Schüsse rund um Grenzstadt in Nordsyrien trotz Pakt USA/Türkei

  18 Oktober 2019    Gelesen: 579
Schüsse rund um Grenzstadt in Nordsyrien trotz Pakt USA/Türkei

Ceylanpinar (Reuters) - Trotz des Pakts der USA mit der Türkei zum Vorgehen in Syrien ist es am Freitag nahe der nordsyrischen Grenzstadt Ras al Ain zu Schüssen und Artilleriefeuer gekommen.

Aus einem Teil der Stadt stieg zudem Rauch auf. Der Hintergrund war zunächst ebenso unklar wie die Frage, ob es Opfer oder Schäden gab. Die USA und die Türkei hatten sich am Donnerstag auf Schritte geeinigt, die zu einer Beruhigung der Lage in der zuletzt umkämpften Region in den kommenden fünf Tagen sorgen soll. Washington und Ankara interpretierten den Pakt aber unterschiedlich: Während die USA von einer “Waffenruhe” sprachen, lehnte die Türkei diesen Begriff ab und erklärte, es gehe um eine “Pause” ihrer Offensive von fünf Tagen, um “Terroristen” in der Region den Abzug zu ermöglichen. Auch war unklar, ob die von der Kurden-Miliz YPG angeführten Kämpfer der SDF die Vereinbarung akzeptieren.

Am Donnerstag hatte US-Vizepräsident Mike Pence nach einem Treffen mit dem türkischen Ministerpräsidenten Recep Tayyip Erdogan in Ankara erklärt, binnen 120 Stunden solle sich die kurdische Miliz YPG aus der Region zurückziehen. Sobald sie sich vollständig aus der in Nordsyrien geplanten Sicherheitszone zurückgezogen hätten, werde das türkische Militär seinen Einsatz komplett einstellen. Es seien US-Soldaten im Einsatz, um einen friedlichen Abzug der YPG-Miliz zu organisieren.

Der türkische Außenminister Mevlut Cavusoglu sagte, es sei verabredet, dass die Türkei die Kontrolle über die geplante Sicherheitszone übernehme. Die Zone solle eine Tiefe von 32 Kilometern ab der türkischen Grenze haben und auch die Gebiete östlich des Euphrat bis zur irakischen Grenze umfassen. Schwere Waffen der YPG sollten eingesammelt und deren Stellungen zerstört werden. Die Türkei habe alles bekommen, was sie wollte.

Die YPG-Kämpfer waren der wichtigste Verbündete der USA im Kampf gegen die Extremistengruppe Islamischer Staat in Syrien. Viele US-Politiker werfen Trump vor, den Verbündeten im Stich gelassen zu haben. Zudem konnten Russland und der syrische Präsident Baschar al Assad ihre Positionen in Nordsyrien ausbauen, nachdem sie von den Kurden angesichts der türkischen Offensive zu Hilfe gerufen worden waren. Nach Angaben des Roten Kreuzes haben seit Beginn der türkischen Offensive Anfang Oktober 200.000 Zivilisten die Flucht ergriffen.

Die von der YPG angeführten Syrischen Demokratischen Kräfte (SDF) erklärten, man werde tun, was nötig sei, damit der Pakt funktioniere. Das Abkommen umfasse aber nicht die Ziele der türkischen Offensive, sagte SDF-Kommandeur Mazloum Kobani dem Sender Ronahi TV. Es sei begrenzt auf das Gebiet zwischen den Grenzstädten Ras al-Ain und Tal Abjad. Die Türkei strebt dagegen die Einrichtung einer Sicherheitszone entlang des kompletten Verlaufs der türkisch-syrischen Grenze an.

Kritiker von Trumps Abzugs-Entscheidung fürchten auch, dass IS-Kämpfer, die bislang auf dem Gebiet in Nordsyrien gefangen gehalten wurden, freikommen und neue Anschläge planen könnten. Trump hatte angesichts der Kritik erklärt, er werde die türkische Wirtschaft “vollständig zerstören”, sollte die Türkei etwas tun, was er als falsch bewerte. Erdogan hatte zuletzt allerdings gesagt, US-Sanktionen sorgten ihn nicht. Auch nach dem Pakt vom Donnerstag erklärte die türkische Seite, keinerlei Zugeständnisse gemacht zu haben. “Wir haben genau das bekommen, was wir wollten”, sagte ein Regierungsvertreter. Trump hingegen twitterte: “Dies ist ein großer Tag für die Zivilisation.” Millionen Menschenleben würden gerettet.


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