650.000 Betriebe haben in der Coronakrise Kurzarbeit angemeldet

  09 April 2020    Gelesen: 774
650.000 Betriebe haben in der Coronakrise Kurzarbeit angemeldet

Es ist ein Anstieg um 40 Prozent binnen einer Woche: Immer mehr Unternehmen melden wegen der Coronavirus-Pandemie Kurzarbeit an. Wie viele Menschen betroffen sind, ist noch offen.

In Deutschland haben 650.000 Betriebe während der Coronakrise bereits Kurzarbeit angemeldet. Das hat die Bundesagentur für Arbeit (BA) in Nürnberg bekannt gegeben. Dies bedeute eine Steigerung um rund 40 Prozent gegenüber dem jüngsten Vergleichswert. Zum 27. März war die Zahl von 470.000 Betrieben ermittelt worden.

Wie viele Menschen damit von Kurzarbeit betroffen sein werden, lässt sich zunächst nicht beziffern, hieß es weiter. "Das können wir erst genau sagen, wenn die Kurzarbeit abgerechnet wird", sagte BA-Chef Detlef Scheele.

Die Behörde geht aber davon aus, dass ihre Zahl "deutlich" über dem Niveau der Finanz- und Wirtschaftskrise 2009 liegen wird. Damals waren in der Spitze bis zu 1,4 Millionen Beschäftigte in Kurzarbeit. Die Regierung rechnet mit etwa 2,1 Millionen Kurzarbeitern. Die Anzeigen für Kurzarbeit kommen aus allen Branchen, schwerpunktmäßig aus dem Gastgewerbe und dem Einzelhandel.

DGB fordert Anhebung des Kurzarbeitergelds auf 80 und 87 Prozent
Die Bundesregierung hatte wegen der Pandemie im Eilverfahren Verbesserungen beim Kurzarbeitergeld beschlossen, die rückwirkend bereits seit dem 1. März gelten. Unternehmen können bereits dann Kurzarbeitergeld beantragen, wenn zehn Prozent der Beschäftigten im Betrieb von Arbeitsausfall betroffen sind statt zuvor ein Drittel. Zudem werden Arbeitgebern die Sozialversicherungsbeiträge, die sie auch bei Kurzarbeit zu zahlen haben, in voller Höhe erstattet. Ziel ist es, Arbeitsplätze zu erhalten.
Die betroffenen Arbeitnehmer erhalten 60 Prozent ihres Nettogehalts. Wenn sie Kinder haben, sind es 67 Prozent. Der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) fordert die Anhebung auf 80 beziehungsweise 87 Prozent. Beschäftigte mit niedrigem Einkommen könnten sonst in die Armut abrutschen. Die bisher geltenden Sätze sollten befristet für drei Monate angehoben werden, sagte DGB-Chef Reiner Hoffmann.

Corona-Kabinett könnte über Erhöhung beraten
Die Forderung dürfte am Mittag auch Thema im sogenannten Corona-Kabinett werden. In dem Ausschuss der Bundesregierung unter Leitung von Bundeskanzlerin Angela Merkel (CDU) wird dort regelmäßig über Maßnahmen zur Bekämpfung der Krise beraten.

Arbeitsminister Hubertus Heil (SPD) hatte vor einigen Tagen eine allgemeine Erhöhung ins Spiel gebracht und angekündigt, mit Arbeitgebern und Gewerkschaften darüber zu reden. Zuletzt hatte eine Studie auch gezeigt, dass ohne Kurzarbeitergeld der Schaden für die Wirtschaft noch viel größer wäre. Der Erhalt der Arbeitsplätze bremst die Rezession.

DGB-Chef Hoffmann sagte, eine gemeinsame Lösung mit den Arbeitgebern zur Aufstockung sei leider nicht möglich gewesen, deshalb müsse nun der Weg für eine gesetzliche Erhöhung freigemacht werden. "Wir werden erleben, dass Menschen, die 40 Prozent Einkommenseinbußen haben, ihre Mieten nicht mehr bezahlen können oder die Ratenkredite fürs Auto oder das Eigenheim. Strom, Wasser, Rundfunkgebühren - alles, was da anfällt, wird für sie eine erhebliche Belastung."

"Es ist ja völlig richtig, dass Sicherheit und Liquidität für Unternehmen garantiert wird", sagte der DGB-Chef mit Blick auf die auf den Weg gebrachten Hilfen für die Wirtschaft in der Coronakrise. "Was wir darüber hinaus brauchen ist ein klares Signal an die Menschen, dass auch sie jetzt über diese schwierige Zeit gebracht werden und nicht in der Sozialhilfe landen."

BA-Chef Scheele sagte zu der Diskussion, die Leistung zu erhöhen oder auszuweiten: "Für uns als Verwaltung ist entscheidend, dass wir den Anstieg der Anzeigen nur bewältigen können, wenn das Verfahren weiter so unbürokratisch bleibt wie es jetzt ist. Es darf nicht komplizierter werden." Derzeit seien alleine 8000 Mitarbeiter bei den Arbeitsagenturen damit betraut, die Anzeigen zu bearbeiten.

spiegel


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