Nach dem Verzicht von Bundeskanzlerin Angela Merkel auf eine weitere Amtszeit nimmt das Rennen um ihre Nachfolge Fahrt auf. Nun bringt sich in der SPD der erste Anwärter auf die Kanzlerkandidatur in Stellung: Finanzminister und derzeitiger Vizekanzler Olaf Scholz.
"Die SPD will den nächsten Kanzler stellen", sagte der Sozialdemokrat der "Bild am Sonntag". Auf die Frage, ob er selbst sich das Amt des Bundeskanzlers zutraue, erklärte er: "Ja. Frau Kramp-Karrenbauer hat gerade gesagt, dass von einer Parteivorsitzenden erwartet wird, dass sie sich das Amt zutraut. Für einen Vizekanzler der Bundesrepublik Deutschland gilt das Gleiche. Weder bei der Union noch bei uns steht diese Frage heute aber an."
Scholz setzt auf Beliebtheitswerte
Im Hinblick auf eine mögliche Urwahl des SPD-Spitzenkandidaten für die Bundestagswahl verwies Scholz auf seine persönlichen Beliebtheitswerte: "Wenn man Umfragen trauen darf, zähle ich schließlich zu den Politikern mit hoher Unterstützung bei Bürgerinnen und Bürgern und SPD-Anhängern." Der frühere SPD-Vorsitzende Martin Schulz hatte sich kürzlich für eine solche Urwahl ausgesprochen und in seiner Partei Zuspruch für den Vorschlag erhalten.
Bei der CDU scheint die gerade neu gewählte Parteichefin Annegret Kramp-Karrenbauer die derzeit wahrscheinlichste Kanzlerkandidatin zu sein. Allerdings sind die Reihen der Union in dieser Frage noch nicht geschlossen - besonders aus der CSU pfeift noch Gegenwind. Zwar betonte CSU-Landesgruppenchef Alexander Dobrindt erst kürzlich, dass eine Parteivorsitzende der CDU "ohne Zweifel" für eine künftige Kanzlerschaft in Frage komme. Der Vorsitzende der CSU-Landtagsfraktion, Thomas Kreuzer, hatte jedoch betont, dass es bei der Kanzlerkandidatur von Kramp-Karrenbauer keinen "Automatismus" gebe.
Der Unions-Kandidat dürfte nach jetzigem Stand allerdings leichtes Spiel gegen einen möglichen Gegner Scholz haben: Im aktuellen RTL/n-tv Trendbarometer steht die SPD bei 15 Prozent - und damit fünf Punkte unter ihrem Ergebnis bei der Bundestagswahl 2017. CDU und CSU hingegen liegen bei 32 Prozent. Die Sozialdemokraten hadern intern immer noch mit der vom damaligen SPD-Kanzler Gerhard Schröder vorangetriebenen Hartz-IV-Reform. Scholz macht sich im Interview gegen eine Abschaffung des Systems stark, sagte aber, Leistungen für Bezieher, die langjährig in die Sozialkassen eingezahlt hätten, müssten verbessert werden.
"Fetten Jahre sind vorbei"
Scholz äußerte in dem "BamS"-Interview zudem Befürchtungen, dass ein Ende des jahrelangen Aufschwungs in Deutschland bevorsteht. "Die schöne Zeit, in der der Staat immer mehr Steuern einnimmt als erwartet, geht zu Ende", sagte er. Für 2018 werde man zwar noch mal einen Steuerüberschuss ausweisen können, "aber nun sind die fetten Jahre vorbei. Von jetzt an erwarte ich keine unvorhergesehenen Mehreinnahmen mehr."
Jüngsten Forderungen aus der Union nach einer kompletten Abschaffung des Solidaritätszuschlags erteilte Scholz daher erneut eine Absage. Man habe mit der Union in den Koalitionsverhandlungen "aus guten Gründen" vereinbart, dass Bürger mit einem "sehr hohen Einkommen weiter den Soli bezahlen" sollten, sagte er. Union und SPD planen bisher für 2021 eine Entlastung um 10 Milliarden Euro, die 90 Prozent der Soli-Zahler befreien soll.
Quelle: n-tv.de
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