Donald Trumps unangekündigter Truppenbesuch zum amerikanischen Thanksgiving-Feiertag in Afghanistan könnte außer einem Festmahl für die US-Soldaten noch eine weitere Überraschung mit sich gebracht haben. Auf seiner ersten Reise in das Land seit seiner Amtsübernahme hat der US-Präsident nämlich Hoffnungen auf eine Verständigung mit den militant-islamistischen Taliban genährt.
"Die Taliban wollen einen Deal machen. Und wir treffen sie", sagte Trump bei seinem Besuch eines US-Militärstützpunktes in Bagram nördlich von Kabul. Die Miliz habe sich bei laufenden Gesprächen nach anfänglicher Weigerung zur Zusage einer Feuerpause bereiterklärt. "Ich glaube, dass sie jetzt einen Waffenstillstand wollen", sagte Trump. "So wird es vielleicht funktionieren."
"Wir sprechen mit den Taliban", sagte Trump im Beisein seines afghanischen Kollegen Aschraf Ghani. Seit Juli vergangenen Jahres hatten die USA mit den Taliban verhandelt, um den Weg für einen Abzug der US-Truppen und letztlich für den Frieden in dem Land zu bereiten.
Noch im September hatte Trump die Gespräche für tot erklärt - kurz vor einem geplanten Geheimtreffen mit Taliban-Vertretern im Landsitz des Präsidenten in Camp David. Auslöser war ein Anschlag in Kabul, bei dem auch ein US-Soldat starb. Seit dem Abbruch der Gespräche hatten die Taliban immer wieder Bereitschaft gezeigt, die Verhandlungen wieder aufzunehmen - lehnen Verhandlungen mit der Regierung in Kabul aber ab, da sie sie als "Marionette" des Westens betrachten.
Nach Trumps Rede in Bagram zeigten sich die Taliban offenbar aber bereits offen, die Friedensverhandlungen mit den USA wiederaufzunehmen. Ein Sprecher der Extremisten sagte der Nachrichtenagentur Reuters, die Taliban seien dazu bereit. Die Gespräche müssten an dem Punkt fortgesetzt werden, an dem sie vor rund zwei Monaten abgebrochen worden seien.
Trumps Reise zur größten US-Militärbasis in Afghanistan fand aus Sicherheitsgründen unter strengster Geheimhaltung statt. Das Weiße Haus setzte einige Tweets von Trumps sonst so aktiven Twitter-Account ab - stundenlange Funkstille wäre verräterisch gewesen.
Vor elf Monaten hatte Trump im Irak seinen ersten Besuch bei Kampftruppen im Ausland absolviert. Er reiste zusammen mit seiner Ehefrau Melania an Weihnachten zu den dort stationierten Soldaten. Vergangene Woche war US-Vizepräsident Mike Pence zu einem unangekündigten Besuch in den Irak gereist.
Vor den Soldaten, die dem Präsidenten mehrfach lautstark zujubelten, sagte Trump, es gebe keinen anderen Ort, wo er den Feiertag lieber verbringen würde als "genau hier mit den härtesten, stärksten, besten und mutigsten Kämpfern auf der Erde". Videoaufnahmen zeigten, wie Trump mit den Truppen für Fotos posierte und den Soldaten Truthahn servierte.
Trump verspricht seit langem, die "endlosen Kriege" zu einem Ende zu führen und die Soldaten abzuziehen. Der US-Präsident bekräftigte, die Truppenstärke in dem Land auf etwa 8600 reduzieren zu wollen. Gleichzeitig sagte er, die USA würden so lange in Afghanistan bleiben, bis ein Deal mit den Taliban erzielt sei - "oder wir einen totalen Sieg haben". Derzeit sind zwischen 12.000 und 13.000 amerikanische Soldaten in dem Land stationiert.
Unterdessen hält die Gewalt in Afghanistan jedoch weiter an - bei Gefechten und einer Explosion waren kurz vor Trumps Besuch innerhalb von 24 Stunden mindestens 20 Menschen ums Leben gekommen. Beobachter hatten jedoch vergangene Woche einen Gefangenenaustausch, bei dem unter anderem westliche Taliban-Geiseln freigelassen wurden, als möglichen Schritt zur Wiederaufnahme der USA-Taliban-Gespräche gewertet.
Weniger als ein Jahr vor der US-Präsidentschaftswahl käme es Trump gelegen, einen außenpolitischen Erfolg in Afghanistan zu verzeichnen. Denn bislang ging weder die Strategie des "maximalen Drucks" im Atomstreit mit dem Iran auf, noch konnte Trump Nordkorea dazu bewegen, sein Atomprogramm aufzugeben.
Trump sagte bei seinem Besuch, auf lange Sicht entscheide sich die Zukunft Afghanistans und anderer Länder in der Region nicht auf dem Schlachtfeld. Es brauche eine politische Lösung, die von den Menschen in der Region entschieden werde. Generalstabschef Mark Milley sagte, die Hoffnung sei, dass die Gespräche mit den Taliban zu einem innerafghanischen Dialog in nicht allzu weiter Zukunft führten.
Afghanistans Präsident Ghani erklärte im Anschluss an Trumps Besuch, beide seien darüber einig, dass die Taliban "eine Waffenruhe akzeptieren müssen", wenn sie wirklich ein Friedensabkommen erreichen wollten.
spiegel
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