Die Zahl der Neuinfektionen sei ein zentraler Faktor bei der nächsten Zinsentscheidung, sagte Fed-Führungsmitglied Robert Kaplan am Donnerstag Bloomberg TV. Die sonst herangezogenen Wirtschaftsdaten seien nicht sonderlich nützlich angesichts der sich schnell ändernden Lage, sagte der Präsident des Fed-Bezirks Dallas. Er gehe von wirtschaftlichen Verwerfungen aus, die noch Monate anhalten dürften.
Das Coronavirus erfasst immer weitere Teile der USA. Laut der Regierung in Washington sind nun mindestens 150 Fälle bestätigt. Zwölf Menschen starben an der Atemwegserkrankung. Vor dem Hintergrund der sich rasch ausbreitenden Epidemie muss die Fed am 18. März regulär über den Zins entscheiden, wobei die Märkte mit einer Senkung rechnen.
Die Notenbank hatte bereits am Dienstag außer der Reihe ihren Leitzins um einen halben Punkt gekappt - auf die neue Spanne von 1,0 bis 1,25 Prozent. Der Schritt wurde mit den Risiken für die US-Wirtschaft begründet, die mit der Ausbreitung des Coronavirus verbunden sind. Auch die Politik ist alarmiert: Noch am Freitag sollte Präsident Donald Trump insgesamt 8,3 Milliarden Dollar an Hilfsgeldern freigeben. Der US-Kongress hatte das Paket am Donnerstag auf den Weg gebracht. Die Virus-Ausbreitung in den USA hat die Wall Street auf Talfahrt geschickt.
Nach Ansicht des Online-Brokers CMC Markets machen die nun angekündigten finanziellen Hilfsmaßnahmen deutlich, wie ernst Notenbanken und Regierungen die wirtschaftlichen Folgen der Epidemie einschätzen. “Ob sie allerdings ausreichen werden, eine Rezession in wichtigen Teilen der Welt zu verhindern, ist fraglich.” Letzten Endes hänge alles davon ab, wie schnell die Ausbreitung des Virus gestoppt werden könne.
EZB KÖNNTE ANLEIHENKÄUFE ERHÖHEN
Diese Frage steht auch in Europa im Mittelpunkt, wobei Italien am stärksten betroffen ist. Auch die Infektionszahlen in Deutschland nehmen zu, wo der Konjunkturaufschwung auf der Kippe steht. Dadurch steigt auch der Druck auf die Hüter des Euro. Commerzbank-Chefvolkswirt Jörg Krämer geht davon aus, dass die Europäische Zentralbank (EZB) auf ihrer Sitzung am Donnerstag beschließen wird, den Strafzins für Banken zu verschärfen, die über Nacht Geld bei der Notenbank parken. Er rechnet mit einer Veränderung des sogenannten Einlagesatzes auf minus 0,6 von derzeit minus 0,5 Prozent. Zudem dürften die Währungshüter um EZB-Chefin Christine Lagarde das Volumen ihrer monatlichen Anleihenkäufe für einen begrenzten Zeitraum von beispielsweise sechs Monaten um 20 Milliarden auf 40 Milliarden Euro erhöhen.
Insidern zufolge arbeiten die Währungshüter zudem daran, spezielle Liquiditätsspritzen für kleinere und mittlere Unternehmen aufzuziehen, um Finanzierungsengpässe zu verhindern. Die EZB hat bereits zielgerichtete Langfristkredite (TLTRO) für Banken aufgelegt und könnte dies auch für Firmen zuschneiden. Das könnte Unternehmen aus besonders betroffenen Branchen zugutekommen, etwa der Luftfahrt und dem Automobilbau.
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