FC Bayern spielt Spitze, aber RB ist Spitze

  15 September 2019    Gelesen: 1147
FC Bayern spielt Spitze, aber RB ist Spitze

Der FC Bayern spielt eine fast perfekte erste Halbzeit und belohnt sich nicht. Im Topspiel des 4. Spieltags der Fußball-Bundesliga gibt's ein Remis bei RB Leipzig. Die Mannschaft von Trainer Julian Nagelsmann kommt erst ins Spiel, als der Coach das System ändert.

Was ist im Leipziger Stadion passiert?


Eine fantastische, eine fast perfekte erste Halbzeit hat der FC Bayern gespielt. So sahen es die 41.939 Zuschauer im Stadion. So sah es Coach Niko Kovac. Und so sah es TV-Experte Lothar Matthäus. Sie alle sahen aber auch, dass sich der FC Bayern damit trotzdem nur einen Zähler im Topsiel bei RB Leipzig (1:1) verdiente. Es ist am 4. Spieltag der Fußball-Bundesliga die bereits zweite Punkteteilung des Deutschen Meisters. Und anders als noch zum Auftakt gegen die Hertha aus Berlin war diese durchaus in Ordnung. Denn auf das Beinah-Optimum in den ersten 45 Minuten - ein Elfmeter in der Nachspielzeit entwertete die gefühlte Perfektion - folgte eine äußerst rasante zweite Hälfte, in der RB Leipzig den endgültigen Nachweis brachte, dass sie den Münchnern (und damit auch dem BVB) im Streben nach Titeln gefährlich werden können. Tabellarisch ist das aktuell so fixiert: 1. RB Leipzig, 2. Borussia Dortmund, 3. FC Bayern.

Unseren Spielbericht gibt's hier!

Teams & Tore


Tore: 0:1 Lewandowski (3.), 1:1 Forsberg (45.+3, Foulelfmeter)
RB Leipzig: Gulasci - Orban, Konate, Mukiele - Halstenberg, Laimer, Forsberg (69. Nkunku), Klostermann (46. Demme)  - Werner, Poulsen (81. Cunha), Sabitzer; Trainer: Nagelsmann.
FC Bayern: Neuer - Pavard, Süle, Boateng, Hernandez - Kimmich, Thiago (88. Coutinho) - Gnabry (62. Davies), Müller (63. Tolisso), Coman - Lewandowski; Trainer: Kovac.
Schiedsrichter: Stegemann (Niederkassel)
Zuschauer: 41.939 (ausverkauft)

Der Spielfilm

3. Minute, TOOOOR FÜR DEN FC BAYERN, 0:1 Robert Lewandowski: Nun, es ist halt so: Wenn Robert Lewandowski alleine auf das Tor zu läuft, dann muss sehr viel passieren, damit kein Tor fällt. Passiert ist aber in dieser 3. Minute nicht sehr viel, was also bedeutet, dass ein Tor gefallen ist. Wir sollten aber nicht allzu viel Zeit auf dieses wenig aufregende Ereignis verwenden. Denn deutlich mehr Aufmerksamkeit verdient das, was vorher passiert ist. Thomas Müller, der am Freitag bereits 30 Jahre alt geworden war, hatte sich in typisch Müller'scher Schleicherei den Ball erkämpft. Er hatte ihn gegen die Rückholvehemenz von Lukas Klostermann verteidigt und dann in kurioser Körperwirrung noch den langen Pass durch zwei Verteidiger in den sehr freien Laufweg seines Torjägers gespielt.

39. Minute: Nun, es ist halt so: Wenn Robert Lewandowski einen Elfmeter schießen darf, dann muss sehr viel passieren, damit kein Tor fällt. Und passiert ist in dieser 39. Minute sehr viel. Was indes weit weniger den Aufwand als den Ertrag betrifft. Schiedsrichter Sascha Stegemann bekommt nämlich aus Köln den Tipp, sich mal kurz zum Videorekorder (wir nennen das jetzt mal so) zu bewegen. Was er dort sieht? Er sieht, wie Lucas Hernandez (am Ball) im Strafraum der Leipziger voll durchzieht, während Marcel Sabitzer kurz vor dem Münchner abbremst und abstoppt. Eigentlich hatte Stegemann gedacht, dass es andersrum gewesen sei (also das mit dem durchziehen und abbremsen). Nun nimmt er alles zurück. Wobei alles nur der Elfmeter ist. Aber das ist ja auch einiges.

45 + 3. Minute, TOOOOR FÜR RB LEIPZIG, 1:1 Emil Forsberg: Das weltmeisterliche Bein von Hernandez verheddert sich im Oberschenkel von Yussuf Poulsen. Der fällt. Stegemann pfeift. Forsberg trifft. Es war jetzt offiziell nicht der erste Torschuss der Leipziger. Aber irgendwie doch schon. Sie können sich nun also zusammenreimen, dass der Ausgleich sich a) nicht angedeutet hat und b) nicht verdient ist.

52. Minute: An dieser Stelle müssen wir interpretieren. Und zwar das, was Kingsley Coman da macht. Er befindet sich auf der rechten Seite, leicht versetzt vom Tor und etwa zehn Meter entfernt. Das ist per Schuss eine gute Gelegenheit zur Führung. Was der Franzose dann aber macht, ist etwa Folgendes: Er schießtpasstspekuliert - er schießt aufs Tor, er passt auf Lewandowski auf, und er spekuliert auf ein Eigentor von Ibrahima Konaté. Der stellt seinen Fuß auf der Torlinie aber in einen so geschickten Winkel, dass er den Ball zur Ecke klärt. Das war bemerkenswerter, als es sich vielleicht liest.

60. Minute: Marcel Sabitzer schießt aus Distanz. Lothar Matthäus sagt, es waren 27 Meter. Der Ball flattert - bei laut Deutschem Wetterdienst gerade einmal fünf Stundenkilometern Wind muss das Geflatter etwas mit der Schusstechnik des Österreichers zu tun haben - so wild durch die Luft, dass Manuel Neuer das Geschoss nur mit einer höchst eigenartigen Armbewegung parieren kann.

64. Minute: Der eingewechselte Alphonso Davies spielt im Strafraum auf den ebenfalls eingewechselten Corentin Tolisso weiter. Der zieht direkt ab, aber auch Peter Gulasci im Leipziger Tor kann das mit den gewinnbringenden Armbewegungen.

65. Minute: Timo Werner, Schuss, zisch - ganz knapp vorbei.

78. Minute: Coman zieht von der Strafraumgrenze ab. Der Schuss wäre für Gulasci wohl nicht so arg schwer zu entschärfen gewesen. Weil aber sein Vordermann Christopher Nkunku den Ball abfälscht, ist es für Gulasci doch arg schwer, den Schuss zu entschärfen. Mit Hilfe des Lattenkreuzes meldet der Ungar aber eine Winzigkeit später: Mission Completed.

89. Minute: Timo Werner, Schuss, zisch - voll auf Neuers Brust.

90 +2. Minute: Joshua Kimmich löffelt einen Freistoß auf den Kopf von Niklas Süle. Süle löffelt den Freistoß von Kimmich per Kopf an den Pfosten. Kloong. Abpfiff. Pfff.

Was war gut?

Selbst Karl-Heinz Rummenigge musste in der ersten Halbzeit einsehen: Dieser Niko Kovac, der kann das mit dem Coachen wohl doch ganz gut. Zwar hatte der Klubchef ja im Sommer überraschend betont, dass er seinem Trainer ja nie etwas Böses wollte, aber deutschlandweit hatte sich bereits das Bild verfestigt, dass jede nächste Krise das Ende von Kovac bedeuten könnte. Nun steht das Thema Krise aktuell nicht auf der Tagesordnung des FC Bayern. Vielmehr lässt sich sehr viel Zeit auf den Tagesordnungspunkt Dominanz verwenden. Selbst die größten Twitterpessimisten gaben ihre peinliche Gegenwehr auf und erkannten: Das, was der FC Bayern da spielt, das ist ziemlich und sehr beeindruckend. Ultradominant, brutal im Gegenpressing, sehr variabel in der Eröffnung. Spielt so eine Top-Mannschaft? Ja, so spielt eine Top-Mannschaft! 446 gespielte Pässe, eine Erfolgsquote von 91 Prozent und mehr als dreimal so viel Ballbesitz wie der Gegner - das liest sich prächtig, oder nicht? Eine Top-Mannschaft, das ist aber wohl auch Teil der Wahrheit, erspielt sich bei so viel Dominanz aber auch mehr als bloß zwei richtig, richtig gute Torchancen. Falls Sie es im Spielfilm vermissen: Nach 15 Minuten köpfte Lewandowski ziemlich frei über das Tor. Eingeleitet hatte den Angriff der gute Gulasci mit einem nicht so guten Fehlpass.

Was war noch gut?


Bis zur Pause hieß diese Unterkategorie noch: Was war nicht gut. Und wir hätten ihr Leipzigs Trainer Julian Nagelsmann bedenkenlos zugeordnet. Denn seine Idee mit einer defensiven Fünferkette ging überhaupt nicht auf. Fast wirkte es so, als habe er seiner Mannschaft eine Teilnahmeberechtigung an diesem Duell untersagt. Doch urteile nie vorschnell. Denn in der Kabine reagierte Nagelsmann, stellte auf Viererkette um, stärkte das Mittelfeldzentrum. Die Gastgeber waren präsent und griffen über den sehr auffälligen Nordi Mukiele vehement über die rechte Seite an. Leipzig war, Obacht, beflügelt, die Bayern seltsam ratlos. Mindestens eine Viertelstunde fanden die Münchner keine Antwort auf die Umstellungen der Nagelsmann-Mannschaft. Erst danach entwickelte sich ein rasanter und offener Schlagabtausch.

Der Ärger des Abends


Für den war Manuel Neuer verantwortlich. Der Nationalmannschaftskapitän hat nämlich die Kritik seines Torhüterkollegen Marc-Andre ter Stegen harsch zurückgewiesen. "Er hat bei der Nationalmannschaft nichts gesagt, der Mannschaft hilft das nicht. Wir Torhüter müssen zusammenhalten", sagte er nach dem Topspiel bei Sky. Ter Stegen hatte nach seiner erneuten Rolle als Bankdrücker bei den EM-Qualispielen gegen die Niederlande und in Nordirland seinem Frust freien Lauf gelassen. "Es ist nicht einfach, eine Erklärung für das zu finden, was ich erlebe. Ich gebe in jedem Spiel mein Bestes, um die Entscheidung zu erschweren. Ich versuche trotzdem alles, aber diese Reise mit der Nationalmannschaft war ein harter Schlag für mich."

Quelle : n-tv.de


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