Kramp-Karrenbauer wirft Merz Fischen am rechten Rand vor

  22 November 2018    Gelesen: 749
Kramp-Karrenbauer wirft Merz Fischen am rechten Rand vor

Im Ringen um den CDU-Vorsitz wirft Generalsekretärin Annegret Kramp-Karrenbauer ihrem Konkurrenten Friedrich Merz indirekt vor, mit seinem Vorstoß zur Beschränkung des Asylrechts am rechten Rand zu fischen.

Die Mütter und Väter des Grundgesetzes hätten ihre Formulierungen mit Bedacht gewählt und dabei auch den Blick auf die deutsche Geschichte und die Judenverfolgung gerichtet, sagte sie am Donnerstag im Gespräch mit der “Bild”-Zeitung. Wer in dieser Frage zu einem Kahlschlag rate, rücke auf die AfD zu. Merz bemängelte, eine europäische Regelung der Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik könne nicht funktionieren, wenn davon unabhängig jeder dennoch individuell Asyl in Deutschland beantragen könne. Der dritte Konkurrent im Kampf um den CDU-Vorsitz, Jens Spahn, mahnte, eine Debatte über den Grenzschutz in Europa sei wichtiger als über das Asylrecht.

Das deutsche Grundrecht auf Asyl sei eine Konsequenz aus der historischen Erfahrung, “dass zum Beispiel jüdische Flüchtlinge an den Grenzen zu neutralen Staaten zurückgewiesen worden sind und von dort unmittelbar nach Auschwitz deportiert und getötet worden sind”, erklärte Kramp-Karrenbauer. “Diejenigen, die zu einem Kahlschlag in dieser Frage raten, können dies nicht im Rahmen der Christlich-Demokratischen Union tun”, zitierte sie Altkanzler Helmut Kohl. “Das ist ein Erbe, dem ich mich verpflichtet fühle - und das ist im übrigen auch der Unterschied zwischen uns und der AfD.” Sie sei offen dafür, über eine Verbesserung der Verfahren und konsequentere Rückführungen von abgewiesenen Asylbewerbern zu reden, warne aber davor, leichtfertig am Grundgesetz zu schrauben.

Zudem verwies sie darauf, dass nur ein sehr geringer Anteil der Flüchtlinge in Deutschland tatsächlich Asyl erhält. Das deutsche Grundrecht auf Asyl beschränkt sich auf Menschen, die in ihrem Heimatland vom Staat politisch verfolgt werden. Anspruch auf Schutz und Zuflucht bietet daneben die Genfer Flüchtlingskonvention, die auch bei der Verfolgung durch nicht-staatliche Akteure greift. Subsidiärer Schutz wiederum wird Menschen gewährt, denen im Heimatland Gefahr für Leib und Leben etwa durch einen Bürgerkrieg droht. Einer Änderung des Grundgesetzes müssten zwei Drittel des Bundestags zustimmen.

“DAS THEMA IST DIE GENFER FLÜCHTLINGSKONVENTION”

Auf diese unterschiedlichen Schutzgründe verwies auch Spahn. Nicht das Asylrecht sei die große Herausforderung bei der Migration, sagte er dem MDR. “Bei den Asylanträgen, die wir haben, geht es nicht um das Grundrecht auf Asyl, sondern das Thema ist die Genfer Flüchtlingskonvention.” Die eigentliche Frage sei, wie sich die EU-Außengrenze sichern lasse. Nötig sei ein europäischer Grenzschutz, der jene an der Grenze abweise, die keine Flüchtlinge seien.

Merz dagegen stellt das individuelle Recht auf Asyl infrage. “Ich bin schon seit langer Zeit der Meinung, dass wir bereit sein müssten, über dieses Asyl-Grundrecht offen zu reden, ob es in dieser Form fortbestehen kann, wenn wir ernsthaft eine europäische Einwanderungs- und Flüchtlingspolitik wollen”, sagte er. Es gehe nicht, dass alles europäisch geregelt werde, “und es dann immer noch ein Individualgrundrecht auf Asyl in einem Mitgliedstaat der Europäischen Union gibt, nämlich der Bundesrepublik Deutschland”. Denn dann bleibe für jeden, der nach Deutschland kommen wolle, jenseits aller europäischen Lösungen das Individualgrundrecht auf Asyl in Deutschland.

Zuspruch bekam Merz von der AfD. “Merz kann bei einer Änderung des Asylrechts im Grundgesetz auf die Unterstützung der AfD-Fraktion zählen”, sagte AfD-Chef Alexander Gauland der “Welt” (Freitagausgabe). Er freue sich, dass Merz mit seinem Vorstoß eine alte Forderung der AfD aufgreife. Deutschland könne sich das Asylrecht in seiner jetzigen Form nicht länger leisten.

Unterstützung erhielt Merz auch vom CSU-Europa-Abgeordneten Markus Ferber. Es sei tatsächlich eine Besonderheit, dass in Deutschland Asylbewerber aus sogenannten sicheren Drittstaaten nicht pauschal abgelehnt werden könnten, sondern jeder Fall einzeln geprüft werde, sagte er dem rbb.

Heftige Kritik erntete Merz aus der SPD. Es sei ärgerlich, “dass der unionsinterne Popularitätswettbewerb nun abermals auf dem Rücken der Schwächsten ausgetragen wird”, kritisierte Finanzminister Olaf Scholz im Gespräch mit der “Passauer Neuen Presse” (Freitagausgabe). Außenminister Heiko Maas forderte eine Rückkehr zur Sachlichkeit. “Unser Grundrecht auf Asyl ist eine historische Errungenschaft, daran gibt es nichts zu rütteln”, sagte er der “Rheinischen Post”.

reuters


Tags:


Newsticker