Anja Karliczek hat Verständnis - und gleichzeitig auch eine große Sorge. "Wir alle wünschen uns, dass Kitas und Schulen möglichst rasch wieder vollständig öffnen können", sagte die CDU-Politikerin dem Redaktionsnetzwerk Deutschland. "Ich warne allerdings vor einem Überbietungswettbewerb entsprechender Forderungen."
Die Menschen wollten vor allem Verlässlichkeit, dabei müsse aber der Gesundheitsschutz weiter an erster Stelle stehen, so Karliczek. Auf dieser Basis träfen die Bundesländer ihre Entscheidungen.
Die Debatte über mehr Tempo bei der Rückkehr zum Schul- und Kita-Regelbetrieb hatte in den vergangenen Tagen erheblich an Fahrt aufgenommen. Mehrere Medizinerverbände hatten trotz Corona-Pandemie dafür plädiert, Schulen und Kitas umgehend wieder zu öffnen. Das Übertragungsrisiko durch Kinder sei eher gering, argumentierten die Mediziner.
Nicht bis September warten
Nordrhein-Westfalen hatte daraufhin angekündigt, bereits ab 8. Juni wieder einen eingeschränkten Regelbetrieb mit reduzierter Stundenzahl in den Kitas anzubieten. Zuvor war der Regelbetrieb erst für September geplant gewesen. Ministerpräsident Armin Laschet begründete die neue Dynamik auch mit Blick auf andere Bundesländer. "Wenn man sieht, dass inzwischen in Bayern Biergärten geöffnet haben, dann finde ich, haben auch die Kinder wieder Betreuung verdient", sagte der CDU-Politiker am Mittwochabend in der Sendung "ARD Extra".
Er habe immer dafür plädiert, abzuwägen, "welche Schäden richten wir auch an, wenn Kinder jetzt seit über acht Wochen nicht mehr in den Kitas waren. Und dem versuchen wir jetzt, ein wenig Rechnung zu tragen", so Laschet.
Wochenlang waren in ganz Deutschland Schulen und Kitas wegen der Corona-Pandemie geschlossen. Seit Ende April wurde der Schulbetrieb stufenweise wieder aufgenommen. In den Kitas wird derweil die Notbetreuung weiter ausgeweitet. Über das Tempo der Wiederöffnung entscheiden die Bundesländer selbst.
"Nicht so, dass alle massiv drängen"
So sind in Sachsen Grundschulen und Kindergärten für alle seit Wochenbeginn wieder geöffnet. Allerdings ist der Schulbesuch für Grundschulkinder nach einem Gerichtsurteil zunächst freiwillig.
In Bayern sollen schrittweise mehr Kinder zurück in Kindergärten und Krippen dürfen. Nach den Pfingstferien, die Mitte Juni enden, soll es dort Betreuungsmöglichkeiten für rund 80 Prozent der berechtigten Kinder geben.
Bayerns Ministerpräsident Markus Söder (CSU) setzt dabei allerdings auf ein vorsichtiges Vorantasten: "Wir bekommen unterschiedlichste wissenschaftliche Aussagen über die Gefährdungslage", sagte er in der ARD-Sendung "Maischberger". Deswegen sei es "einfach klug, da schrittweise vorzugehen."
Er berichtete auch von großer Skepsis "sowohl von den Lehrerinnen und Lehrern, als auch von vielen Eltern". "Es ist nämlich nicht so, dass alle massiv drängen. Das Gegenteil ist der Fall", sagte Söder.
spiegel
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