Wie die Hongkonger Zeitung „South China Morning Post“ berichtet, habe die Polizei bei Razzien in den Büros mehrerer Nichtregierungs-Organisationen in Peking, Shenzhen und Guangzhou drei Mitarbeiter festgenommen. Außerdem seien Dokumente und Computer beschlagnahmt worden. Die NGOs bieten unter anderem berufliche Fortbildungen und Rechtsberatung für Wanderarbeiter an.
Nach Angaben von Aktivisten seien die Restriktionen verschärft worden, nachdem im vergangenen Juni Angestellte des Technologiekonzerns Jasic für ihr Recht auf Gründung einer Gewerkschaft demonstriert hatten.
Nur noch Wohlfahrts-NGOs erlaubt
Der Soziologieprofessor Chris Chan von der Chinese University of Hong Kong sagte der SCMP, seit Beginn der Proteste seien mehr als 50 Jasic-Angestellte, aber auch viele Arbeitsrechts-Aktivisten und Studierende festgenommen worden. Ihnen werde vorgeworfen, die Proteste angestachelt zu haben. Die Regierung gehe aber bereits seit 2015 gegen Wanderarbeiter-NGOs vor. Viele hätten ihre Aktivitäten ganz einstellen müssen. Inzwischen existierten meist nur noch solche Organisationen, die sich auf wohltätige Dienstleistungen für Wanderarbeiter oder deren Familien beschränkten, etwa Unterricht für die Kinder der Arbeitsmigranten.
Die Hongkonger Arbeiterrechts-Organisation „China Labour Bulletin“ erklärte, es seien vor allem NGOs im Fokus der Behörden, die Arbeiter dabei unerstützten, sich zu organisieren. Das werde als Bedrohung der gesellschaftlichen Stabilität betrachtet. Der Politikwissenschaftler Manfred Elfström von der University of South California vermutet als weitere Ursache die zuletzt schwächelnde chinesische Wirtschaft. In dieser Situation wolle man Unternehmensleitungen vor Forderungen und Protesten der Belegschaft schützen.
Nach Einschätzung der Experten werden die Repressionen gegen Arbeitsrechts-NGOs auch in den kommenden Monaten anhalten. Zum 30. Jahrestag des Massakers auf dem Platz des Himmlischen Friedens und zum 70. Gründungsjubiläum der Volksrepublik im Oktober werde Peking keine Störung der öffentlichen Ordnung dulden.
Jeder dritte Arbeitnehmer ist Wanderarbeiter
Laut offiziellen Schätzungen gab es 2018 etwa 288 Millionen Wanderarbeiter in China, die aus ländlichen Gebieten auf der Suche nach einer Anstellung in die Städte ziehen. Sie machen rund ein Drittel der erwerbstätigen Bevölkerung aus. Nach wie vor gehen sie meist einer gering Entlohnten Beschäftigungen im Baugewerbe, in Fabriken oder als Haushaltsangestellte nach und werden im staatlichen Sozialsystem vielfach benachteiligt. So können Kinder von Wanderarbeitern häufig nicht am Arbeitsort der Eltern zur Schule gehen, außerdem ist der Zugang zu Gesundheitsleistungen beschränkt.
Deutschlandfunk
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