Polens Außenminister über Verbesserung der Russland-Beziehung und Risiko für EU wegen Nord Stream 2

  12 März 2020    Gelesen: 1054
Polens Außenminister über Verbesserung der Russland-Beziehung und Risiko für EU wegen Nord Stream 2

Polens Außenminister Jacek Czaputowicz hat sich in einem Interview mit dem russischen Medienunternehmen RBK zu den Beziehungen zwischen Polen und Russland sowie über die negativen Folgen für die EU wegen der Gaspipeline Nord Stream 2 geäußert.

„Polen und Russland sind Nachbarländer, und zwischen unseren Politikern und Gesellschaften sollen normale Beziehungen bestehen. Derzeit kann man diese Beziehungen nicht als gut bezeichnen, sie sind angespannt, aber wir möchten, dass sie sich verbessern“, so der polnische Außenminister.

Unter anderem betonte Czaputowicz, dass er an einem Treffen mit seinem russischen Amtskollegen, Sergej Lawrow, interessiert sei. Die letzte Zusammenkunft fand ihm zufolge im Mai 2019 statt. Ferner sagte er, dass man in Warschau darauf hoffe, dass die Zusammenarbeit mit Moskau im Bereich der Geschichtsforschung wieder aufgebaut wird.  

„Ich denke, dass ein kultureller Bestandteil hier eine wichtige Rolle spielen soll. Der Austausch kultureller Erfahrung kann dabei helfen, den Dialog zwischen unseren Völkern zu verbessern“, fuhr er fort.

Czaputowicz sprach sich dabei für eine Kooperation von Geschichtswissenschaftlern der beiden Länder, darunter auch zum Thema Zweiter Weltkrieg, aus, um eine gemeinsame Dokumentenanalyse durchzuführen und zu einem gemeinsamen Verständnis  historischer Gegebenheiten kommen zu können.

Man solle die Intensität von Streitfragen in der Geschichtswissenschaft verringern, so der Außenminister. Damit sollten sich renommierte Historiker befassen.

Zuvor war berichtet worden, dass Czaputowicz die führende Rolle der Sowjetunion bei der Zerschlagung des Faschismus anerkannt habe.

Warschau setzt UdSSR mit Nazi-Deutschland gleich

In letzter Zeit unternimmt man in Warschau Versuche, den Beitrag der Sowjetunion zum Sieg über den Nationalsozialismus zu bagatellisieren oder sogar Moskau für den Kriegsbeginn verantwortlich zu machen. Anfang 2020 verabschiedete der polnische Sejm (Parlament – Anm. d. Red.) eine Resolution, die die Sowjetunion und Hitler-Deutschland für die Ereignisse von 1939-1941 gleichermaßen verantwortlich macht.

Zudem wies Polens Vizeaußenminister Paweł Jabłoński auf das „uneingeschränkte Recht“ Warschaus auf russische Reparationszahlungen für den während des Zweiten Weltkrieges zugefügten Schaden hin.

Später erklärte der polnische Botschafter in Berlin, Andrzej Przyłębski, dass nicht die Sowjetunion, sondern westliche Alliierte den entscheidenden Beitrag zur Beendigung des Krieges geleistet hätten.

Moskau gegen Geschichtsfälschung
Der amtlichen Sprecherin des russischen Außenministeriums, Maria Sacharowa, zufolge wurden die wahren Kriegstreiber beim Nürnberger Prozess genannt. Die Position Warschaus demontiere lediglich, wie die Ideologie vor der Wahrheit dominiere. Außenamtschef Sergej Lawrow erklärte seinerseits, dass die Versuche Warschaus, die Sowjetunion als Kriegstreiber hinzustellen, „inakzeptabel und aussichtslos“ seien.

In seinem Interview mit RBK äußerte sich der polnische Außenminister auch zum Bau der Gaspipeline Nord Stream 2.

Nord Stream 2 mit negativen Konsequenzen für EU
Nord Stream 2 stelle eine Gefahr für die europäische Solidarität und die Energiesicherheit dar, so Czaputowicz. „Die Gaspipeline wird negative politische und wirtschaftliche Folgen für die EU haben und unsere Abhängigkeit vom unzuverlässigen Lieferanten Gazprom verstärken“, sagte er weiter. Dies werde zum Quasimonopol eines Auftragnehmers und eines einzigen Lieferungsweges, erläuterte er.

„Die Gaspipeline erhöht keine Diversifikation von Energielieferanten und Lieferungsrichtungen in der Region von Zentral- und Osteuropa.“

Nord Stream 2
Die Pipeline Nord Stream 2 hat einen geschätzten Wert von umgerechnet etwa 9,5 Milliarden Euro. Erdgas aus Russland soll in die EU durch zwei parallel verlaufende Stränge von mehr als 2400 Kilometer Gesamtlänge fließen – bis zu 55 Milliarden Kubikmeter jährlich. Die Leitung verläuft durch das Territorialgewässer Russlands, Finnlands, Schwedens, Dänemarks und Deutschlands.

Gegner und Befürworter

Mehrere Länder stemmen sich gegen das Projekt: Die Ukraine befürchtet schwere Einbußen nach einem möglichen Wegfall des russischen Gastransits durch ihr Territorium. Polen, Lettland und Litauen lehnen das Vorhaben als politisch motiviert ab. Und die USA wollen russisches Pipelinegas in Europa durch ihr deutlich teureres verflüssigtes Erdgas (LNG) ersetzen.

Im Dezember 2019 hatte der US-Senat Sanktionen gegen das Gasprojekt Nord Stream 2 in seinen Gesetzentwurf über den Rüstungsetat (NDAA/National Defense Authorization Act) für 2020 einbezogen. Der amerikanische Staatschef, Donald Trump, unterschrieb das Dokument am 20. Dezember.

Die aktivsten Befürworter der Leitung sind Deutschland und Österreich. Beide Länder sind der Ansicht, dass das Projekt die Energiesicherheit Europas stärken wird, und weisen auf die Zuverlässigkeit Russlands als Energielieferant hin. Präsident Putin zufolge soll der ukrainische Gastransit auch nach dem Fertigbau dieser Pipeline bestehen bleiben.

Moskau spricht von konkurrenzfähigem Projekt
Moskau hatte mehrmals erklärt, dass Nord Stream 2 ein ausschließlich kommerzielles und konkurrenzfähiges Projekt sei. Russlands Vize-Energieminister Pawel Sorokin sagte Mitte Februar in Berlin, die Ostsee-Gaspipeline werde bis Ende 2020 oder spätestens bis Anfang 2021 fertiggebaut.

sputniknews


Tags:


Newsticker