In einem Kommentar auf der Seite von Human Rights Watch schreibt der Vizechef der Organisation, Nic Daves: „Am letzten Menschenrechtstag des Jahrzehnts sind wir wieder dort, wo wir damals angefangen hatten: auf der Straße.“ In Hongkong, Nicaragua, Algerien, Sudan, Libanon und Iran seien die Menschen Schüssen, Schlägen und Haft ausgesetzt gewesen, wenn sie für ein Ende repressiver Herrschaft eingetreten seien.
„Offenes Lob für Dikatoren“
Daves blickt zurück auf die Proteste in der arabischen Welt im Jahr 2011 und stellt fest: 2019 sei Tunesien das einzige Land, das auf dem Weg zur Demokratie sei. Und in den größten Demokratien der Welt – Indien, Brasilien und den USA – kämen die ernsthaftesten Bedrohungen der Menschenrechte von gewählten Präsidenten, die offen Diktatoren lobten, Minderheiten dämonisierten und die Rechtsstaatlichkeit untergrüben – und damit verletzliche Volksgruppen noch größeren Risiken aussetzten.
Doch es gibt auch Erfolge: Daves verweist auf die MeToo-Bewegung, der sich Millionen Frauen und Mädchen angeschlossen hätten. Auch bekämen die Rechte der LGBT-Bewegung, also von Lesben, Schwulen, Bi- und Transsexuellen, weltweit immer mehr Raum.
„Wir dürfen uns nicht damit abfinden“
Auch die Vereinten Nationen würdigen den Tag der Menschenrechte. Die UNO-Flüchtlingshilfe verweist auf den 10. Dezember 1948, als die UNO-Vollversammlung die „Allgemeine Erklärung der Menschenrechte“ verabschiedete: Jedem Menschen, so heißt es, sollten dadurch die gleichen Rechte und Freiheiten zugesichert sein – unabhängig von Herkunft, Geschlecht, Religion oder sozialem Status.
Doch aus Sicht der Flüchtlingshilfe sprechen die Zahlen eine andere Sprache: „71 Jahre später sind weltweit mehr als 70 Millionen Menschen auf der Flucht: für die UNO-Flüchtlingshilfe ein trauriger Rekord, der im krassen Widerspruch zur Intention der Menschrechtscharta steht.“ Viele Geflüchtete hätten keine Zugang zu grundlegenden Rechten und würden verfolgt. Fazit: „Menschenrechtsverletzungen werden tagtäglich, weltweit und millionenfach begangen. Wir dürfen uns damit nicht abfinden.“
Ein Beispiel für die teils dramatische Lage von Flüchtlingen: das Lager Vucjak bei Bihac in Bosnien-Herzegowina. Andrea Beer berichtet im Dlf (Audio-Link), die Zelte seien dünn und unbeheizt. Es gebe keinen Strom, kein fließendes Wasser und keine medizinische Versorgung. Die hygienischen Bedingungen seien katastrophal. 600 Männer leben dort, das Rote Kreuz ist mit mobilen Teams im Einsatz.
„Wir schulden den jungen Leuten unseren Dank“
Die Vereinten Nationen stellen in ihrer Pressemitteilung zum Tag der Menschenrechte vor allem die jungen Leute in den Mittelpunkt. UNO-Generalsekretär Guterres erklärt, die jungen Menschen erfüllten die Menschenrechte mit Leben. Auch die Hochkommissarin für Menschenrechte, Bachelet findet deutliche Worte: „Wir schulden den Millionen von Kindern, Teenagern und jungen Erwachsenen unseren Dank – weil sie mit zunehmender Lautstärke demonstrieren und auf die Krise unseres Planeten hinweisen“.
„Eine große Enttäuschung“
Am Tag der Menschenrechte werden auch die Nobelpreise verliehen. Der Friedensnobelpreis geht an den äthiopischen Regierungschef Abiy Ahmed. Eine seiner Vorgängerinnen bei den Preisen ist Aung San Suu Kyi, einst Freiheitskämpferin Myanmar, und heute – so berichtet Holger Senzel (Audio-Link) – für viele „eine große Enttäuschung“. Der Grund: die Verbrechen der Armee gegen die muslimische Minderheit der Rohingya. Der Vorwurf: Sie hat trotz ihrer neuen Führungsrolle in Myanmar nichts gegen die Gewalt getan.
Deutschlandfunk
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