30 Jahre nach dem Mauerfall wird der Solidaritätszuschlag für den Aufbau Ost zum Auslaufmodell. Neun von zehn Steuerzahlern sollen ihn ab 2021 nicht mehr zahlen - das hat Bundestag nun beschlossen. Nur die Reichsten sollen weiter zur Kasse gebeten werden. Der Staat wird dadurch nach Rechnung des Finanzministeriums im ersten Jahr rund 10,9 Milliarden Euro weniger einnehmen. Dieses Geld sparen die Steuerzahler, bei einigen macht das wenige hundert, bei manchen jedes Jahr mehr als tausend Euro aus. Doch es gibt erhebliche Bedenken. Denn eigentlich, meinen viele, dürfte es den Soli schon ab Januar überhaupt nicht mehr geben. Die Details:
Der Zuschlag
Der Soli wurde als Sondersteuer vor allem für den Aufbau Ostdeutschlands nach der Deutschen Einheit eingeführt. Er beträgt 5,5 Prozent der Körperschaft- oder Einkommensteuer, insgesamt brachte er dem Staat im vergangenen Jahr 18,9 Milliarden Euro ein. Arbeitnehmer zahlen ihn genauso wie selbstständige Handwerker und Unternehmen. Das Geld ist - wie alle Steuereinnahmen - nicht zweckgebunden und fließt in den Bundeshaushalt ein. Es wird also nicht direkt etwa in neue Straßen oder Schwimmbäder in den ostdeutschen Bundesländer gesteckt.
Für wen er wegfällt
Für 90 Prozent der heutigen Zahler soll der Soli komplett entfallen, für weitere 6,5 Prozent zumindest zum Teil. Nur die Top-Verdiener - 3,5 Prozent der heutigen Zahler - bekommen ihn weiter in voller Höhe abgezogen. Ab welchem Einkommen künftig noch Soli fällig wird, hängt nicht nur vom Einkommen, sondern auch von den Lebensumständen ab. Denn der Zuschlag hängt von der Höhe der Einkommensteuer ab, für die es unterschiedliche Freibeträge etwa für Kinder, Alleinerziehende oder verheiratete Paare gibt.
Das Finanzministerium hat einige Beispiele berechnet:
Singles
Ledige sozialversicherungspflichtige Arbeitnehmer zahlen ab 2021 keinen Soli mehr, wenn sie im Jahr nicht mehr als etwa 73.000 Euro brutto verdienen. Bis zu einem Einkommen von 109.000 Euro fällt nur noch ein Teil ab, wer mehr verdient, zahlt wie bisher.
Familie ohne Kinder
Hier kommt es darauf an, ob beide Partner verdienen oder nur einer. Ein zusammen veranlagtes kinderloses Ehepaar, bei dem nur ein Partner verdient, wird bis zu einem Bruttolohn von etwa 136.000 Euro voll entlastet und bis rund 206.000 Euro teilweise. Wenn beide gleich viel verdienen, muss bis zu einem gemeinsamen Bruttolohn von rund 148.000 Euro kein Soli gezahlt werden. Ab etwa 219.000 Euro Jahresbruttolohn fällt der volle Zuschlag an.
Familien mit Kindern
Auch hier kommt es darauf an, ob beide Elternteile verdienen oder nicht. Bei einer Familie mit Alleinverdiener und zwei Kindern liegt die untere Grenze bei einem Bruttojahreslohn von circa 152.000 Euro, bis 221.000 Euro fällt nur ein Teil-Soli an. Wenn beide Eltern gleich viel verdienen, zahlen sie bis zu einem gemeinsamen Bruttojahreslohn von rund 164 000 Euro keinen Soli mehr, ab 234.000 Euro fiele er dann wieder voll an.
Selbstständige Handwerker
Nach Rechnung des Ministeriums sind 88 Prozent der zur Einkommensteuer veranlagten Gewerbetreibenden vom Soli befreit. Das sind etwa 370.000 Personen, zum Beispiel selbstständige Handwerker. Weitere 27.000 müssen zumindest nicht mehr die volle Summe zahlen.
Unternehmen
Wer eine GmbH betreibt und dafür Körperschaftssteuer zahlt, ist von der Reform ausgenommen - das kritisiert etwa der Steuerzahlerbund.
Sparer
Auch wer gut verzinste Sparguthaben hat, muss auf Kapitaleinkünfte unter Umständen weiter Soli zahlen - nämlich dann, wenn er mehr als 801 Euro Zinsen im Jahr einstreicht. Das betrifft vor allem alte Verträge - denn heutzutage sind die Zinsen deutlich niedriger.
Wie viel man spart
Eine Familie, die überhaupt keinen Soli mehr zahlen muss, kann nach Berechnungen des Münchner ifo-Instituts je nach Einkommen und Lebenssituation mehr als 1500 Euro im Jahr sparen. Auch wer noch einen Teil-Soli zahlen muss, kann mehrere Hundert Euro sparen. Wer sehr wenig verdient, profitiert allerdings kaum - weil er nach Angaben des Finanzministeriums schon heute keinen oder nur wenig Soli zahlt.
Die Bedenken
Vor allem Union und FDP sind unzufrieden. Sie verlangen, dass der Soli schon ab Januar komplett abgeschafft wird - auch für Großverdiener und millionenschwere Unternehmen. Dabei äußern sie auch verfassungsrechtliche Bedenken: Da der Solidarpakt zur Unterstützung der ostdeutschen Bundesländer Ende 2019 auslaufe, dürfe danach auch kein Soli mehr verlangt werden. Wenn er nicht reagiere, müsse sich SPD-Finanzminister Olaf Scholz darauf vorbereiten, den Steuerzahlern in wenigen Jahren 50 Milliarden Euro zurückzuzahlen.
Einzelne Verbände haben schon Klagen angekündigt. Die Bundesregierung weist die Bedenken ab: Die finanziellen Lasten der Wiedervereinigung seien noch längst nicht gestemmt. Würde der Soli sofort komplett abgeschafft, würden dem Bund im kommenden Jahr Einnahmen von rund elf Milliarden Euro fehlen.
Quelle: n-tv.de
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