Der Chef der Münchner Sicherheitskonferenz hat sich dafür ausgesprochen, den französischen Atomschirm über die gesamte EU auszudehnen. "Die atomaren Einsatz-Optionen Frankreichs sollten nicht nur das eigene Territorium, sondern auch das Territorium der EU-Partner mit abdecken", sagte Wolfgang Ischinger der Funke Mediengruppe. Die EU-Staaten müssten sich dann aber auch finanziell an den Kosten beteiligen.
Es sei überfällig, dass sich die EU zu einer Verteidigungsunion wandele. "Die Gemeinschaft muss die Bürger, das europäische Territorium und die Außengrenzen zunehmend selbst schützen können", erklärte Ischinger. Dabei dürfe es sich nicht in nationaler Kleinstaaterei verzetteln. So müsse etwa die Rüstungsbeschaffung europäischer organisiert werden. Zugleich sprach er sich dafür aus, dass sich die EU, um außenpolitisch handlungsfähiger zu werden, vom Prinzip der Einstimmigkeit verabschiedet.
Ischinger forderte von Westeuropa zudem eine Nachbesserung der konventionellen Verteidigungsfähigkeit. Insbesondere Deutschland habe hier "einen besonders krassen Nachholbedarf". Ischinger sieht im Verteidigungsbereich weiterhin eine anhaltende militärische Abhängigkeit von den USA. "Wir sind blind, taub und unfähig ohne den amerikanischen Partner."
Das Ende des INF-Vertrags nannte Ischinger "sehr beunruhigend". "Es ist ein weiterer Schritt, das über Jahrzehnte aufgebaute Netzwerk der Zusammenarbeit und des Vertrauens zwischen West und Ost mit der Abrissbirne zu zerstören." Es sei zu befürchten, dass dann auch die Verhandlungen zwischen den USA und Russland über die Begrenzung von atomaren Langstreckenraketen ins Stocken gerieten.
"Globale Ordnung löst sich auf"
Bereits vor dem Wochenende hatte Ischinger vor wachsender globaler Unsicherheit gewarnt. "Die globale Ordnung löst sich auf", sagte Ischinger. Die Vorstellung einer internationalen Ordnung, die auf gemeinsamen Regeln und einem globalen Ordnungsgefüge gründe, könne man kaum mehr aufrechterhalten. Großmachtrivalitäten würden offenbar wieder stärker ausgetragen.
Ende nächster Woche tagt in München die Sicherheitskonferenz. Sie ist das größte Expertentreffen zum Thema Sicherheitspolitik weltweit. Insgesamt werden rund 100 Minister und 40 Staats- und Regierungschefs erwartet. Auch die Tochter des US-Präsidenten, Ivanka Trump und ihr Mann Jared Kushner, sowie Vizepräsident Mike Pence, der geschäftsführende Verteidigungsminister Patrick Shanahan und die Sprecherin des Repräsentantenhauses, Nancy Pelosi, haben ihre Teilnahme angekündigt.
Quelle: n-tv.de
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