Vom "Baby Benz" zum Krawallbruder

  19 März 2020    Gelesen: 696
  Vom "Baby Benz" zum Krawallbruder

Der Mercedes 190 war seinerzeit der Luxus des kleinen Mannes. Allerdings brachte ihm seine Gediegenheit auch den Ruf des Spießers ein. Mit einem brachialen Heckflügel und unbändiger Motor-Power fuhr der Mercedes 190 E 2.5-16 Evolution II gegen das Image an.

Heute gilt der Mercedes 190 als eines der zuverlässigsten Autos seiner Zeit. Doch damals stand er schwer unter dem Verdacht, ein totaler Spießer zu sein. Im Jahr 1990 blies der 190 E 2.5-16 Evolution II jedoch alle derartigen Vorbehalte weg. Das Homologationsmodell für den Rennsport wirbelte so viel Staub auf, dass es bisweilen selbst Porsche-Fahrern die Sinne vernebelte.

Frittentheke als technische Revolution

20 Jahre ist es her, dass im März 1990 dem Publikum des Genfer Automobilsalons der Mercedes 190 E 2.5-16 Evolution II vorgestellt wurde. So sperrig und lang der Name, so imposant war damals der Anblick des "Baby-Benz". Vor allem sein riesiger Heckflügel ließ Spöttern und Bewunderern viel Raum für Interpretation. Entwickelt wurde die "Frittentheke" vom Aerodynamiker Rüdiger Faul gemeinsam mit Professor Richard Läpple von der Technischen Hochschule Stuttgart.

Und auch das war eine kleine technische Revolution: Um den stabilisierenden Abtrieb an der Hinterachse zu optimieren, hat der Spoiler einen herausziehbaren Flap an der oberen Querleiste. Die untere Spoilerleiste im Heck lässt sich kippen und der Frontspoiler ist in zwei Stufen in Längsrichtung verstellbar. Aber noch etwas zeichnet die zu jener Zeit kleinste Stuttgarter Limousine aus. In der Sportversion entwickelt der Reihenvierzylinder 235 PS und stemmt 235 Newtonmeter maximales Drehmoment zwischen 5000 und 6000 Umdrehungen auf die Kurbelwelle.

Teuer und selten

Dank des eng abgestuften Getriebes beschleunigt das rund 1,3 Tonnen schwere Auto in 7,1 Sekunden auf Tempo 100, die Höchstgeschwindigkeit liegt bei 250 km/h. Die waren damals übrigens noch nicht abgeregelt, sondern markierten einen echten Spitzenwert. Konkurrenten wie BMW M3 oder VW Golf GTI sahen hier einige Zeit ziemlich blass aus. Konkurrenzlos war aber auch der Preis: Mercedes verlangte für die auf 502 Exemplare limitierte Edition 115.260 Mark, heute umgerechnet 61.210 Euro.

Neben den optischen Besonderheiten in Form von üppigen Kotflügel-Verbreiterungen, Seitenschweller und Spoiler bietet der Sport-Benz ein in drei Stufen verstellbares Fahrwerk. Über einen dezent links hinter dem Lenkrad angeordneten Schalter kann die Bodenfreiheit variiert werden. Eine nette Spielerei, die für das Fahren auf öffentlichen Straßen eigentlich überflüssig ist. Aber Mercedes wollte mit dem "Evo II" nicht nur Privatkunden beglücken, sondern mit der Kleinserie eine Homologation für eine Rennsportklasse erreichen. Innerhalb von nur drei Monaten wurden die notwendigen 502 Fahrzeuge produziert. Klaus Ludwig wurde mit einem - natürlich modifizierten - Mercedes 190 E 2.5-16 Evolution zudem 1992 DTM-Meister.

Die Zeiten des 2,4-Liter-Vierzylinders mit den vier Ventilen pro Brennraum sind nach der gewonnenen Meisterschaft schnell vorbei. Mercedes setzte nun auf Sechszylinder und stellt 1992 den E 3.2 AMG auf die Räder. Ein Jahr später wurde die 190er-Serie (W201) von der C-Klasse (W204) abgelöst. Doch wie das so ist mit den Entwicklungen: Mit Blick auf die CO2-Forderungen der EU setzen die Stuttgarter heute wieder auf Vierzylinder und es steht zu befürchten, dass der Sechsender über kurz oder lang aus den Stuttgarter Autos fliegt.

Quelle: ntv.de, hpr/sp-x


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