Italien zeigt Brüssel die kalte Schulter

  14 November 2018    Gelesen: 851
Italien zeigt Brüssel die kalte Schulter

Italiens populistische Regierung lässt den Etatstreit mit der EU weiter eskalieren. Sparmaßnahmen soll es nicht geben. Dafür will Rom durch den Verkauf von Staatseigentum frisches Geld beschaffen. Die nervösen Märkte wird das wohl kaum beruhigen.

Italien weigert sich im Haushaltsstreit trotz Protesten der EU und großer Nervosität an den Finanzmärkten von seinen Schuldenplänen abzuweichen. Die Haushaltsziele für das kommende Jahr änderten sich nicht, erklärte der stellvertretende Ministerpräsident Luigi Di Maio. "Es ist unsere Überzeugung, dass dieser Haushalt das ist, was das Land braucht, um wieder auf die Beine zu kommen." Die Regierung wolle mit dem Verkauf von staatlichen Immobilien die Staatskasse aufbessern.

Ob das die Brüsseler Kommission überzeugt, ist fraglich. Sie hatte den Budgetentwurf aus Rom in einem historisch einmaligen Schritt vor drei Wochen abgelehnt und bis Dienstag eine Überarbeitung gefordert. Um Mitternacht lief die Frist für eine Antwort aus Rom aus. Finanzminister Giovanni Tria habe fristgerecht die überarbeitete Version des Haushalts mit Begleitbrief an die Kommission geschickt, berichtete die italienische Nachrichtenagentur Ansa. Di Maios Worte deuten an, dass die überarbeitete Version den Ansprüchen der europäischen Partner Italiens nicht genügen dürften.

Da noch keine belastbaren Details vorliegen, ist auch noch offen, wie die Finanzmärkte den überarbeiteten Finanzplan aus Rom bewerten. Im Geschäft mit Staatsanleihen und Bankaktien reagieren Anleger seit Wochen nervös auf die italienischen Unsicherheiten. Beobachter sprechen von ausgeprägten Ängsten vor einer handfesten Krise in der Eurozone. Italien ist die drittgrößte Volkswirtschaft der Währungsgemeinschaft nach Deutschland und Frankreich.

Wie geht es weiter? Italien steuert nun auf ein Defizitverfahren zu, das die Kommission bald einleiten könnte. Dabei könnten die EU-Partner Italien mehr Haushaltsdisziplin verordnen. Verstößt Rom auch gegen diese Vorgaben, dürften die Finanzminister theoretisch finanzielle Sanktionen verhängen. Das wäre allerdings vor allem Wasser auf die Mühlen der Europa-Skeptiker in der Regierung, die gerne ein Brüsseler Spardiktat für die lahmende Wirtschaft in Italien verantwortlich machen.

"Rom wird es wie Tsipras ergehen"


Der Fraktionschef der Europäischen Volkspartei (EVP), Manfred Weber, hält es jedoch nur für eine Frage der Zeit, bis die Regierung in Rom in der Schuldenfrage einlenkt. "Die Realitäten, die Fakten werden auch Rom sehr schnell einholen", sagte der CSU-Politiker. Der populistischen Regierung werde es ähnlich ergehen wie dem griechischen Regierungschef Alexis Tsipras, der in der Schuldenkrise auch zunächst Front gegen Brüssel gemacht und dann eingelenkt habe.

Die Koalition aus populistischer Fünf-Sterne-Bewegung und rechter Lega peilt im kommenden Jahr eine Neuverschuldung von 2,4 Prozent der Wirtschaftsleistung an. Man wolle dafür einstehen, dass dieser Wert eingehalten wird, sagte Di Maio. Der Verkauf staatlicher Immobilien werde sich positiv auf die Schuldenlast auswirken, versprach er. Veräußert werden sollten aber keine "Familien-Schmuckstücke", sondern nur zweitrangige Liegenschaften.

Teure Wahlversprechen sollen umgesetzt werden


Da die drittgrößte Volkswirtschaft in der Eurozone schon jetzt haushoch verschuldet ist, stemmt sich die EU gegen die Pläne. Sie sieht in dem Entwurf einen beispiellosen Verstoß gegen die Euro-Stabilitätsregeln. Diese verpflichten Italien, wegen seiner hohen Schuldenquote seine Gesamtverschuldung in den Griff zu bekommen.

Die Koalition in Rom will aber teure Wahlversprechen finanzieren - beispielsweise eine Grundsicherung nach dem Vorbild von Hartz IV oder ein niedrigeres Renteneintrittsalter. Es bleibe bei all diesen Maßnahmen, sagte Di Maio. Man sei im März gewählt worden, damit die Sparpolitik überwunden werde und frisches Geld eingesetzt werde. "Wir arbeiten an einem Haushalt, der mehr Arbeitsplätze schafft, mehr Recht auf Renten und weniger Steuern, nicht für alle aber für viele. Wenn das Europa gefällt, sind wir zufrieden, wenn nicht, gehen wir unseren Weg dennoch weiter", sagte der Innenminister und zweite Vize-Regierungschef Matteo Salvini.

Doch nicht nur die Finanzmärkte überzeugen Roms Pläne nicht. Auch der IWF stellte Italien zuletzt ein schlechtes Zeugnis aus und nannte die Haushaltspläne ein Risiko für das Land. Vor diesem Hintergrund äußerte EVP-Fraktionschef Weber äußerte aber auch Verständnis für die Lage Italiens. Dort herrsche eine hohe Jugendarbeitslosigkeit, weswegen es viele junge Menschen ohne Perspektive gebe. "Dann verstehe ich den Frust." Und er verstehe, dass manche Italiener Populisten wählten. Dennoch könne die Regierung in Rom nicht machen, was sie wolle. "Italien kann jetzt nicht Haushalte vorlegen, die dann die ganze Eurozone in Risiko bringen."

Quelle: n-tv.de


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