Angriff auf Leipziger Polizisten geplant gewesen? Kurzes Video soll dies widerlegen

  09 Januar 2020    Gelesen: 947
    Angriff auf Leipziger Polizisten geplant gewesen?   Kurzes Video soll dies widerlegen

Nach der Attacke auf die Bereitschaftspolizisten an Silvester in Leipzig sprach die Polizei von einem gezielten und organisierten Angriff. Nun lässt ein Video, das „Zeit Online“ vorliegt, Zweifel an der Darstellung der Beamten aufkommen.

Das Amateurvideo wurde der „Zeit“-Redaktion nach eigenen Angaben zugespielt und zeigt einige Schlüsselmomente des Angriffs, der sich in der Silvesternacht gegen 0.15 Uhr ereignet hatte. In dem eine Minute und 18 Sekunden langen Videomaterial soll zu sehen sein, wie ein Polizist zu Boden gebracht wurde und wie ein Angreifer mit einem Tritt einen anderen Beamten angreift. Zudem sollen Feuerwerkskörper in Richtung Polizei fliegen.

Am Ende des Videos soll zu sehen sein, wie ein offenkundig verletzter Beamter von Kollegen weggeschleift wird. Der Zeit zufolge wirkt der linksextreme Angriff auf einen Polizisten aber keineswegs – wie von der Polizei behauptet – „orchestriert“.

Unter anderem soll in der Videoaufnahme ein brennender Einkaufswagen festgehalten sein, der mit bemalter Pappe als Polizeiauto verkleidet wurde. Laut Polizei sollen die Randalierer versucht haben, die Bereitschaftspolizei damit anzugreifen. Doch in dem Video, so das Blatt weiter, sei eine solche Szene nicht zu sehen – lediglich eine Person, die den Einkaufswagen im Laufschritt über die Kreuzung schieben und dann links aus dem Bild verschwinden würde. Ob damit ein Angriff stattgefunden habe, sei unklar.

Leipzigs Polizeipräsident Torsten Schultze hatte am 3. Januar gegenüber der Zeit gesagt: „Wir gehen von einem geplanten und organisierten Angriff aus.“ In dem Interview sprach er auch von dem Einkaufswagen: „Die Attacke mit dem Einkaufswagen kam in kürzester Zeit, von etwa 20 bis 30 vermummten Personen. Die Angreifer kamen schnell und verschwanden danach sofort wieder in der Dunkelheit.“

Reaktion der Behörden auf die Videoaufnahme
Der Sprecher der Ermittlungsbehörden in Leipzig, Ricardo Schulz, nahm zu der Videoaufnahme Stellung. Ihm zufolge hält die Staatsanwaltschaft im Zusammenhang mit den Silvester-Ausschreitungen am Connewitzer Kreuz in Leipzig am Vorwurf des versuchten Mordes fest. „Wir sehen derzeit keine Veranlassung, davon abzurücken", sagte er. Daran ändere auch ein Video aus der Silvesternacht nichts.

Das Video habe den Ermittlungsbehörden bislang nicht vorgelegen. Ein Zeugenaufruf des Landeskriminalamtes habe keinen einzigen Hinweis erbracht. Nach der Veröffentlichung werde das Video jetzt aber "im Rahmen der Ermittlungen Berücksichtigung finden". „Wir werden das auswerten“, so der Behördensprecher weiter.

Während der Ausschreitungen sollen unbekannte Täter Beamten die Helme vom Kopf gerissen und gegen die Polizisten massive Gewalt angewendet haben. Schulz äußerste sich diesbezüglich mit Vorsicht: „Wir werden überprüfen, wie es dazu kam, dass die Polizisten keine Helme mehr auf dem Kopf hatten.“ Das nun veröffentlichte Video könne dabei womöglich helfen. „Wir müssen sehen, ob wir das aufklären können.“

In Bezug auf den Einkaufswagen sagte Schulz: „Welche Rolle der Einkaufswagen spielt, müssen die Ermittlungen zeigen.“ Es lasse sich „noch nicht abschließend“ sagen, in welchem Zusammenhang er zu den Angriffen auf die Polizisten stehe.

Zwischenfall in Connewitz an Silvester
Nach Polizeiangaben hatten sich zum Jahreswechsel etwa tausend Menschen am Connewitzer Kreuz versammelt. Gegen 0.15 Uhr seien Beamte mit Steinen, Flaschen und Feuerwerkskörpern beworfen worden, hatte die Polizei damals berichtet.

Dabei seien drei Polizisten von etwa 20 bis 30 Personen attackiert worden, als sie versucht hätten, die Angreifer festzunehmen. Bei den Angreifern soll es sich um mutmaßlich linksextremistische Täter gehandelt haben.

Nach Angaben der Ermittler rissen die Unbekannten den Polizisten die Helme vom Kopf und attackierten sie auf dem Boden liegend. Ein Beamter sei so schwer verletzt worden, dass er das Bewusstsein verloren habe und im Krankenhaus notoperiert werden gemusst habe, so die Polizei.

Eine spätere Polizeimitteilung wirkte hingegen abgeschwächt und eine Notoperation wurde darin nicht angegeben. Demnach ist der Beamte durch den Angriff „schwer verletzt“ worden und musste „zur Behandlung in das Universitätsklinikum Leipzig gebracht“ werden. Dort sei er „stationär aufgenommen“ worden. Darüber hinaus seien die beiden anderen Beamten „ebenfalls nicht unerheblich verletzt“ worden und mussten ärztlich behandelt werden, hieß es weiter.

Übertriebene Darstellung
Die Zeitung „taz“ schrieb am Donnerstagabend unter Verweis auf Krankenhauskreise, man habe sich in der Uniklinik „verwundert über die Polizeimeldung über eine ‚Notoperation‘ geäußert“. Es habe einen Eingriff an der Ohrmuschel des Beamten unter lokaler Betäubung gegeben. Lebensgefahr oder drohender Gehörverlust hätten nicht bestanden.

Die Polizei räumte auf Nachfrage ein, dass Teile ihrer ersten Darstellung der Vorfälle nicht gestimmt hätten oder übertrieben dargestellt worden seien. Vergangenen Freitag zogen die Behörden die Darstellung über die Notoperation des verletzten Beamten zurück.

Aus Polizeikreisen hieß es inzwischen, es sei regelmäßig, dass sich der Sachverhalt nach der ersten Pressemitteilung verändere. Basis sei stets die Einsatzdokumentation, die auf Funksprüchen von Polizisten vor Ort basiere. Das Risiko, dass bei der Übertragung nicht jedes Detail korrekt sei, könne man nicht eliminieren.

sputniknews


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