May muss sich Misstrauensvotum stellen

  16 Januar 2019    Gelesen: 831
May muss sich Misstrauensvotum stellen

Das Ergebnis ist vernichtend: Die britischen Parlamentarier halten nichts von dem mit der EU ausgehandelten Abkommen über einen geordneten Brexit. Premierministerin May scheitert krachend. Nun steht ihre Regierung einmal mehr auf dem Prüfstand.

Nach dem vernichtenden Votum des britischen Parlaments zum Brexit-Deal muss sich Premierministerin Theresa May einer Misstrauensabstimmung stellen. Am Abend (20 Uhr MEZ) entscheidet das Parlament, ob es der konservativen Regierung das Vertrauen entzieht. Schon diesen Morgen berät das Europaparlament in Straßburg, in Brüssel analysieren EU-Kommissionspräsident Jean-Claude Juncker und EU-Ratschef Donald Tusk die Folgen der Abstimmung.

Das britische Parlament hatte das zwischen Brüssel und London ausgehandelte Brexit-Abkommen am Dienstagabend überraschend deutlich abgelehnt. Mit 432 zu 202 Stimmen votierten die Abgeordneten in London klar gegen den Deal von Premierministerin May. Die oppositionelle Labour-Partei stellte den Misstrauensantrag sofort nach der Abstimmung. Parteichef Jeremy Corbyn sprach von einer katastrophalen Niederlage für May und dem größten Scheitern einer Regierung seit den 1920er Jahren.

Es wird allerdings damit gerechnet, dass May die Vertrauensfrage übersteht. Ihre Minderheitsregierung ist im Parlament auf die Unterstützung der protestantischen und ultrakonservativen Partei angewiesen. Die Mehrheit im britischen Unterhaus liegt bei 320 Stimmen. Mays konservative Tories kommen auf 316 Abgeordnete, die DUP stellt zehn Abgeordnete. Die DUP und innerparteiliche Gegner Mays haben angekündigt, May unterstützen zu wollen.

Sollten die Abgeordneten May tatsächlich mehrheitlich das Vertrauen entziehen, müsste binnen zwei Wochen eine neue Regierung gebildet werden und diese dann das Vertrauen des Parlaments gewinnen. Theoretisch könnte auch die Opposition versuchen, eine Koalitionsregierung auf die Beine zu stellen. Angesichts der derzeitigen Mehrheitsverhältnisse hätte das aber kaum Aussichten auf Erfolg. Sollte nach einem erfolgreichen Misstrauensvotum eine neue Regierungsbildung scheitern, würde das Parlament aufgelöst. Dann wären Neuwahlen fällig.

"Alternativen sind hart, aber unausweichlich"

Die Premierministerin kündigte an, sich in dem Fall eines scheiternden Misstrauensvotums mit Vertretern aller Parteien zu treffen, um einen Ausweg aus der misslichen Lage im Hinblick auf ein Brexit-Abkommen zu suchen. Bereits am kommenden Montag wolle sie dem Parlament dann einen Plan B vorlegen, um einen chaotischen EU-Austritt Großbritanniens doch noch zu verhindern, sagte sie.

Großbritannien will die Europäische Union am 29. März verlassen. Wenn ein Austritt ohne Abkommen verhindert werden soll, muss es bis dahin eine Einigung geben - sonst wird mit chaotischen Folgen für die Wirtschaft und viele andere Lebensbereiche gerechnet. Grünen-Europachef Reinhard Bütikofer sieht kaum noch Möglichkeiten, einen ungeregelten Austritt abzuwenden. "Die Alternativen sind hart, aber unausweichlich: Entweder wird Artikel 50 zurückgezogen - mit oder ohne neue Volksabstimmung -, oder es kommt zu einem harten Brexit der übelsten Art", sagte er in Brüssel. "Wer jetzt noch von Neuverhandlungen schwadroniert, ist ein Scharlatan." Artikel 50 des EU-Vertrags von Lissabon regelt, dass sich die Parteien für die Austrittsverhandlungen zwei Jahre Zeit lassen können. Die Frist läuft am 29. März 2019 aus.

Barley behält ihren Pass

Die designierte Spitzenkandidatin der FDP für die Europawahl, Nicola Beer, forderte einen EU-Sondergipfel innerhalb von 48 Stunden. Beer sagte: "Die Lage in Großbritannien sowie in der EU nach der Niederlage von Theresa May nach der Abstimmung ist dramatisch. Die EU muss sofort darauf reagieren." Es müsse umgehend ausgelotet werden, "welche Schritte die EU gehen kann, um sicherzustellen, dass es einen geordneten Brexit gibt und sich danach so enge Beziehungen zwischen der EU und Großbritannien wie möglich entwickeln können".

Auch Bundesjustizministerin Katarina Barley erteilte Nachverhandlungen zum Abkommen eine klare Absage. Großbritannien müsse für Stabilität sorgen, sagte die SPD-Politikerin den Zeitungen der Funke-Gruppe. "Wir unterstützen Großbritannien auf seinem Weg, aber Nachverhandlungen zu dem Abkommen wird es nicht geben." Zugleich warnte sie, ein ungeordneter Austritt hätte "dramatische Folgen für Großbritannien, für Deutschland und für Europa". Barley hat selbst einen britischen Pass. "Ich bin Britin seit meiner Geburt und werde das auch bleiben", kündigte sie an.

Quelle: n-tv.de


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