Der neu gewählte brasilianische Präsident Jair Bolsonaro hat in seinem ersten TV-Interview nach dem Sieg in der Stichwahl die angekündigten Pläne verteidigt, das Waffenrecht zu liberalisieren. "Wenn in diesem Fernsehstudio drei oder vier bewaffnete Personen wären, würde kein Verrückter hereinkommen, um böse Dinge zu tun", sagte er. "Mehr noch als das eigene Leben schützen Waffen die Freiheit des Volkes."
Als der Interviewer ihn fragte, ob mehr Waffen nicht auch zu mehr Gewalt führen würden, blaffte Bolsonaro ihn an: "Dann können wir auch Autofahren verbieten." Brasilien leidet unter einer Welle der Gewalt: Im vergangenen Jahr wurden über 63.000 Menschen getötet. Zum Vergleich: In Deutschland gab es im vergangenen Jahr etwa 730 Tötungsdelikte. Bolsonaro selbst wurde in der heißen Phase des Wahlkampfs Opfer der Gewalt: Ein Angreifer stach ihm bei einem Wahlkampfauftritt mit einem Messer in den Bauch und verletzte ihn schwer.
"Waffen schützen Freiheit des Volkes"
Gegner des rechtspopulistischen Wahlsiegers fürchten, dass Brasilien unter Bolsonaro tiefer ins Chaos gleiten könnte. In den Metropolen hat die Polizei ihr Gewaltmonopol längst verloren: In den Favelas sind viele Waffen im Umlauf. Halbstarke mit Schnellfeuergewehren bewachen dort die Reviere der Drogenbanden. Sicherheitskräfte wagen sich teils nur noch mit Unterstützung des Militärs in die Armengebiete. Den neuen Präsidenten Brasiliens ficht das nicht an: "Wenn jemand Böses tun will, kann er sich leicht eine Waffe auf dem Schwarzmarkt besorgen", sagte Bolsonaro dem Fernsehsender Record TV, der der evangelikale Universalkirche des Reichs Gottes gehört. "Wir sollten uns von dem politisch Korrekten verabschieden."
Sein erstes Interview gab Bolsonaro damit einem Sender aus dem erzkonservativen Spektrum der brasilianischen Medienlandschaft. Dort konnte er sich sicher sein, dass seine Ansichten auf positive Resonanz stoßen. Die Freikirchen Brasiliens hatten Bolsonaro im Wahlkampf massiv unterstützt. Mit seiner Ablehnung von Homoehe und Abtreibung sowie seiner Werbung für traditionelle Familienwerte liegt der künftige Präsident ganz auf der Linie der Evangelikalen.
Am Sonntag war Bolsonaro zum Präsidenten gewählt worden. Die Wut vieler Brasilianer über die weit verbreitete Korruption hatte maßgeblich zum Erfolg des ultrarechten Ex-Militärs beigetragen. In der größten Volkswirtschaft Lateinamerikas sind Politiker über alle Parteigrenzen hinweg in Schmiergeldaffären verwickelt. Jahrelang war es in Brasilien üblich, dass Unternehmen Millionenbeträge an Politiker und Funktionäre zahlen mussten, um an lukrative öffentliche Aufträge zu kommen.
"Opposition ist immer willkommen"
Bolsonaro will tief verwurzelte Wut und Enttäuschung der breiten Öffentlichkeit mit populären Maßnahmen nutzen. Im Interview kündigte er an, den prominentesten Korruptionsermittler des Landes zu seinem Justizminister zu machen. Er werde Richter Sergio Moro den Posten in seinem Kabinett anbieten, sagte der Rechtspopulist.
Moro hat als Untersuchungsrichter die Ermittlungen zu "Lava Jato" ("Autowäscherei") - dem größten Korruptionsskandal Lateinamerikas - maßgeblich vorangetrieben. Im vergangenen Jahr verurteilte er Ex-Präsident Luiz Inácio Lula da Silva in erster Instanz wegen Bestechlichkeit zu einer Freiheitsstrafe.
Bolsonaro hatte zuletzt immer wieder mit rassistischen Kommentaren, extremistischen Parolen und seiner Bewunderung für die Militärdiktatur provoziert. Kritiker halten ihn für eine Gefahr für die noch junge Demokratie in Brasilien. Seit seinem Wahlsieg gibt er sich zurückhaltend. "Die Opposition ist immer willkommen und die freie Meinungsäußerung ist heilig", sagte er nun in dem Interview.
Quelle: n-tv.de
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