„Größter Crash aller Zeiten“ – Ökonom warnt vor Staatsanleihen-Blase

  02 Auqust 2019    Gelesen: 979
    „Größter Crash aller Zeiten“   – Ökonom warnt vor Staatsanleihen-Blase

Bis 2023 kommt es zum großen Crash, der das Finanzsystem, wie wir es kennen, umwälzt. Mit über 60 Billionen US-Dollar sind die Staatsschulden maßgeblich an diesem drohenden Kollaps beteiligt. Diese Überzeugung vertritt der Buchautor und Ökonom Marc Friedrich. Sputnik hat mit ihm gesprochen.

Das weltweite Finanzsystem steht kurz vor seinem Crash – diese Gefahr betont der Ökonom und Buchautor Marc Friedrich in einem neuen Video. Besonders verantwortlich für den drohenden Knall ist aus seiner Sicht eine gigantische Staatsanleihenblase in einer Höhe von bereits über 60 Billiarden US-Dollar.

„Staaten müssen investieren, müssen sich verschulden, um notwendige Investitionen zu finanzieren, falls die Steuergelder nicht so üppig sprudeln“, erklärt Friedrich im Sputnik-Interview. Investitionen in Infrastruktur und Bildung etwa würden oft vorfinanziert, wenn die Steuern nicht zur Hand sind. Das geschehe über Staatsanleihen.

Diese als sicher geltenden Papiere kaufe dann zu 90 Prozent die Finanzbranche, bestehend aus Versicherungen, Investoren, Hedgefonds, auf und wandle die Summen in Produkte wie Lebensversicherungen oder Rentenversicherungen um. Beteiligt sind an diesen Vorgängen so ziemlich alle, denn: „Im Endeffekt hat das jeder Bürger im Portfolio, wenn er zum Beispiel eine Lebensversicherung hat oder ein Rentenpapier“, so Friedrich.

An diesem Prozedere wäre auch nichts Verwerfliches, wenn die Staaten imstande wären, die Investitionen wieder zurückzugeben – mit entsprechendem Gewinn als Zins. Aber derzeit stehen die Dinge anders und die Frage stellt sich, wie sicher die sichere Anlage der Staatsanleihe eigentlich ist: „Wir erleben gerade die größte Blase aller Zeiten, das ist die Staatsanleihenblase. Die Staaten haben sich seit 2008 immer weiter verschuldet. Der Schuldenberg weltweit ist auf 250 Billionen Dollar gestiegen. Das ist das Dreifache des weltweiten Bruttosozialprodukts, also was die Welt in einem Jahr an Waren und Dienstleistungen produziert“, betont der Ökonom.

Anstatt aber das Rad sofort anzuhalten, haben sich Staaten und die Finanzwelt seit 2008 in einen Teufelskreis gestürzt, bei dem in erster Linie die Anleger Verlierer sind. „Um die Banken zu retten, haben sich die Staaten massiv bis zur Halskrause verschuldet, um das Geldsystem weiterhin am Laufen zu halten.“ Als große Schuldner führt Friedrich die USA mit 23 Billionen, Deutschland mit zwei Billionen und Italien mit 2,3 Billionen US-Dollar im roten Bereich an.

Die Folge: Immer weiter sinkende Zinsen auf Schulden, ein Abfall auf Nullzinsen, teilweise schon Negativzinsen – alles, damit die Staatswirtschaften weiter laufen, damit es zu keiner Rezession und zum großen Crash kommt. Das einzige Problem ist: Das Vertrauen der Anleger in dieses System wird immer weiter geschwächt „Wir haben kein Geldsystem mehr, das mit Gold gedeckt wird, sondern es wird gedeckt mit Vertrauen und dieses Vertrauen wurde seit Jahren von oberster Stelle gebrochen. Irgendwann wird ein großer Player sagen: Ich trau der Sache nicht mehr, ich nehme mal die Chips vom Tisch und dann wird das Ganze wie ein Dominospiel umfallen und die Menschen werden das Vertrauen in dieses ungedeckte Papiergeldsystem verlieren.“

Der Trick von 2008, Geld nachzudrucken und die Krise in die Zukunft hinauszuschieben, werde nicht ewig funktionieren. Bereits die letzten zehn Jahre sind aus Sicht des Ökonomen „sehr teuer erkauft“: „Wir haben eine Nullzinsphase, wir haben in Zukunft eine Altersarmut, weil die notwendigen Renten fehlen. Die Lebensversicherungen sind kaputt gegangen, das Bankensterben wird um sich greifen, niemand kann für das Alter vorsorgen, es gibt keine risikolosen Anlagen mehr. Und parallel haben wir eine weitere Finanzmarktblase generiert und zwar im Bereich Aktien und Immobilien. Kein Normalverdiener mehr kann sich eine Immobilie leisten in den großen Ballungsgebieten Deutschlands. Man hat volkswirtschaftliche Schadensmaximierung betrieben, einfach, um ein paar Jahre „Party“ zu haben, damit die Börse weiter nach oben steigt. Das wird uns natürlich böse auf die Füße fallen“, ist er überzeugt.

Es sei ein simples mathematisches Prinzip, das sich auf Dauer seine Geltung zurückholt, das lautet: Man kann Schulden nicht mit immer neuen Schulden bezahlen. Deswegen glaubt Marc Friedrich auch: „Das wird mit einem historisch großen Crash enden.“ Sein neues Buch, das im Oktober erscheinen soll, trägt ganz in diesem Sinne den Titel „Der größte Crash aller Zeiten“ und vereinigt die Analysen der letzten Jahre, die er und sein Kollege Matthias Weik durchgeführt haben. Eine Veränderung tut aus seiner Sicht dringend Not: Mit jedem Tag, mit dem wir an diesem falsch gestrickten System festhalten, werden die Kollateralschäden größer: gesamtwirtschaftlich, gesellschaftlich und politisch.“

Seine Sicht findet er durch die Senkung des Zinssatzes in den USA durch das Federal Reserve System (Fed) von 2,25 Prozent auf 2,0 am Mittwoch bestätigt. Friedrich prognostiziert für die Zukunft einen Negativzins für die Vereinigten Staaten in einer Höhe von -1,5 Prozent und in Europa von mindestens -4. Bei solchen Sätzen kann es nicht lange gut gehen: „Es wird einen Kollaps unseres jetzigen Banken- und Finanzsystems geben, was aber normal ist, weil es Zyklen sind. Unser jetziges Geldsystem ist halt am Ende, in der Spätphase, im sogenannten Crackup-Boom, im letzten Zyklus. Und dann gibt es ein neues System und die Welt wird nicht untergehen – um Gottes willen, aber es wird die größte Vermögensumverteilung und -vernichtung der Geschichte sein“, so der Ökonom.

Auf die Frage, warum manche Anleger selbst noch bei Negativzinsen investieren, antwortet der Buchautor: „Diejenigen, die es ganz lange halten, die haben vielleicht eine ganz andere Rechnung auf dem Schirm: In Deutschland kriege ich zwar -0,4 Prozent, ich erwarte aber, dass in den nächsten zehn Jahren der Euro umkippt und wir einen enormen Börsencrash erleben oder Staatspleiten. Dann ist natürlich die Investition in eine sichere Staatsanleihe wie Deutschland mit -0,4 ein Bombengeschäft. Wenn alles andere um mich herum, 20, 50, 80 Prozent verliert und ich nur 0,4 – dann bin ich ja der König. So rechnen auch manche Marktteilnehmer“, ist er sich sicher.

Friedrich und Weik haben in Form von Modellen ein Zeitfenster für den Crash berechnet, das sich bis 2023 erstreckt. Bis dahin wird es aus Friedrichs Sicht zum großen Crash kommen. Aber dieser könne auch früher eintreten: „Auslöser kann alles Mögliche sein. Es kann eine systemrelevante Bank sein, die umkippt, wie die Deutsche Bank, die dann einen fatalen Dominoeffekt auslöst, weil wir durch die globalen Zahlungsströme weltweit miteinander verbunden sind. Es kann sein, dass Italien aus dem Euro ausschert. Es kann sein, dass die Zinsen massiv gesenkt werden müssen, weil wir eine Rezession haben, die ist ja schon am Horizont“, so der Ökonom.

sputniknews


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