Gespräche in Genf noch sinnvoll? USA bereiten Syrien-Intervention vor

  25 Januar 2016    Gelesen: 707
Gespräche in Genf noch sinnvoll? USA bereiten Syrien-Intervention vor
Gewisse Kräfte in Washington stemmen sich gegen eine friedliche Lösung des Syrien-Konflikts, bei der Präsident Baschar al-Assad mindestens für die Übergangszeit an der Macht bleiben würde, schreibt die „Rossijskaja Gaseta“ am Montag.
Die Erklärung von US-Vizepräsident Joe Biden über eine Intervention in Syrien, die er wenige Tage vor einem in dieser Woche geplanten Treffen der syrischen Konfliktparteien in Genf abgab, hat diese Gespräche so gut wie sinnlos gemacht. Egal was das Weiße Haus jetzt sagt, um den negativen Effekt seiner Worte zu relativieren – es ist offensichtlich, dass Washington auf eine militärische Lösung setzt.
Nach einem Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten Ahmet Davutoglu sagte Biden: „Falls eine politische Regelung in Syrien nicht möglich sein sollte, sind wir bereit, eine militärische Lösung herbeizuführen und gegen den ‚Islamischen Staat‘ anzutreten.“

Verteidigungsminister Ashton Carter äußerte sich noch deutlicher: „Wir suchen nach jeglichen Möglichkeiten, um mehr zu tun. Dort in Syrien wird ein Bodeneinsatz beginnen.“ Nach seinen Worten „ist das eine strategische Frage. Wir müssen den dortigen Streitkräften in Syrien helfen, allerdings ohne sie zu ersetzen.“

Gegen wen die Amerikaner gemeinsam mit den sunnitischen Rebellen kämpfen wollen, sagte Biden ganz offen: gegen die Regierungstruppen Assads. Einen Tag später behauptete er allerdings auf einer Pressekonferenz, er wäre falsch verstanden worden, und die Amerikaner würden gegen den IS kämpfen. Das bedeute, dass es in der US-Politik „keinen Wandel“ gebe.

Diese kontroversen Aussagen des Weißen Hauses und des Pentagons zeugen von einem internen Machtkampf in Washington. Während die Diplomaten sich für eine Syrien-Regelung durch Verhandlungen einsetzen und den UN-Beauftragten für Syrien, Staffan de Mistura, bei dessen Bemühungen unterstützen, machen die Militärs kein Hehl daraus, dass es ihnen um einen militärischen Eingriff in Syrien unter dem Vorwand der IS-Bekämpfung geht.

Laut Quellen hat der russische Außenminister Sergej Lawrow bei seinem jüngsten Treffen mit Kerry in Zürich direkt gefragt, ob die Amerikaner an einer territorialen Integrität Syriens interessiert sind, und eine positive Antwort erhalten. Zu diesem Thema stehen Moskau und Washington also auf ähnlichen Positionen, wie auch dazu, dass die syrischen Konfliktseiten am Verhandlungstisch zusammenkommen sollten und dass sich mit der Organisation der Gespräche de Mistura befassen sollte. Die Außenämter beider Länder werden ihn dabei unterstützen.

Ganz anders ist allerdings das Pentagon eingestellt, das gegen jegliches strategisches Zusammenwirken zwischen amerikanischen und russischen Militärs in Syrien auftritt.

Wie Carter jüngst sagte, werden die Amerikaner ihre Koalitionspartner über die Einzelheiten der geplanten Bodenoffensive in Syrien informieren. Russland gehört jedoch nicht zu ihnen, „weil es nach wie vor das aktuelle Regime in Damaskus unterstützt“. Das bedeutet, dass das Vorgehen der USA im Nahen Osten zu kaum vorhersagbaren Folgen führen könnte, sogar zu einem militärischen Konflikt zwischen russischen und amerikanischen Militärs in Syrien.

Die syrisch-syrischen Gespräche in Genf hält man im Pentagon für eine Zeitvergeudung. Nach „Times“-Angaben befassen sich die Amerikaner inzwischen mit dem Umbau eines kleinen Flugplatzes im Nordosten Syriens in einen Fliegerstützpunkt, wo unter anderem mittelgroße Militärfrachtflugzeuge landen könnten.

Einige Kräfte in Washington scheinen sich auf eine Aufteilung Syriens und des Iraks vorzubereiten. Und auf diese Realität müssten die russischen und amerikanischen Diplomaten Rücksicht nehmen.

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