Menschenrechtsbeauftragte und Kirchen kritisieren EU

  06 März 2020    Gelesen: 727
  Menschenrechtsbeauftragte und Kirchen kritisieren EU

Bärbel Kofler bezeichnet das Fehlen einer europäischen Lösung als „beschämend“ und fordert eine rasche Lösung für minderjährige Flüchtlinge. Kirchenvertreter sehen die christlichen Werte „Mitgefühl, Barmherzigkeit und Solidarität“ in der EU in Gefahr.

Die Menschenrechtsbeauftragte der Bundesregierung, Bärbel Kofler (SPD), hat die rasche Aufnahme von minderjährigen Flüchtlingen in Griechenland durch andere EU-Staaten gefordert. Um die Lage an der Grenze zur Türkei zu beruhigen und die Menschenrechte der Flüchtlinge zu schützen, müsse die EU unverzüglich handeln, sagte Kofler der „Neuen Osnabrücker Zeitung“. Griechenland dürfe mit dem Problem nicht allein gelassen werden. Nötig sei ein europäisches Schutzprogramm für unbegleitete minderjährige Flüchtlinge oder chronisch kranke Kinder, sagte die Menschenrechtsbeauftragte. An die Türkei appellierte sie, das Schicksal von Flüchtlingen „nicht für politische Zwecke“ zu missbrauchen

Wegen der Eskalation des militärischen Konflikts in Nordsyrien in den vergangenen Woche hält die Türkei seit dem Wochenende Migranten nicht mehr davon ab, von ihrem Territorium aus in die EU zu gelangen. Griechische Sicherheitskräfte bemühen sich, Grenzübertritte zu verhindern. In den überfüllten Flüchtlingslagern vor allem auf den griechischen Inseln ist die Lage dramatisch. Die Grünen waren aber am Mittwoch im Bundestag mit einem Antrag gescheitert, wonach Deutschland 5000 Flüchtlinge aus Griechenland aufnehmen soll.

Kofler bezeichnete das Fehlen einer gesamteuropäischen Lösung als das eigentliche Problem. Es sei „beschämend“, dass die EU-Staaten bislang kein „funktionierendes gemeinsames europäisches Asylsystem“ entwickelt hätten. Die EU-Kommission und alle Mitgliedstaaten müssten schnell „einen neuen Anlauf zu einer fairen Verteilung der Geflüchteten auf die EU-Staaten unternehmen“.

Kirchenvertreter drängen zu Hilfseinsätzen für Flüchtlinge

Auch der Bevollmächtigte der Evangelischen Kirche für Deutschland und die EU, Martin Dutzmann, erneuerte seinen Hilfsappell an die Verantwortlichen. Er sehe die christlichen Werte „Mitgefühl, Barmherzigkeit und Solidarität“, deren sich die EU und die Bundesrepublik rühmt, in Gefahr, sagte er der Tagesschau am Donnerstagabend.

Zuvor forderte auch der Vorsitzende der Deutschen Bischofskonferenz, Bischof Georg Bätzing, die EU zu einer großzügigen Aufnahme von Flüchtlingen auf. Er ergänzte, die EU-Mitgliedstaaten hätten die vergangenen Jahre nicht genutzt, um zu einer tiefgreifenden Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems zu gelangen. Nun seien sie mehr denn je gefordert, Wege zu einer solidarischen Flüchtlingspolitik zu finden. Vor allem dürften die Staaten an den EU-Außengrenzen nicht allein gelassen werden.

Der für Krisenmanagement zuständige EU-Kommissar Janez Lenarcic rief unterdessen die EU-Staaten dazu auf, Hilfsprogramme für syrische Flüchtlinge in der Türkei weiter zu finanzieren. „Wir können nicht einfach davonlaufen, wenn unsere jetzige Unterstützung ausläuft. Unsere Arbeit ist noch nicht erledigt“, sagte der Slowene der „Frankfurter Allgemeinen Zeitung“. Die EU-Behörde für humanitäre Hilfe (Echo) bestätigte demnach, dass zwei wichtige Hilfsprogramme in wenigen Monaten auslaufen.

faz.net


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