichen aufgeklärt werden sollten, lassen sich damit nicht aufklären. Dafür wurden mit hohen Kosten weitgehend nutzlose Datenberge erzeugt.
Hohe Kosten und Mehraufwand
Falls es einmal, fast zufällig, zu einem Treffer in der Datenbank kommt, so handele es sich laut Medienberichten fast ausschließlich um harmlose Delikte wie das Fehlen einer Kfz-Versicherung.
Die mangelhafte Erfassung der Autokennzeichen bedeutet also nicht nur immense Kosten und einen deutlich erhöhten Arbeitsaufwand für die deutsche Polizei. Sie stellt auch ganz generell die Rechtsgrundlage für die Erfassung von mehreren Hundert Millionen Autokennzeichen in Frage. Noch in diesem Jahr soll deshalb das Bundesverfassungsgericht entscheiden.
Massenhafte Fehlfunktionen
Die Fehler der Erfassung sind vielfältig: So könne das System laut BuzzFeed trotz zehnjähriger Praxiserfahrung noch immer keine Leerzeichen verarbeiten. Es verwechsele Buchstaben und Zahlen oder sei bei schlechtem Wetter oder Dämmerung schlicht überfordert. So kann das System die Ermittler schon auch mal auf eine falsche Fährte locken.
Fehlfunktionen gibt es massenhaft: In Hessen meldeten die Geräte beispielsweise in den Jahren 2016 und 2017 insgesamt 7170 angebliche Treffer. Nach Überprüfung der Polizei verblieben nur noch 492 sogenannte „Echttreffer“ übrig. Das entspricht einer Fehlerquote von 93 Prozent. In Bayern ist das Ergebnis noch drastischer: von fast 1,5 Millionen Treffermeldungen in den besagten beiden Jahren wurden höchsten 2560 „Echttreffer“ ermittelt. Eine Fehlerquote von 99,8 Prozent.
Politik verdreht Tatsachen
Die Kritik an der Kennzeichenerfassung ist nicht neu. Schon im Herbst 2013 antwortete das Bundesinnenministerium auf eine Bundestagsanfrage der Linksfraktion:
„Wie jede staatliche Maßnahme unterliegt auch der Einsatz automatischer Kennzeichenlesegeräte dem Grundsatz der Verhältnismäßigkeit im Einzelfall. Daher können diese Maßnahmen nur bei entsprechend schwerwiegenden Straftaten oder Gefahren in Betracht kommen.“
Die Realität sieht aber anders aus. In den wenigen Fällen, in denen tatsächlich ein gesuchtes Kennzeichen vom System gemeldet wurde, dominierten leichte Vergehen. Von der Aufklärung schwerer Straftaten, für die das System erfunden wurde, ist man weit entfernt.
Ausbau statt Abbau
Trotz dieser schlechten Bilanz wird das System nicht nur von den Bundesländern fortgeführt, sondern sogar noch ausgebaut: Auch die Bundespolizei nimmt aktuell Geräte zur Kennzeichenerfassung in Betrieb. Allein für den dortigen Testlauf werden Kosten von fast einer Million Euro anfallen. Im Gesetzentwurf, der mit den Stimmen von CDU und SPD im Innenausschuss bestätigt wurde, ist von der Kennzeichenerfassung „als wichtiges, in Bundesländern bereits erprobtes Hilfsinstrument“ die Rede.
sputniknews
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