Das Kommando Spezialkräfte der Bundeswehr (KSK) gerät wegen rechtsextremer Soldaten in den Reihen der Eliteeinheit zunehmend ins Visier des Militärgeheimdienstes MAD. In einem vertraulichen Schreiben an das Parlamentarische Kontrollgremium des Bundestags informierte Staatssekretär Gerd Hoofe, die steigende Zahl von MAD-Ermittlung gegen mutmaßlich rechtsextreme KSK-Soldaten mache "weitergehenden Handlungsbedarf deutlich".
Das Schreiben von Hoofe ist in nüchternem Ton verfasst. Übersetzt aus der Beamten-Sprache aber illustrieren seine Sätze die Sorge im Ministerium. So schreibt Hoofe, dass die Zahlen von MAD-Ermittlungen gegen rechtsextreme Soldaten konstant seien. Ausgerechnet die Eliteeinheit KSK aber habe sich aktuell zum "Arbeitsschwerpunkt" des MAD entwickelt. MAD-Präsident Christof Gramm hatte bereits im Januar berichtet, die Verdachtszahlen beim KSK seien viel zu hoch.
Hintergrund der Warnung von Hoofe sind nach SPIEGEL-Informationen immer neue Ermittlungen gegen aktive Kommandosoldaten. Führte der MAD Anfang des Jahres noch rund ein Dutzend Soldaten als sogenannte Verdachtsfälle, ist diese Zahl mittlerweile auf weit über zwei Dutzend gestiegen. Für eine kleine Einheit, die nur rund 1100 Angehörige hat, sind diese Zahlen "überdurchschnittlich hoch", heißt es in Sicherheitskreisen.
Schweinekopf-Weitwurf und Rechtsrock
Als Verdachtsfall bezeichnet der MAD Soldaten, wenn es ernstzunehmende Hinweise gibt, dass diese ein rechtsextremes und verfassungsfeindliches Weltbild haben. Dabei stuft der MAD die Fälle in verschiedene Farbstufen ein: Mit Rot werden erkannte Rechtsextremisten geführt, die aus der Bundeswehr entlassen werden. Darunter gibt es allerdings auch Schattierungen von Gelb, in diesen Fällen werden meist zunächst Disziplinarstrafen oder ein Beförderungsverbot verhängt.
Beim KSK wird nach Angaben des MAD aus dem Frühjahr gegen eine Handvoll Soldaten ermittelt, weil diese im April 2017 an einer mehr als geschmacklosen Abschiedsfeier für einen scheidenden Kommandeur teilgenommen hatten. Laut einer Zeugin soll nach einem Parcours-Lauf, bei dem ein Schweinekopf-Weitwurf auf dem Programm stand, Rechtsrock gelaufen sein. Der Kommandeur wurde mittlerweile mit einem Strafbefehl belegt.
Wie valide die vielen neuen Verdachtsfälle abseits dieser Gruppe von Soldaten sind, soll der MAD diese Woche im geheim tagenden Kontrollgremium des Bundestags erklären. Dort war das KSK in den vergangenen Monaten immer wieder Thema und bei vielen Abgeordneten entstand der Eindruck, dass die MAD-Ermittlungen zu lasch geführt werden. Ende September dann reist das Gremium, das die Arbeit der Geheimdienste kontrollieren soll, zum Ortstermin beim MAD in Köln.
Schwierige Ermittlungen in der geheimsten Bundeswehreinheit
Für den MAD, als kleinster Geheimdienst des Bunds für die Abwehr von extremistischen Soldaten zuständig, sind die Recherchen innerhalb des KSK schwierig. Anders als bei anderen Einheiten gibt es keine Dienststelle in der KSK-Kaserne in Calw, zudem gilt die Eliteeinheit als extrem verschlossen. Statt sich an Vorgesetzte oder gar an die Disziplinarermittler zu wenden, klärt man Vorfälle hier lieber unter sich. Gerade vor diesem Hintergrund wirken die Sätze von Staatssekretär Hoofe besonders düster.
Das Kommando Spezialkräfte ist die geheimste Einheit der Bundeswehr. Über die Operationen der Kommandokrieger wird auch der Bundestag nur kursorisch unterrichtet, geschult sind die Elitekrieger vor allem für Geiselbefreiungen im Ausland und für den Kampf hinter feindlichen Linien. Daneben sind KSK-Kräfte auch bei fast allen Auslandsmissionen der Bundeswehr im Einsatz, sie sollen vor allem den Schutz der anderen Soldaten sicherstellen.
Gerade in Bezug auf das KSK steht der MAD seit Monaten unter Druck. So wurde im Februar zwar ein Offizier der Eliteeinheit suspendiert, weil er nach MAD-Ermittlungen eindeutig als Anhänger der rechtsextremen "Identitären Bewegung" erkannt wurde. Im Nachhinein aber wirkte die Entlassung von Oberstleutnant Daniel K. als reichlich späte Maßnahme, denn schon 2007 hatte er einer kritischen Soldaten-Vereinigung schriftlich gedroht und einen Einblick in sein Weltbild gegeben.
Damals beschimpfte K. einen kritischen Soldaten als "Feind im Inneren". Die Zeilen aus dem Brief, der damals auch seinen Vorgesetzten vorlag, waren nicht weniger als eine Todes-Drohung. "Sie werden beobachtet, nein nicht von impotenten instrumentalisierten Diensten, sondern von Offizieren einer neuen Generation, die handeln werden, wenn es die Zeit erforderlich macht", schrieb K. Den Brief unterschrieb er mit den Worten "Es lebe das heilige Deutschland".
Quelle : spiegel.de
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