EU-Parlament wirft Putin Geschichtsverzerrung vor

  17 Januar 2020    Gelesen: 1109
  EU-Parlament wirft Putin Geschichtsverzerrung vor

Abgeordnete des Europaparlaments haben Äußerungen von Russlands Präsident Wladimir Putin zur Vorgeschichte des Zweiten Weltkrieges scharf verurteilt. Das berichtet die Moskauer Internetzeitung Vzglyad (vz.ru) am Donnerstag.

Bei der Diskussion „Verzerrung der europäischen Geschichte und des Andenkens an den 2. Weltkrieg“ sagte EVP-Fraktionschef Manfred Weber tags zuvor in Straßburg, jeder Politiker trage die Verantwortung, nicht mit der Geschichte zu spielen. „Auch Putin nicht.“ Dessen Versuche, die Geschichte „richtig zu stellen“, seien nicht hinnehmbar.

Zuletzt hatte es auch einen Streit zwischen Warschau und Moskau gegeben, weil Putin Regierungsvertretern von Vorkriegspolen Antisemitismus und eine anbiedernde Haltung gegenüber Nazi-Deutschland vorwarf. Unter anderem nannte er den polnischen Botschafter in Berlin der Jahre 1933 bis 1939, Josef Lipski, einen „Scheißkerl und ein antisemitisches Schwein“. Polen warf Russland eine Umdeutung der Geschichte vor.

Geschichtsverdrehung gefährdet Gesellschaft
EU-Kommissarin Vera Jourova sagte, dass die Verdrehung historischer Fakten eine Gefahr für die Gesellschaft sei. Desinformation müsse entschlossen entgegengetreten und abgelehnt werden. Der Hitler-Stalin-Pakt zwischen Nazi-Deutschland und der damaligen Sowjetunion habe den Weg für den Zweiten Weltkrieg geebnet. „Das sind die Fakten“, wurde Jourova von der Deutschen Presse-Agentur zitiert.

Das Bündnis mit Josef Stalin ermöglichte Adolf Hitler 1939 den Angriff auf Polen. Es schützte die Wehrmacht vor einem Zweifrontenkrieg und ermöglichte die Expansion nach Westeuropa unter Vorherrschaft der Nazis.

Polnisch-deutscher Nichtangriffspakt 1934
Präsident Putin hatte die Bedeutung des Pakts mehrfach relativiert. Er wies unter anderem darauf hin, dass die Sowjetunion der letzte Staat Europas war, der mit Hitler einen Nichtangriffspakt geschlossen hatte. Polen habe dies bereits 1934 getan. Kurz vor Kriegsbeginn hätten auch Vertreter der baltischen Länder ihre Unterschriften unter entsprechende Dokumente mit Hitler gesetzt.

Kommissarin Jourova zufolge solidarisierten sich die EU-Parlamentarier mit Polen und stuften Versuche als nicht akzeptabel ein, das von den Nazis in die Knie gezwungene Land als Schuldigen hinzustellen. „Die EU-Kommission wird derartige Angriffe auf Polen nicht dulden“, erklärte die tschechische Politikerin.

"Richtigstellung" der Geschichte durch Warschau
Am 9. Januar hatte der polnische Sejm eine Resolution verabschiedet, der zufolge die Sowjetunion zusammen mit Hitlerdeutschland für den Ausbruch des Zweiten Weltkriegs verantwortlich war. Das Vorgehen der „beiden damaligen totalitären Mächte“ habe zum Ausbruch des Krieges geführt, so das Dokument. Polen und andere Staaten Mittel- und Osteuropas wären nach dem Molotow-Ribbentrop-Pakt die „ersten Opfer“ gewesen, hieß es.

Putin spricht vom "Gipfel des Zynismus"
Putin wies die Behauptung, wonach Josef Stalin eine Mitschuld für den Kriegsbeginn habe, als „Gipfel des Zynismus“ zurück. „Als hätte um vier Uhr morgens am 22. Juni (1941) die Sowjetunion Deutschland überfallen, und nicht umgekehrt“, betonte er.

sputniknews


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