Bundespräsident Frank-Walter Steinmeier hat die Deutschen aufgerufen, Unterschiede auszuhalten und ihr Leben nicht nur in der eigenen "Blase" zu verbringen. "Wir müssen wieder lernen, zu streiten, ohne Schaum vorm Mund", sagte Steinmeier in seiner Weihnachtsansprache.
"Wer Streit hat, kann sich auch wieder zusammenraufen. Das kennen wir von Weihnachten mit der Familie. Aber wer gar nicht spricht und erst recht nicht zuhört, kommt Lösungen kein Stück näher. Sprachlosigkeit heißt Stillstand."
Steinmeier zählte mehrere Länder als Negativbeispiel auf. "Was passiert, wenn Gesellschaften auseinanderdriften, wenn eine Seite mit der anderen kaum noch reden kann, ohne dass die Fetzen fliegen - das sehen wir in der Welt um uns herum", sagte er. "Wir haben brennende Barrikaden in Paris erlebt, tiefe politische Gräben in den USA, Sorgen in Großbritannien vor dem Brexit, Zerreißproben für Europa in Ungarn, Italien und anderswo." Auch Deutschland sei nicht geschützt gegen solche Entwicklungen. "Auch bei uns im Land gibt es Ungewissheit, gibt es Ängste, gibt es Wut."
Stärker als "der Lärm von manchen" sorge ihn "das Schweigen von vielen anderen". Zugleich zögen sich immer mehr Menschen "zurück unter ihresgleichen, zurück in die eigene Blase, wo alle immer einer Meinung sind". Dabei gelte: "Wir alle gehören zu diesem Land - unabhängig von Herkunft oder Hautfarbe, von Lebensanschauung oder Lieblingsmannschaft."
Steinmeier forderte in seiner Ansprache dazu auf, Kontakt mit Andersdenkenden zu suchen. "Sprechen Sie mit Menschen, die nicht Ihrer Meinung sind! Sprechen Sie ganz bewusst mal mit jemandem, über den Sie vielleicht schon eine Meinung haben, mit dem Sie aber sonst kein Wort gewechselt hätten."
Die Demokratie in Deutschland sei stark, betonte Steinmeier auch. "Sie baut darauf, dass wir unsere Meinung sagen, für unsere Interessen streiten. Und sie setzt uns der ständigen Gefahr aus, dass auch der andere mal Recht haben könnte." Einen Kompromiss zu finden sei keine Schwäche. "Die Fähigkeit zum Kompromiss ist die Stärke der Demokratie."
Quelle: n-tv.de
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