Eine Ansage an die "Opfer"-Truppe der Liga

  03 Juni 2020    Gelesen: 1108
  Eine Ansage an die "Opfer"-Truppe der Liga

Über den FC Schalke 04 ist eigentlich alles gesagt: Keine andere Mannschaft in der Bundesliga ist derzeit schlechter als die von Trainer David Wagner. Gegen die Abstiegskandidaten Augsburg, Düsseldorf und Bremen gab's drei Pleiten in Serie. Der Sportchef zählt eine Fußballer hart an.

Bastian Oczipka versuchte es in Minute 86 noch einmal mit einer Ecke. Zu hoch. Möglichkeit vertan. Die letzte, um die 0:1-Niederlage seines FC Schalke 04 gegen Werder Bremen am 29. Spieltag der Fußball-Bundesliga noch abzuwenden. Dass die nächsten acht Minuten ohne weiteren nennenswerten Vorfall wegtickten - Ausnahme war Doppel-Gelb für die rangelnden Davie Selke und Ozan Kabak - lieferte kein knackiges Indiz für das bedingungslose Aufbegehren der Königsblauen mitten in ihrer Maxi-Krise.

Elf Spiele in Serie haben die Gelsenkirchener nun schon nicht mehr gewonnen - sie sind die schlechteste Mannschaft der Rückrunde. Den letzten Liga-Sieg gab es, als das laufende Jahr gerade 17 Tage alt war - mit einem beachtlichen 2:0-Erfolg gegen Borussia Mönchengladbach waren die Schalker aus der Winterpause gekommen und hatten angedeutet, dass die überraschend starke Hinrunde eventuell mehr war, als eine erfreuliche Ausnahme. Eine äußerst falsche Annahme. Es folgte ein brutaler Absturz, der nur deshalb nicht klassenerhaltsgefährend ist, weil sich die 30 Punkte aus der Zeit vor der ersten Saisonunterbrechung längst als lebensrettend erweisen.

Die aktuelle Lage hilft Wagner

Und als joberhaltend. Zumindest für Trainer David Wagner. Dem kommt derweil auch noch die zweite Saisonunterbrechung durch die Corona-Krise zugute - und die folgende Abwesenheit von Publikum im Stadion. Der Druck der frustrierten Masse, er hätte die Klub-Verantwortlichen womöglich längst zu einer Entscheidung gegen den 48-Jährigen geführt. So aber halten sie weiter mit wiederholten Garantien an ihm fest, trotz der schlimmsten Serie seit 23 Jahren. Das lange Leiden in der Saison 1996/97 wurde aber immerhin mit dem bis heute heilig gehaltenen Uefa-Cup-Sieg wegtherapiert.

Ein entsprechendes Gegenmittel gegen die aktuellen Schmerzen ist nicht in Sicht. Trotz nur fünf Punkten Rückstand (allerdings ist da auch noch ein fürchterliches Torverhältnis) auf die Europapokalränge wirkt ein Gedanke an dieses mögliche Ziel angesichts der fußballerischen Ratlosigkeit, mit der Mannschaft durch die vergangenen Wochen taumelt, wie eine schizophrene Idee. Das sehen sie im Verein allerdings auch so. Es gehe in den ausstehenden fünf Spielen nur noch darum, "Ergebnisse zu erzielen und die Saison noch einigermaßen vernünftig zu beenden", sagte Sportvorstand Jochen Schneider am Montag der "WAZ" und schob frustriert hinterher: "Soweit das überhaupt noch möglich ist."

"Aufhören, das Opfer zu sein"

Wie sehr dieser Frust schmerzt, das hat Schneider nun in der "Sport Bild" noch einmal deutlich gemacht. "Wir haben - bei allem Respekt - in einer Woche gegen Augsburg, Düsseldorf und Bremen verloren", sagte der 49-Jährige. "Augsburg war bis dahin in der Rückrunde die Mannschaft mit den wenigsten Punkten, Düsseldorf war Tabellen-16. und Werder Tabellen-17. Wir müssen uns der Situation bewusst sein und aufhören, das Opfer der Bundesliga zu sein." Zuvor waren die Schalker bereits mit einer krachenden Derby-Lasche in Dortmund aus der Corona-Pause in den Spielbetrieb zurückkehrt.

Der Weg zurück vom wehrlosen Opfer - aus den vergangenen elf Spielen resultiert ein Torverhältnis von 3:25 (!) - zu einer Mannschaft mit Wettkampfniveau führt die Schalker am Sonntagnachmittag (ab 15.30 Uhr im Liveticker bei ntv.de) zu Union Berlin. Der Aufsteiger kämpft nach einer ebenfalls überraschend guten Hinrunde und einem (indes weniger brutalen) Absturz nach der Winterpause gegen den immer heftiger drohenden Abstiegsstrudel. Seit sechs Partien sind die Köpenicker nun auch schon sieglos. Aber immerhin haben sie sich stets gegen den bitteren Spielausgang gestemmt.

Reicht kratzen, beißen, kämpfen?

Der Weg zurück vom wehrlosen Opfer soll nun mit überraschender Einfachheit gelingen. "Jetzt heißt es kratzen, beißen, kämpfen!", kündigte Daniel Caligiuri über die Klub-Homepage an. Ob das allerdings als Heilplan ausreicht, um alle Symptome der Krise zu therapieren? Da wären die aberwitzigen individuellen Fehler, wie das verkorkste Dribbling von Jean-Clair Todibo vor dem Gegentor gegen Bremen, da wäre das Kreativitätsvakuum im Mittelfeld und die mittlerweile schon irrwitzige Abschlussschwäche der Stürmer. Da wäre eine ausufernde Debatte über die Mauertaktik von Wagner, die laut "Kicker" sogar im Team kritisch gesehen wird. Und schließlich ist da noch die Liste der verletzten Leistungsträger mit dem ehemaligen Abwehrchef Benjamin Stambouli, mit Mittelfeldchef Suat Serdar, mit Spielmacher Amine Harit und mit Kapitän Omar Mascarell.

Der Spanier wendete sich am Montag via Twitter an die Fans: "Kein einfacher Moment für uns als Mannschaft und natürlich auch nicht für Euch, unsere Fans! Aber wir geben nicht auf und versuchen am Sonntag den Bock endlich umzustoßen. Wir sind Schalker [...]. Gemeinsam schaffen wir das." Zuletzt gab's dafür indes kaum keine Argumente.

Quelle: ntv.de


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