Nach Protesten gegen Fahrpreiserhöhung: Chile sagt Klimagipfel ab - Bonn als Ersatzort?

  31 Oktober 2019    Gelesen: 620
Nach Protesten gegen Fahrpreiserhöhung: Chile sagt Klimagipfel ab - Bonn als Ersatzort?

Der UN-Klimagipfel sowie der Asien-Pazifik-Gipfel drohen wegen den schweren sozialen Protesten in Chile auszufallen. Bei der Suche nach einer Alternative richten sich die Blicke auch auf Bonn: Vor zwei Jahren ist die Stadt bereits Ersatzort für Klimadiplomaten gewesen.

Das südamerikanische Land hat der DPA zufolge die Ausrichtung der beiden Konferenzen im Dezember bzw. im November abgesagt. Staatschef Sebastián Piñera teilte am Mittwoch mit, die Regierung müsse sich nun der Befriedung sowie notwenigen Reformen widmen, um den Forderungen der Demonstranten gerecht zu werden.

Die schwedische Klimaaktivistin Greta Thunberg zeigte sich bereits von der Absage überrascht. Sie schrieb auf Twitter, sie habe sich schon auf den Weg durch den nordamerikanischen Kontinent in Richtung Santiago de Chile gemacht. Sie müsse nun abwarten, wie es weitergehe. Der Klimagipfel sollte von 2. bis 13. Dezember in der Hauptstadt Santiago stattfinden. Bei den jährlichen Treffen der Klima-Diplomaten wird die Umsetzung des Pariser Klimaabkommens behandelt.

Nun richten sich die Blicke auch auf Deutschland. Nordrhein-Westfalen mit dem UN-Standort Bonn sei bereit einzuspringen, sagte ein NRW-Regierungssprecher. Das Klimasekretariat der Vereinten Nationen sitzt derzeit in Bonn. Der Sprecher von UN-Generalsekretär António Guterres, Farhan Haq, wolle nicht darüber spekulieren, ob der Gipfel gegebenenfalls im UN-Hauptquartier in New York veranstaltet oder gar verschoben werde. Das Bundesumweltministerium äußerte sich zurückhaltend und erklärte, es sei zu früh, um zu mutmaßen, welche Entscheidung die UN treffe. Die Umweltorganisation BUND forderte allerdings von der Bundesregierung, „jetzt einzuspringen und die Klimakonferenz am UN-Standort Bonn ausrichten“. Auch FDP-Fraktionsvize Alexander Graf Lambsdorff meinte, Angela Merkels Kabinett müsse jetzt zeigen, dass es „es mit dem Klimaschutz ernst meine und die Konferenz deshalb schnellstmöglich nach Deutschland hole“. Entwicklungsminister Gerd Müller (CSU) schlug seinerseits gegenüber der DPA vor, die Klimakonferenzen könnten doch lediglich alle zwei Jahre stattfinden. Die Absage sei bedauerlich, sei aber auch eine Gelegenheit, über das Format nachzudenken, sagte der CSU-Politiker der Nachrichtenagentur. Es könne ja nicht zeitgemäß sein, dass jedes Jahr 20.000 Menschen für 14 Tage einmal um die Erde fliegen würden.

Die andauernde Protestwelle startete vor einigen Wochen in Chile mit einer kleineren Protestaktion gegen die Preiserhöhung im öffentlichen Nahverkehr. Zehntausende Einwohner gingen dann mit ihrem grundsätzlichen Frust über niedrige Löhne und Renten, hohe Lebenshaltungskosten und ungleiche Verteilung des Wohlstands gegen die Mächtigen des Landes protestieren, fordern soziale Reformen sowie den Rücktritt des Präsidenten Piñera. Am Freitag waren über eine Million Menschen in Santiago de Chile auf die Straße gegangen, es kam wiederholt zu gewalttätigen Ausschreitungen und Vandalismus. Sicherheitskräfte gingen hart gegen Demonstranten vor. Es gab Tote, Verletzte und Tausende Festnahmen. Wegen der Unruhen hatte die Regierung über zehn Tage einen Ausnahmezustand mit Ausgangssperre verhängt, diesen aber am Montag aufgehoben.

lk/dpa/tm


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