Ladekabel, Tischdeko, Putzlappen: Das gibt es superbillig im Internet zu bestellen. Für ein paar Euro kommt es oft direkt aus China in den heimischen Briefkasten, immer häufiger auch nach Deutschland. Allein bei Elektronikartikeln dürften es nach Branchenschätzungen 70 Millionen kleine Warensendungen sein, die jedes Jahr aus China in Deutschland ankommen.
Dass europäische Onlineanbieter bei den Preisen nicht mithalten können, liegt auch an dem spottbilligen Porto, das chinesische Händler für Warensendungen bis zwei Kilogramm zahlen müssen. Post von Peking nach Potsdam ist billiger als von Paderborn nach Plauen. In Genf startet an diesem Dienstag eine Krisensitzung des Weltpostvereins, der die Gebühren bei internationalen Postsendungen regelt. Die USA haben gedroht, das fast 150 Jahre alte einvernehmliche System zu sprengen. Sie wollen im Oktober aus der Organisation mit 192 Mitgliedsländern austreten, wenn die Billigpost aus China nicht unterbunden wird.
US-Onlinehändlern ist längst der Kragen geplatzt. "US-Unternehmen zahlen mehr als chinesische Firmen für Lieferungen an amerikanische Verbraucher", sagte schon 2015 Paul Misener, Vorstandsmitglied des Onlinehändlers Amazon, bei einer Anhörung im US-Kongress. "Der daraus resultierende Wettbewerbsnachteil ist unfair und unlogisch."
Kein Problem bis zum Online-Boom
Der Weltpostverein hat die Länder der Welt in vier Kategorien eingeteilt. Die Industrieländer sind in der obersten Kategorie, die ärmsten Länder in der untersten. Leitgedanke war, die ärmeren Länder zu begünstigen, um die weltweite Kommunikation zu fördern. Beispiel Haiti: Wenn jemand aus dem bitterarmen Land etwas nach Deutschland schickt, muss die haitianische Post der Deutschen Post DHL, die Briefe an die deutsche Adresse liefert, sehr wenig zahlen. Für den gleichen Brief etwa aus den USA bekäme die Deutsche Post DHL deutlich mehr.
China ist beim Weltpostverein in der zweituntersten Kategorie. Das war lange kein Problem, bis der Onlinehandel in den vergangenen Jahren zu boomen begann. "Amerika ist das größte Opfer", schrieb Peter Navarro, Wirtschaftswissenschaftler und Berater von US-Präsident Donald Trump, in einem Beitrag für die "Financial Times".
Der deutsche Branchenverband für E-Commerce und Versandhandel (BEVH) kritisiert die unfaire Konkurrenz aus China. "Wir schätzen, dass allein Elektrogeräte im Wert von mehr als einer Milliarde Euro im Jahr direkt aus China an private Haushalte in Deutschland geliefert werden", sagt BEVH-Präsident Gero Furchheim. Neben den niedrigen Portogebühren sei ein weiterer Grund für die niedrigeren Preise chinesischer Anbieter, dass diese oft Sicherheitsstandards und vor allem die Umsatzsteuer umgingen.
Mengengeschäft bringt Profit
Die Postunternehmen in den reichen Ländern haben keine ganz eindeutige Haltung zu den Warensendungen aus China. Viele machen zwar Verluste, wittern aber auch ein Zukunftsgeschäft. "Auch, wenn die Entschädigungen für die Sendungen aus Asien noch niedrig sind, lohnt sich das Geschäft für die Post, weil es sich dabei um ein Mengengeschäft handelt", schrieb etwa die Schweizerische Post in ihrem Geschäftsbericht 2017.
"Die Deutsche Post wird sich für eine Lösung einsetzen, die auch weiterhin kalkulierbare Preise für die Kunden im internationalen Postversand sicherstellt und den Online-Handel unterstützt", sagt ein Sprecher in Bonn.
Was verlangen die USA nun? Dass die Gebühren ohnehin bis 2021 harmonisiert werden sollten, reicht ihnen nicht. "Den USA muss erlaubt werden, ihre eigenen Gebühren festzulegen, damit das Postunternehmen sich die entstehenden Kosten bei den Absendern aus anderen Ländern erstatten lassen kann", so US-Unterhändler Navarro.
Wenn die Mitgliedsländer dem nicht zustimmen und bis Donnerstag keinen Kompromiss finden, scheiden die USA am 17. Oktober aus der Organisation aus. Wird in Postverteilzentren dann Chaos ausbrechen? "Wenn die USA austreten, könnten kleine Unternehmen, die Ware online an Kunden in aller Welt verschicken, Unterbrechungen und dramatisch höhere Kosten bei der US-Post erleben", warnte der Online-Marktplatz Ebay. Die USA müssten künftig Einzelverträge mit allen Ländern über die Postbeförderung abschließen.
Quelle: n-tv.de
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