„Ich muss die Tassen zusammenkleben, die Sie zerschlagen“: Merkel rügt Macron

  26 November 2019    Gelesen: 695
 „Ich muss die Tassen zusammenkleben, die Sie zerschlagen“: Merkel rügt Macron

Bundeskanzlerin Angela Merkel hat bei einem Festessen zum 30. Jahrestag des Mauerfalls den französischen Präsidenten Emmanuel Macron zur Rede gestellt. Offensichtlich ging es dabei um Macrons viel diskutierte Bemerkung von Anfang November, die Nato sei „hirntot“. Dies geht aus einem Bericht der „New York Times“ hervor.

Demnach habe Merkel zunächst zwar Verständnis für Macrons „Verlangen nach disruptiver Politik“ geäußert. Dann jedoch habe sie gesagt: „Aber ich bin müde, die Scherben aufzusammeln. Wieder und wieder muss ich die Tassen zusammenkleben, die Sie zerbrochen haben, damit wir beide uns dann hinsetzen und gemeinsam eine Tasse Tee trinken können.“ 

Das Blatt sah diese Äußerung in unmittelbarem Zusammenhang mit jenem kurz zuvor veröffentlichen Interview, in dem Macron mit Hinblick auf die Kriegsbestrebungen des Nato-Mitgliedsstaates Türkei in Nordsyrien gesagt hatte: „Was wir derzeit erleben, ist der Hirntod der Nato.“ Es gebe bei strategischen Entscheidungen keine Koordinierung zwischen den USA und anderen Nato-Partnern, merkte er an. Der französische Präsident warnte die europäischen Länder zudem, dass diese sich nicht mehr auf die USA verlassen könnten.

Laut „New York Times“ hat sich Macron Merkel gegenüber dann mit den Worten verteidigt: „Ich kann nicht dasitzen und so tun, als sei nichts passiert“. Die Zeitung sieht damit „ernstliche Belastungen“ in den deutsch-französischen Beziehungen und weitere Spannungen um das nächste Nato-Treffen im Dezember in London.

Ein Regierungssprecher in Berlin wollte am Sonntag den Bericht der „New York Times“ nicht kommentieren. „Aus vertraulichen Gesprächen berichten wir grundsätzlich nicht und nehmen daher auch nicht zu angeblichen Zitaten Stellung“, hieß es.

Kritik auf EU-Ebene

Auch auf EU-Ebene hatte der französische Präsident für Aufsehen gesorgt. Macron hatte die Aufnahme von Beitrittsverhandlungen mit Westbalkan-Ländern wie Nordmazedonien und Albanien auf dem vergangenen EU-Gipfel im Oktober blockiert – mit der Begründung, dass zunächst das Prozedere zum EU-Beitritt reformiert werden müsse. Die Bundesregierung, die EU-Kommission und vor allem die östlichen EU-Staaten hatten den Vorgang scharf kritisiert.

Deutsche Experten reagieren

Zum jetzt bekannt gewordenen Disput sagte CDU-Außenexperte Norbert Röttgen der „Bild“-Zeitung: „Ich kann die Kanzlerin hier gut verstehen. Es hilft aber alles nichts, wir müssen das Verhältnis mit Frankreich wieder auf eine konstruktive Bahn bringen.“

Die „New York Times“ zitiert die deutsche Sicherheitsexpertin Claudia Major von der Stiftung Wissenschaft und Politik: „Ich habe die deutsch-französischen Beziehungen schon lange nicht mehr an so einem Tiefpunkt gesehen“. Sie sehe, wie Macron zunehmend ungeduldig mit Merkels pragmatischer Art werde.

sputniknews


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