Die Klimakrise vermeiden und zur Not sich daran anpassen, um Schäden zu vermeiden - darum drehten sich die internationalen Klimaverhandlungen der vergangenen Jahre, konkret hieß das: CO2-Emissionen reduzieren, Dämme und resiliente Städte bauen.
Doch spätestens dieses Jahr schlägt bei der Uno-Klimakonferenz COP25 in Madrid die Erkenntnis durch: Das wird nicht reichen, die Klimakrise verursacht schon heute Schäden, die teils unbezahlbar sind.
"Durch die steigenden Meeresspiegel versalzen unsere Brunnen und Felder", sagt Choi Yeeting, nationaler Klimawandel-Koordinator des pazifischen Inselstaats Kiribati, der laut Berechnungen der Weltbank bis 2050 unbewohnbar werden könnte. Einwohner der Insel, sagt Yeeting, müssten schon heute ihre Siedlungsgebiete an der Küste verlassen, Fischer verlören ihre Existenz. "Um diesen Menschen zu helfen, fehlen uns aber die Mittel."
Ähnliches passiert überall auf der Welt. Drei Millionen Menschen in Ostafrika sind derzeit von Überflutungen betroffen. Wegen eines Zyklons mussten 2,1 Millionen Menschen in Bangladesch ihre Häuser verlassen. Hurrikan Dorian raubte 76.000 Menschen auf den Bahamas ihr Zuhause, verursachte Schäden in Höhe von sieben Milliarden US-Dollar und kostete 60 Menschenleben.
Allein auf die globale Erwärmung geht keine dieser Katastrophen zurück, doch der Weltklimarat sagt, dass sie immer zerstörerischer werden.
Um die dadurch verursachten Schäden abzufedern, diskutieren die Staaten in Madrid den so genannten "Warsaw International Mechanism" (WIM), der finanzielle Mittel bereitstellen soll. Konkret geht es dabei um Verluste und Schäden, wobei Verluste alles umfassen, was sich nicht wiederherstellen lässt und nur schwer finanziell zu beziffern ist: ein Zuhause, Traditionen, Menschenleben.
"Die Industriestaaten hatten lange Zeit Angst vor Kompensationsforderungen, aber jetzt ist die Klimakrise so weit fortgeschritten, dass es nicht mehr anders geht", sagt Sabine Minninger, Referentin für Klimapolitik bei "Brot für die Welt".
Wie können Kompensationen aussehen?
Doch wie der WIM ausgestaltet werden soll, darüber wird gestritten. Grundsätzlich, so Minninger, gäbe es drei Ansätze: Versicherungen gegen Klimaschäden, die Arbeit internationaler Nothilfeorganisationen sowie verbindliche Kompensationsmechanismen.
An den beiden ersten Prinzipien wird von zivilgesellschaftlichen Gruppen viel Kritik geübt. Versicherungen seien ein privatwirtschaftliches, oft teures Instrument, das arme Staaten vor der Wahl stellt ihr strapaziertes Budget entweder in strukturelle Anpassungsmaßnahmen oder Versicherungen zu investieren. Der ländlichen Bevölkerung vieler Staaten im globalen Süden steht diese Möglichkeit gar nicht zur Verfügung.
Die humanitäre Nothilfe sei ebenfalls nicht das richtige Prinzip, um die Schäden aufzufangen, so Minninger. "Internationale Organisationen sind ohnehin schon unterfinanziert. Wir brauchen vielmehr einen verbindlichen Mechanismus, in den die Verursacherstaaten einzahlen."
Auch Indien ist ein Staat, der hart von der Klimakrise getroffen wird. Ein Teil des Landes wird von tödlichen Dürren, ein anderer von Überflutungen heimgesucht. Sanjay Vashist, Direktor des Climate Action Network South Asia, sagt: "Die Menschen, die diese Katastrophen verursacht haben, sollten auch die Verantwortung dafür übernehmen."
Indien insgesamt emittiere viele Treibhausgase, aber gerechnet auf die große Bevölkerungszahl seien sie gering. "Das sind Überlebens-, keine Luxusemissionen wie in den Industriestaaten", sagt er. "Wir leiden unter einer Krise, die wir nicht verschuldet haben." Es sei eine Frage der Gerechtigkeit, dass die Länder, die im fossilen Zeitalter reich geworden sind, auch dafür aufkommen. Also zum Beispiel die USA, Japan und auch Deutschland. Doch bis jetzt sehe es nicht so aus, als stünde irgendjemand ausreichend zu dieser Verantwortung.
Wenn es die Weltgemeinschaft schafft, die globale Erwärmung auf zwei Grad zu begrenzen, so Schätzungen der Weltbank, entstehen ab 2030 in den Entwicklungsländern jährliche Schäden von 400 Milliarden US-Dollar.
In der Folge von Katastrophen, in denen keine Hilfe geleistet wird, kommt es oftmals zu Krankheitsepidemien und Konflikten, die wiederum größere Kosten nach sich ziehen. Hunderttausende können zur Flucht gezwungen werden.
Deutschland scheint das begriffen zu haben. Während andere Verursacherstaaten sich weiter gegen Hilfszusagen sperren, hat die Bundesregierung bei der Klimakonferenz in Madrid angekündigt, 500 Millionen Euro zur Verfügung zu stellen und nimmt damit eine Vorreiterrolle ein. Jetzt wird es in den Verhandlungen darum gehen, ob solche Zahlungen nicht nur freiwillig, sondern verbindlich werden.
spiegel
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