AMG A 35 - echter Kurven-Knaller

  05 Dezember 2018    Gelesen: 1068
AMG A 35 - echter Kurven-Knaller

Mit dem AMG A 45 hat die Sportschmiede von Mercedes einen echten Power-Kompakten im Programm. Jetzt machen die Affalterbacher mit dem AMG A35 einen Schritt zurück und gleichsam zwei nach vorn, denn der kleine Bolide setzt Zeichen.

Vor fünf Jahren hat AMG mit dem A 45 einen Power-Kompakten auf den Markt gebracht. Mit 380 PS schob sich der Affalterbacher auf die Spitzenposition der Sportler in diesem Segment. Allerdings kostete der Einsteiger in die dynamische Motorwelt von Mercedes immer noch über 50.000 Euro. Da konnte man für weit weniger Geld, aber auch wesentlich weniger Pferden unter der Haube andere Kompaktsportler ordern. Um den AMG-Fans die Entscheidung jetzt noch einfacher zu machen und die Abwanderung zu GTI und Co. zu unterbinden, wurde dem King of Compact jetzt ein Prinz in Form des A 35 an die Seite gestellt.


Natürlich wäre AMG nicht AMG, wenn man hier das Augenmerk nicht auf ein Mehr an Leistung gelegt hätte. Aus einem völlig überarbeiteten Vierzylinder, dem intern als M 260 bezeichneten Aggregat, das auch in anderen Modellen der A-Klasse zu finden ist, haben die Ingenieure 306 PS gekitzelt. Ab 3000 Kurbelwellenumdrehungen liegen 400 Newtonmeter maximales Drehmoment an. Die - und da sind wir auch gleich bei der Sache - werden aber nicht wie bei der Masse der Kompaktsportler ausschließlich an die Vorderachse weitergereicht, sondern können in einem Verhältnis 50 : 50 an beide Achsen geschickt werden.

In der Kehre aufgefangen

Das hat für Kurvenliebhaber und Sportfreunde gleichermaßen einen ganz entscheidenden Vorteil. Legt der Pilot den A 35 mit Schmackes in die Kehre und droht der Bolide über die Vorderräder zu schieben, fängt die Elektronik diese Bewegung auf, indem ein gewisses Maß an Antriebskraft über eine Lamellenkupplung, die in das Hinterachsgetriebe integriert ist, an die Heckräder gereicht wird. Der Fahrer spürt an dieser Stelle zwei Dinge: Erstens hebt sich die Front wieder deutlich aus ihrer Abtauchhaltung, zweitens schieben die Hinterräder den A 35 so präzise um die Kurve, dass die Anspannung ob des vermuteten Untersteuerns einem Staunen und dann einem breiten Grinsen weicht. Damit das nicht plötzlich aus dem Gesicht verschwindet, sind hinter den 19-Zöllern an der Front 4-Kolben-Monoblock-Festsättel und 350er Scheiben verbaut, am Heck hackt der 1-Kolben-Festsattel in 330er Scheiben.

Natürlich sind die Bremsanlage - die mit der des A 45 identisch ist - und die variable Momentenverteilung nur zwei Komponenten, die den A 35 zu einem außergewöhnlichen Sportler machen. Hinzu kommt das 7-Gang-Speedshift-Doppelkupplungsgetriebe, das die Gänge auf Wunsch so knackig einlegt, dass der aus weitaus potenteren Rennmaschinen bekannte Schlag ins Kreuz auch hier nicht vermisst werden dürfte. "Aber keine Angst, wir haben schon darauf geachtet, dass es nicht zu medizinischen Problemen kommt", erklärt Entwicklungschef Steffen Jastrow grinsend.

Sanft spratzen oder wütend husten

Fakt ist, dass die Arbeit des Getriebes ebenso schnell vonstatten geht wie der Sprint aus dem Stand auf Tempo 100. Nicht mehr als 4,7 Sekunden braucht es, bis der A 35 auf Landstraßentempo beschleunigt ist. Die Endgeschwindigkeit liegt bei 250 km/h. Natürlich wäre der AMG kein AMG, wenn die Schaltvorgänge nicht auch durch eine entsprechende Intonation aus den Endrohren in die Welt getragen würden. Dank Klappenauspuff reicht die Bandbreite hier von sanftem Spratzen bis zum wütenden Husten. Ein feines Lied, welches der A 35 da singt.

Aber wie schon erwähnt, den größten Spaß bringt der Prinz aus Affalterbach bei der Kurvenhatz. Hier kann der Pilot mit den Fahrprogrammen spielen, sich von Comfort bis Sport Plus tasten und mit jeder Drehung am optional erhältlichen Drehregler unterhalb der rechten Lenkradspeiche spüren, wie die Gierdämpfung abnimmt, der Lenkwinkelbedarf geringer wird und die Agilität deutlich gesteigert wird.

Definiertes Giermoment

Wer die engen Bergpassagen auf Mallorca kennt, wird wissen, dass man die im Normalfall und mit einem herkömmlichen Kompakten kaum schneller als mit 60 km/h fahren würde. Mit dem A 35 sind hier Geschwindigkeiten bis zu 90 km/h möglich. Wie das möglich ist? In den Fahrprogrammen ist unter dem Label AMG Dynamics eine Fahrdynamik-Regelung hinterlegt, die die stabilisierende Funktion des ESP auf Fahrerwunsch über mehrere Stufen regelt. Bei flotten Kurvenfahrt bewirkt ein kurzer Bremseneingriff am kurveninneren Hinterrad ein definiertes Giermoment um die Hochachse. Der Effekt: Der A 35 lenkt - wie oben beschrieben - sehr spontan und absolut versatzfrei ein.

"Natürlich bedurfte es noch einiger weiterer technischer Anpassungen, um den A 35 so dynamisch zu machen", erklärt Jastrow. "Um die Spur- und Sturzstabilität zu verbessern, haben wir ein sogenanntes 'Schubfeld' unter dem Motor verbaut. Diese Platte aus Aluminium erhöht die Torsionssteifigkeit des Vorderwagens um ein Vielfaches." Hinzu kommen zwei Diagonalstreben, die die Verwindung reduzieren und ebenfalls die Steifigkeit erhöhen. "Der Fahrer hat dadurch auch in Grenzbereichen ein ausgesprochen präzise und agil reagierendes Fahrzeug", so Jastrow.

Von Klassisch bis Supersport

Nun gehört zu einem sportlichen Auto im 21. Jahrhundert aber nicht nur das Fahrverhalten. Auch optisch und konnektiv soll die potenzielle Kundschaft angesprochen werden. Insofern ist es logisch, dass Mercedes auch dem A 35 das MBUX-Multimediasystem spendiert hat, dessen Steuerung zum einen durch die direkte Ansprache "Hey Mercedes" erfolgt oder über zwei üppige Displays, am Lenkrad befindliche Touch-Control-Buttons oder das Touchpad in der Mittelkonsole. Auf der linken Hälfte des Wide Screens kann der Fahrer zwischen drei Anzeigen wählen: Klassisch, Sportlich und Supersport.

Die für Sportfreunde wohl schönste Einstellung dürfte Supersport sein. Hier wandert der Drehzahlmesser ins Zentrum und wird von balkenförmigen Zusatzinformationen gerahmt. In einer dreidimensionalen Ansicht geben sie Auskunft über die per Gaspedal freigelassenen Pferde und das Drehmoment. Noch spannender ist das AMG-Menü. Hier kann der Fahrer eine Ganganzeige ebenso einsehen wie ein Warm-Up Menü für Motor- und Getriebeöltemperatur, ein Setup-Menü sowie G-Meter und Motordaten. Wem das noch nicht reicht, der kann sich auf dem Touchscreen oberhalb der Mittelkonsole auch noch die Telemetriedaten - also wie stark sich das Auto nach oben und nach unten bewegt - anzeigen lassen.

Mit virtuellem Renningenieur

Für echte Racer gibt es aber noch ein anderes Feature, das so bis dato nur aus dem GT bekannt ist. Optional kann der A 35-Fahrer mit dem MBUX seinen persönlichen virtuellen Renningenieur ordern. Während der Fahrt über einen Track können mit dessen Hilfe über 80 Daten erfasst und analysiert werden. Wer glaubt, er könne hier mogeln, der irrt. Dank eines neu entwickelten Algorithmus, der die Fahrzeugposition so exakt wie möglich bestimmt, erkennt das Programm, das übrigens unter dem Namen AMG Track Pace firmiert, sogar, wenn die Strecke verlassen oder abgekürzt wird. Neben den GPS-Daten werden dazu die im Fahrzeug vorhandenen Sensoren (Beschleunigung, Gyroskop, Lenkwinkel und Raddrehzahlen) verwendet.

Die Augmented-Reality-Funktion von MBUX, also die Mischung aus realen und virtuellen Einblendungen, ermöglicht zudem, dass auf dem Multimedia-Display oder dem optionalen Head-up-Display Start/Ziel, Streckensektoren oder ein "Ghost Car" eingeblendet werden, das als virtueller Gegner mitfährt. Geplant für einen späteren Einsatz ist zudem, die Ideallinie einer gespeicherten Rennstrecke abzubilden, so dass der Fahrer wie mit einem virtuellen Instruktor seine Rundenzeiten verbessern kann.

Einstig ab 47.529 Euro

Natürlich, und das soll nicht verschwiegen werden, kann der Fahrer eines AMG A 35 auch ganz normal auf der Straße fahren. Die wunderbar geschalten Sportsitze taugen auch auf langen Strecken, das Platzangebot entspricht dem der normalen A-Klasse und hat damit auch seine Alltagsberechtigung. Wer die Spreizung zwischen Komfort und Sport so groß wie möglich haben will, der entscheidet sich für das Ride-Control-Fahrwerk mit Verstelldämpfern. Das System arbeitet vollautomatisch und passt die Dämpfkraft je nach Fahrsituation an jedem Rad dem Straßen- und Fahrzustand an. Das Ganze geschieht stufenlos in Millisekunden.

Allerdings wird, wer sich den Luxus der zuletzt genannten Optionen leistet, wieder über die Schallmauer von 50.000 Euro fliegen. Denn erstmals bieten die Affalterbacher mit dem A 35 ein Sportauto ab 47.529 Euro an. Insofern ist der kompakte Schwabe nicht nur technisch Benchmark, sondern auch preistechnisch eine Kampfansage.

Quelle: n-tv.de


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