“Putin lässt nicht nur IS bombardieren, sondern alle Gegner Assads“

  01 Oktober 2015    Gelesen: 734
“Putin lässt nicht nur IS bombardieren, sondern alle Gegner Assads“
Die russische Armee hat mit Luftangriffen in Syrien begonnen. Aus Moskau heißt es, dass nur IS-Stellungen bombardiert werden. Doch Experten gehen davon aus, dass Wladimir Putin alle ins Visier nimmt, die gegen seinen Verbündeten Assad vorgehen.
Seit Wochen laufen die Vorbereitungen in Syrien – doch an diesem Mittwoch ging plötzlich alles ganz schnell. Der russische Präsident Wladimir Putin holte sich von seinem Parlament die Erlaubnis für einen Militäreinsatz im Ausland. Wenig später flogen russische Bomber die ersten Luftangriffe in Syrien.

Bombardiert würden allein die Stellungen der Terrormiliz Islamischer Staat (IS), heißt es aus Moskau. Doch aus Syrien dringen gegenteilige Meldungen heraus, die die Befürchtungen des Westens bestätigen.

Während das russische Verteidigungsministerium Angriffe auf ein Munitionsdepot und Treibstofflager des IS etwa 200 Kilometer von Damaskus meldet, berichten syrische Aktivisten, dass russische Kampfjets mehrere Orte nördlich von Homs beschossen haben sollen, die von gemäßigten Rebellen gehalten werden.

"Putin macht zwischen Extremisten keinen Unterschied"

Lässt sich Putin nun von seinem Verbündeten Baschar al-Assad einspannen, um dessen Gegner im eigenen Land zu zerstören - ganz egal, ob sie dem IS angehören oder nicht?
„Es ist ganz klar, dass die Russen nicht nur den IS bombardieren, sondern alle islamistischen Gruppen", sagt Nahost-Experte Abdel Mottaleb El-Husseini zu FOCUS Online. Er geht davon aus, dass sich die Anti-Assad-Koalition zu etwa 95 Prozent aus Extremisten rekrutiert. „Und zwischen denen macht Putin keinen Unterschied.“

Dadurch rettet der russische Präsident das Assad-Regime. Denn die Regierungstruppen waren zuletzt noch stärker unter Druck geraten als ohnehin schon: Sie verloren große Gebiete und liefen Gefahr, endgültig besiegt zu werden. Durch die russische Unterstützung – zunächst mit Material und Know-How und nun auch mit Luftschlägen – hat sich das Blatt für den Diktator wieder gewendet.

"Er setzt ein klares Zeichen in Syrien - und den Westen unter Zugzwang"

Auch Terrorismusexperte Rolf Tophoven glaubt nicht, dass sich Russland bei seinen Angriffen auf die Stellungen des IS beschränken wird. „Man kann davon ausgehen, dass das russische Engagement zwei Zielsetzungen hat: den IS zu bekämpfen und die Angriffe gegen Assad zu stoppen“, sagte er FOCUS Online.

Der Leiter des Instituts für Krisenprävention verweist auf das Vorgehen des türkischen Präsidenten Erdogan: Auch er nutzt den Kampf gegen den IS, um einer anderen Partei zu schaden: der kurdischen Arbeiterpartei PKK, die als Terrororganisation eingestuft wird.
„Putin hat gezeigt, dass er einer der geschicktesten Pokerspieler im Nahen und Mittleren Osten ist“, sagt Tophoven. „Nach all dem Zögern und den Widersprüchen im westlichen Vorgehen setzt er nun in Syrien ein klares Zeichen – und setzt den Westen damit unter Zugzwang.“

"Russisches Eingreifen wird IS partiell schwächen"

Ob der IS durch das russische Eingreifen fundamental geschwächt werden kann, bezweifelt der Experte jedoch. „Es wird wohl eine partielle Schwächung geben – aber mit den bisherigen Luftschlägen der US-geführten Anti-IS-Koalition konnte die Expansion der Terrormiliz nicht entscheidend gestoppt werden“, sagt er. Deshalb sei es fraglich, ob das nun den Russen aus der Luft gelinge.

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Politikwissenschaftler Husseini könnte sich vorstellen, dass Russland in absehbarer Zukunft auch am Boden aktiv wird: „Putin hat gesagt, dass er zunächst nur aus der Luft angreifen wird, doch ich zweifle sehr daran, dass es dabei bleibt“, sagt er. „Russland hat viele Experten nach Syrien geschickt, Bodentruppen sind keineswegs auszuschließen.“

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