Man hatte sich in den vergangenen Wochen fast schon daran gewöhnt: an den Rauch in der Luft, an die eingeschränkte Sicht, an Passanten mit Atemschutzmasken, an die feine schwarze Ascheschicht im Wohnungsinneren und im Meerwasser. Doch am Dienstag hat sich die Situation in Australiens größter Stadt Sydney noch einmal verschärft.
Hintergrund sind die noch immer lodernden Buschfeuer in den Bundesstaaten New South Wales (NSW) und Victoria im Osten Australiens, es sind mehr als hundert. Sie haben in diesem Jahr ungewöhnlich früh begonnen, einige brennen bereits seit dem späten Frühling, das Land ist zudem nach einer langanhaltenden Dürre extrem trocken. Mindestens sechs Menschen sind seit Ausbruch der Feuer bereits gestorben, knapp 700 Häuser wurden zerstört.
Am Wochenende hatte es ein wenig Entspannung gegeben. Doch am Dienstag nahm die Gefahr wieder deutlich zu. Die Luftqualität in Sydney ist miserabel: Ab 200 Punkten auf der Skala wird die Lage als "gefährlich" eingestuft - in Teilen der Stadt lag sie am Dienstag offiziellen Angaben zufolge bei mehr als 2000.
Im Alltag heißt das schon für gesunde Menschen: Das Atmen fällt extrem schwer, die Augen sind gereizt. "Bleiben Sie drinnen, lassen Sie Fenster und Türen geschlossen, vorzugsweise in Gebäuden mit Klimaanlagen", empfiehlt die NSW-Gesundheitsbehörde.
Der dichte Rauch in der Stadt heißt auch: Im öffentlichen Nahverkehr kommt es zu Verzögerungen, weil die Sicht so stark eingeschränkt ist. Der Fährverkehr wurde am Dienstagmittag komplett gestoppt. Erstmals in der 25-jährigen Geschichte der "Big Boat Challenge" musste das Yachtrennen im Hafen von Sydney abgesagt werden. In Bürogebäuden im Stadtzentrum gingen Augenzeugen zufolge mehrere Rauchmelder los, betroffen war unter anderem das Büro der Zeitung "Sydney Morning Herald". Das Gebäude musste - wie mehrere andere - evakuiert werden.
Außerdem rechnen Experten für Dienstag mit zunehmend starken Winden und steigenden Temperaturen, es wird mit etwa 40 Grad Celsius gerechnet. Die große Sorge ist, dass die Feuer nun noch näher an dicht besiedelte Städte herandringen.
Ein Beispiel: Der Brand im sogenannten Hawkesbury-Gebiet etwa 50 Kilometer nordwestlich von Sydney erstreckt sich über eine Front von insgesamt 60 Kilometer. Sollten die für Dienstag angekündigten starken Winde eintreten, wäre die Gefahr für die Menschen in Sydney enorm groß. Eine offizielle Anweisung zur Evakuierung gibt es nicht. Zahlreiche Bewohner in der Region haben ihre Häuser aber bereits freiwillig verlassen, wie der Bürgermeister der Stadt Hawkesbury, Barry Calvert, sagte. Er werde dasselbe tun.
"Ich habe das vor etwa 20 Jahren schon einmal durchgemacht", sagte Calvert der Nachrichtenagentur Reuters. Damals habe er vor seinem Haus gestanden und auf eine 15 Meter hohe Feuerwand gestarrt. "Damals habe ich beschlossen, frühzeitig zu gehen, sollte das noch einmal passieren."
spiegel
Tags: