Der mit A-B-S-T-A-N-D skurrilste Derby-Sieg

  17 Mai 2020    Gelesen: 797
  Der mit A-B-S-T-A-N-D skurrilste Derby-Sieg

Borussia Dortmund spielt ganz stark, der FC Schalke 04 ganz schwach - und so endet das 178. Revierderby so deutlich wie zuletzt vor 54 Jahren. In einem sehr ungewöhnlichen Spiel sucht der BVB nach "Spaß" und findet ihn.

Wenigstens ein bisschen wie immer sollte es doch sein, schließlich war den Fußballern aus Dortmund an diesem sehr außergewöhnlichen Spieltag der Bundesliga etwas sehr Außergewöhnliches gelungen. Die Borussen hatten den FC Schalke 04 vor offiziell null Zuschauern im 178. Revierderby entgeistert, mit 4:0 (2:0), so deutlich war das zuletzt vor 54 Jahren gelungen. Am 12. November 1966 nämlich, da hatte die Mannschaft mit Klub-Legenden wie Lothar Emmerich, Hoppy Kurrat und Wolfgang Paul den Erzrivalen mit 6:2 bezwungen - auch Rudi Assauer stand für die Borussen auf dem Platz.

So bewegten sich die Spieler des BVB an diesem späteren Samstagnachmittag nach dem Abpfiff auf die Südtribüne zu. Wie sie es immer machen. Egal ob nach heroischen Siegen oder nach bitteren Niederlagen. Sie verzichteten dabei vorbildlich auf jeden Körperkontakt, sie hielten diszipliniert Abstand und luden die leere Tribüne zur "Geister"-Welle ein. Eine besonders schöne Geste an die Fans, die diesen historischen Sieg in diesem historischen Spiel im Couch-Club oder in der "Geister"-Kneipe miterleben mussten. Fußball mit Zuschauern im Stadion - das ist halt gerade nicht. Erst recht nicht mit über 80.000 in Dortmund. "Unsere Fans sind nicht da, die gelbe Wand ist nicht da, das ist sehr, sehr komisch", befand Trainer Lucien Favre.

"Man versucht seinen Spaß zu finden"

Und das macht dieses Spiel irgendwie fremd, die sonst so bebende Kulisse ist eine völlig andere. Statt Gesängen hört man Gerede (der Spieler, der Trainer). Statt lauten Pfiffen hört man leises Ploppen (bei der Ballannahme). Und der Torjubel klingt dann auch nicht spektakulärer als im "Stadion an der Hövel" in der Bezirksliga beim TuS Eichlinghofen. "Ich muss es nicht unbedingt haben, mir wäre lieber, wenn die Rahmenbedingungen normal wären", sagte Julian Brandt. "Wir müssen uns alle anpassen. Aber man versucht in so einer Situation, seinen Spaß zu finden." Und den hatte der Spielmacher des BVB.

Drei der vier Treffer seiner effizient pressenden sowie freudvoll und kombinationssicher aufspielenden Mannschaft leitete er direkt oder maßgeblich ein. Vor dem 1:0 (29.) durch Sturm-Phänomen Erling Haaland spielte er Flankengeber Thorgan Hazard per Hacke frei. Der Norweger erzielte nicht nur sein zehntes Saisontor, sondern beendete auch die "Mini-Flaute" von zwei Bundesligaspielen ohne Treffer (!) und darf sich nun erster Geisterspieltags-Torschütze nennen. Ein Titel mit Ewigkeitsgarantie.

Deutlich weniger spektakulär, dafür aber brutal effektiv bereitete Brandt die Tore zum 2:0 durch Raphael Guerreiro (45.) - der Portugiese traf auch noch zum 4:0 (63.) - und zum 3:0 durch Hazard vor. "Wir haben es gut gemacht, auch wenn es nicht perfekt war", lobte der DFB-Spieler. "Und was gibt es Schöneres, als mit einem Sieg wieder einzusteigen?"

Eine Kampfansage an den FC Bayern

Es war tatsächlich ein Sieg, der Hoffnung macht. Zumindest all jenen, die sich im Saison-Finale ein spannendes Titel-Duell wünschen. Denn nachdem sich RB Leipzig gegen den SC Freiburg einen überraschenden Patzer geleistet hatte, dürfte sich die Meisterschaft nun wohl nur noch zwischen Tabellenführer FC Bayern und Dortmund entscheiden. Die Münchner können ihren Vorsprung von vier Punkten am Abend indes wieder herstellen, wenn sie bei Union Berlin gewinnen (ab 18 Uhr im ntv.de-Liveticker).

Was dieser Sieg gegen die desolaten Schalker für die nächsten Wochen bedeutet, darüber verloren die Borussen kein Wort. Sie waren für den Moment erstmal nur zufrieden, dass ihnen der Kaltstart so beeindruckend gelungen war. "Wir sind alle sehr erleichtert", sagte Sportchef Michael Zorc. "Wir wussten nicht, wo wir nach dieser langen Pause stehen. Ich kann der Mannschaft nur ein Kompliment machen, sie hat es hervorragend umgesetzt." In seiner Schweizer Gelassenheit klang auch Coach Lucien Favre sehr glücklich: "Der Schlüssel war, dass die Mannschaft gut zusammengespielt hat. Die Spieler haben sich sehr, sehr gut auf ihre Aufgabe konzentriert. 4:0 gegen Schalke, das ist ganz okay."

Die Social-Media-Abteilung der Gelsenkirchener ließ derweil wissen: "Das war mit A-B-S-T-A-N-D der mieseste Samstag seit Langem."

Quelle: ntv.de


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