Lufthansa-Großaktionär Heinz Hermann Thiele hat seinen Anteil vor der entscheidenden außerordentlichen Hauptversammlung zum Staatseinstieg kräftig aufgestockt. "Am Montagabend habe ich die meldepflichtige Schwelle von 15 Prozent überschritten", sagte der Unternehmer der "Frankfurter Allgemeinen Zeitung". In den letzten Tagen und Wochen habe er Aktien über die Börse und von Investoren erworben. Erst im Lauf des März hatte Thiele seinen Anteil an der Lufthansa schrittweise auf zehn Prozent ausgebaut - und stieg damit überraschend zum Großaktionär auf.
Thiele will dem Bericht zufolge den Rettungsplan für die angeschlagene Fluggesellschaft mit dem Einstieg des Staates nachverhandeln. Das Paket solle nach dem Willen des Großaktionärs noch einmal aufgeschnürt werden. Thiele wehre sich vor allem gegen die vorgesehene Aktienbeteiligung von 20 Prozent an Europas größter Fluglinie, die der Staat im Gegenzug für seine Finanzspritze von neun Milliarden Euro erhalten soll, heißt es in dem Bericht. "Die Lufthansa braucht für Sanierung und Gesundung keine Staatsbeteiligung", sagte der Unternehmer.
Thiele: "Man hätte intensiver verhandeln können"
Er kritisierte, dass Lufthansa-Chef Carsten Spohr nicht die mit dem Bund behandelten Alternativen benannt habe. "Die muss der Vorstand auf den Tisch legen", sagte Thiele. "Ich schätze Herrn Spohr, aber mir reicht die Aussage von ihm nicht, es sei alles geprüft worden und eigene Vorstellungen seien nicht durchsetzbar gewesen. Ich glaube, man hätte intensiver verhandeln können."
Der Frage nach seinem Stimmverhalten auf der Hauptversammlung wich der Unternehmer mehrmals aus. Auch, ob er gegen einen eventuellen Beschluss der Hauptversammlung vorgehen würde, beantwortete Thiele zurückhaltend. "So weit bin ich noch gar nicht", sagte er. "Ich sehe aber jetzt eine Chance, das Thema noch einmal aufzumachen."
Die Aufstockung sei kein Signal, auf der Hauptversammlung gegen irgendetwas zu stimmen, sagte Thiele. Der Großaktionär könnte mit 15 Prozent bei einer geringen Präsenz aber eine Zustimmung verhindern. Auf der außerordentlichen Hauptversammlung am 25. Juni müssten die Aktionäre der Kapitalerhöhung für den Staatseinstieg mit einer Drei-Viertel-Mehrheit zustimmen.
Wie hartnäckig jedoch Thiele seine Ziele verfolgt, demonstrierte der Eigentümer des Zulieferers Knorr Bremse vor vier Jahren. Die Münchner verhinderten in einer Bieterschlacht, dass der Autozulieferer ZF Friedrichshafen den schwedischen Bremsenhersteller Haldex übernehmen konnte.
Im FAZ-Interview zur Lufthansa gab sich Thiele noch zurückhaltend: "Ich werde aber sicherlich hier nicht blockieren oder ausbremsen. Ich hoffe vielmehr, dass noch im Vorfeld etwas bewirkt und in Bewegung gebracht werden kann", sagte er. Die Aktionäre seien "überfallartig" damit konfrontiert worden, dass sie durch die Kapitalerhöhung für den Staatseinstieg einen Wertverlust ihres Eigentums akzeptieren müssten und der Bund durch den niedrigen Einstiegskurs zum Profiteur werde.
Thiele erklärte, er bezweifle, dass bei einem Scheitern des ausgehandelten Pakets eine Insolvenz mit einem Totalverlust drohe, wie es ihm Spohr in Telefonaten erklärt habe. "Meines Erachtens sind nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft worden." Thiele ist vor allem die direkte Staatsbeteiligung ein Dorn im Auge, obwohl die Regierung nach der Vereinbarung ihr Stimmrecht nicht ausüben will und die Lufthansa selbst die staatlichen Aufsichtsratsvertreter aussuchen soll.
Der Großaktionär geht aber davon aus, dass die Politik bei einem Abbau Tausender Arbeitsplätze durch "umfangreicheren sozialen" Ausgleich die Sanierung der Lufthansa erschweren wird. Der Staat solle sich auf die Finanzhilfe beschränken, "minimalinvasiv" vorgehen und nicht in die Rolle eines renditeorientierten Investors hineinwachsen.
Als Kompromiss führt Thiele eine indirekte Staatsbeteiligung über die Förderbank KfW an. Der Vorteil aus seiner Sicht: "Die hält sich zurück und befolgt strikte Regeln." Auch eine Insolvenz der Lufthansa dürfe man nicht ausschließen. "Es könnten sich daraus ebenso neue Möglichkeiten ergeben, auch wenn natürlich das Risiko steigt."
Um das Rettungspaket für die Lufthansa war wochenlang gerungen worden. Die EU-Kommission verlangt für ihre wettbewerbsrechtliche Freigabe, dass die Lufthansa Start- und Landerechte an den Drehkreuzen Frankfurt und München abgeben muss.
spiegel
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