Die Republikaner zahlen einen hohen Preis für ihren Rechtsruck

  22 Februar 2016    Gelesen: 567
Die Republikaner zahlen einen hohen Preis für ihren Rechtsruck
Den offenbar unaufhaltsamen Aufstieg Donald Trumps hat sich die Grand Old Party selbst zuzuschreiben. Marco Rubio ist die letzte Hoffnung der Parteielite.
Daheim in Dallas, vor dem TV-Schirm, kam der 43. US-Präsident aus dem Staunen nicht heraus. „Kannst du glauben, was hier vor sich geht?“, fragte George W. Bush einen Vertrauten, sichtlich irritiert angesichts des Furors der republikanischen Stammwähler bei den ersten Vorwahlen in Iowa und New Hampshire. Dies ist nicht mehr die Partei, die ihn vor 16 Jahren auf den Schild gehoben hat – die Grand Old Party der Golfklub-Republikaner und des Establishments, die stets den nächstbesten Kandidaten in der Parteihierarchie in den Ring schickte; denjenigen, der als Vizepräsident, Gouverneur oder Senator die meisten Meriten erworben hatte.

Der Wahlabend in South Carolina sollte George W. Bush in seiner Verwunderung nur bestätigen. Der Bush-Clan hatte alles an finanzieller und personeller Unterstützung mobilisiert, um den Höhenflug Donald Trumps zumindest aufzuhalten. Der Wahlabend im „Palmetto State“ war noch jung, als Jeb Bush ans Podium trat, um Trump wenigstens für ein paar Minuten die Show zu stehlen – und seine Ambitionen zu begraben. Der „kleine“ Bush-Bruder fügte sich ins Unvermeidliche.

Der Ex-Gouverneur von Florida, geboren und aufgewachsen in Texas, ausgestattet mit dem fettesten Wahlkampfkonto und dem ausgefeiltesten Programm, kam nicht einmal bis zu den Primaries in seinen vermeintlichen Bastionen Texas und Florida im März. Wie Chris Christie, der schwergewichtige Gouverneur von New Jersey und vor vier Jahren für kurze Zeit der Mann der Stunde, ist der Favorit sang- und klanglos aus dem Marathon-Wahlkampf ausgeschieden – gescheitert an sich, am Wettstreit der Populisten, an der Anti-Establishment-Stimmung der Parteibasis und nicht zuletzt am Phänomen Trump.

Entgegen der Warnung George W. Bushs profilierte sich der Lauteste als der Stärkste. Der schrille Egozentriker aus New York – ein Kandidat, wie ihn die Partei noch nicht gesehen hat – bietet Angriffsflächen und Widersprüche zuhauf. Und doch perlt alles an ihm ab: die Attacke gegen den Papst in der Kontroverse um Immigration und den Grenzwall zu Mexiko, die Debatte um 9/11, die Verantwortung der Regierung George W. Bushs an den Terroranschlägen, die Sottisen gegen den Vietnam-Veteranen und Kriegshelden John McCain und Fox-News-Moderatorin Megyn Kelly.

Die Kritik, formuliert aus einem Bauchgefühl und mit dem Instinkt eines Bluthundes, der keinem Kampf aus dem Weg geht, trifft die Stammklientel, und doch konnte dem Tycoon bisher nichts und niemand etwas anhaben. Höchste Zeit, dass die medialen Investigativ-Trupps ihm zu Leibe rücken und die Pleiten und persönlichen Fehltritte ans Licht befördern. In Stil, Inhalt und Organisation seiner Kampagne widerlegt Donald Trump jedenfalls jede Wahlkampf-Orthodoxie. Welcher seiner Gegner hätte schon die Chuzpe und mithin die Courage, eine TV-Diskussion kurzerhand abzusagen?


Für die republikanische Elite besteht die einzige Hoffnung einstweilen darin, dass Trump den Plafond an Wählerstimmen mit rund 35 Prozent erreicht haben dürfte. Ob Marco Rubio, der Kandidat des Establishments, im Duell der Verfolger seinen kubanischstämmigen Ko-Senator Ted Cruz so schnell aus dem Feld schlagen kann, wie sein Masterplan dies will, ist freilich ziemlich ungewiss. Rubio stilisiert sich derweil zu einem „Kind der Reagan-Revolution“ und buhlt um die Stimmen der Moderat-Konservativen, um die Anhänger seines früheren Mentors Jeb Bush. Die Blessuren, die die Wahlschlacht hinterlassen hat, sind indes tief. Und es wird noch mehr Blut fließen.

Bei den Republikanern geht Panik vor einem Präsidentschaftskandidaten Trump und einer wohl sicheren Wahlschlappe am 8. November um, die die Partei in eine schwere Identitätskrise stürzen könnte. Von neokonservativen Ideologen, den Tea-Party-Fundamentalisten und skrupellosen Populisten weit nach rechts getrieben, wäre dies für die Grand Old Party gleichwohl die Chance für eine Rückbesinnung und eine Kurskorrektur. Es wäre die überfällige Lektion aus dem Kapitel Trump, wenngleich eine überaus bittere. Den anscheinend unaufhaltsamen Aufstieg Donald Trumps hat sich die Partei schließlich selbst zuzuschreiben – und die Regierung George W. Bushs war nicht schuldlos daran.

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