Volkswirte erwarten deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit

  30 Mai 2020    Gelesen: 694
Volkswirte erwarten deutlichen Anstieg der Arbeitslosigkeit

Die Coronakrise trifft den Arbeitsmarkt hart. Im April stieg die Zahl der Arbeitslosen bereits wie nie zuvor in einem April. Jetzt erwarten Ökonomen einen weiteren starken Anstieg.

Volkswirte mehrerer deutscher Finanzinstitute befürchten erhebliche und nachhaltige Auswirkungen der Coronakrise auf Arbeitsmarkt und Konjunktur. "Ich erwarte im Mai einen deutlichen Anstieg der Arbeitslosen von saisonbereinigt 180.000", sagte Katharina Utermöhl von der Allianz in einer Umfrage der Deutschen Presse-Agentur. Damit wären in nur zwei Monaten 500.000 Jobs verloren gegangen. Im April war die Zahl der Arbeitslosen um 308.000 gestiegen - so viel wie nie zuvor in einem April. "Die gesamte positive Entwicklung der vergangenen fünf Jahre auf dem Arbeitsmarkt würde dann ausradiert", sagte Utermöhl.

"Täuschen die Vorzeichen nicht, wird die Arbeitslosenquote bereits im Mai auf über sechs Prozent steigen, die Zahl von drei Millionen rückt näher. So hoch war sie zuletzt 2016", sagte Jens-Oliver Niklasch von der Landesbank Baden-Württemberg (LBBW). Angesichts von zehn Millionen Menschen, für die Kurzarbeit beantragt wurde, drohe eine weitere Welle. "Springt die Konjunktur nicht rechtzeitig und kräftig genug an, wird für viele von ihnen der Weg von der Kurzarbeit direkt in die Arbeitslosigkeit führen." Vor allem das Gastgewerbe und der Einzelhandel seien gefährdet.

Auch die Chefvolkswirtin der Bankengruppe KfW, Fritzi Köhler-Geib, sieht Gefahren vor allem für diese Branchen. "Insbesondere die anhaltenden Einschränkungen für konsumnahe Dienstleistungen wie Gastgewerbe, Einzelhandel, Tourismus und Kultur- und Kreativwirtschaft verhindern dort oft noch ein auskömmliches Wirtschaften", betonte sie. "Je länger dies so bleibt, umso mehr Kurzarbeiter werden ihre Stellen verlieren und umso mehr Betriebe und Selbstständige werden aufgeben müssen."

Anstieg von Insolvenzen erwartet
Nach Angaben von Allianz-Expertin Utermöhl ist auch mit einer steigenden Zahl von Insolvenzen zu rechnen. Sie geht in ihrer Prognose von einem Anstieg von 10 Prozent bei den Firmenpleiten aus. Im Rest der Eurozone werde die Zahl der Insolvenzen sogar um 20 Prozent klettern.

Marc Schattenberg von der Deutschen Bank geht ebenfalls davon aus, dass Corona bleibende Schäden hinterlassen könnte. Nach seiner Prognose wird das Bruttoinlandsprodukt im laufenden Jahr um neun Prozent einsacken. Das gehe mit steigender Arbeitslosigkeit einher. "Die Kurzarbeit hilft im Moment sehr stark", sagte er. Es sei jedoch zu befürchten, dass viele Soloselbstständige irgendwann aufgeben müssten. Gleichzeitig würden Betriebe bei der Einstellung vorsichtiger. "Die Zahl der offenen Stellen geht stark zurück", sagte Schattenberg.

Die Bundesagentur für Arbeit in Nürnberg will an diesem Mittwoch (3. Juni) ihre Arbeitsmarktstatistik für den Mai bekanntgeben, erwartet werden dann auch neue Zahlen zur Kurzarbeit.

spiegel


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