AMG E 63 - die Erben von "The Hammer"

  18 Juni 2020    Gelesen: 1089
  AMG E 63 - die Erben von "The Hammer"

Mit "The Hammer" öffnete AMG Ende der 1980er Jahre ein neues Performance-Kapitel. In dessen Tradition stehen auch heute noch die neuen E 63-Modelle aus Affalterbach. Die wurden jetzt einem umfänglichen Facelift unterzogen.

Im Jahr 1986 war die Welt für Petrolheads noch in Ordnung. Eines ihrer Höhepunkte in dem Jahr, in dem Hollywood-Schauspieler Clint Eastwood zum Bürgermeister von Carmel gewählt wird, die Bundesregierung Erziehungsgeld und -urlaub einführt und der sowjetische Regimekritiker Andrej Sacharow rehabilitiert wird, war die Präsentation des Mercedes 300 CE 6.0 AMG. Lediglich zwölf dieser Wunderwaffen zu dem für damalige Zeiten unglaublichen Preis von 335.000 D-Mark wurden gebaut. Der Affalterbacher Wolf im Schafspelz war damit gut 100.000 D-Mark teurer als ein Rolls-Royce Corniche II.

Aber nicht nur der Preis machte den 300 CE 6.0 AMG zu einem Traumauto. Was unter der Haube seinen Dienst verrichtete, belebte die Fantasien vieler Sportwagenfans: Ein V8-Treibsatz, der aus 6,0 Litern Hubraum 385 PS und das für damalige Zeiten unvorstellbare maximale Drehmoment von 566 Newtonmetern generierte. Mit einer Höchstgeschwindigkeit von 289 km/h fühlte man sich seinerzeit dem Warp-Antrieb der "Enterprise" so nah wie nie. Allerdings soff der Bolide auf seinem Weg zu den Sternen ordentlich was weg. Das Datenblatt vermeldet seinerzeit 16 Liter über 100 Kilometer. Dieser Wert darf aber bei ordentlichem Leistungsabruf getrost als stark untertrieben angesehen werden. Obgleich die Kollegen von der "Auto Motor und Sport" genau diesen Wert jüngst erfahren haben wollen.

Wie einst "The Hammer"?

Nun, wie dem auch sei, wenn AMG heute also den neuen E 63 und E 63 S vorstellt, sollte zuerst ein Blick auf den Verbrauch geworfen werden: maximal 11,9 Liter sollen es im Drittelmix sein. Allerdings sind das die korrelierten NEFZ-Werte. Ergo: Auch hier darf im Alltagsbetrieb noch etwas draufgeschlagen werden. Was seinerzeit noch keinen so richtig interessierte, waren die aus den Endrohren geblasenen CO2-Werte. Beim neuen E 63 ist die Angabe Pflicht: maximal 273 Gramm/Kilometer sollen es hier sein. Wie hoch der Wert bei "The Hammer" war, kann man wohl nicht mal ahnen. Es dürfte aber durch die heutige Brille betrachtet der Hammer sein. Ist aber auch egal, denn wie gesagt, es gibt lediglich zwölf der alten Recken und da die, wenn sie auf der Straße fahren, ein H-Kennzeichen für Oldtimer tragen, sind diese Werte ohnehin Makulatur.

Wenden wir uns jetzt dem Ahnen zu, der sich immer noch in direkter Tradition zu dem 124er Coupé mit Sechsliter-V8 sieht. Heute pumpt unter der Haube allerdings ein 4,0-Liter-V8-Biturbo mit Twin-Scroll-Ladern. Was nichts anderes heißt, als dass die Leistung von 572 PS und das maximale Drehmoment von 750 Newtonmetern beim E 63 für einen Sprint auf Tempo 100 in 3,5 Sekunden abgeschlossen ist. Die S-Variante mit 612 PS und 850 Newtonmetern schafft den Sprint 0,1 Sekunden schneller. Allerdings sind das die Zeiten für die Limousine. Das T-Modell benötigt in der 63er-Version 3,6 Sekunden; mit dem S im Kürzel sind es 3,5 Sekunden. Am Ende also völlig Wumpe! Interessant wird es für die Freunde des Vmax bei den Daten zur Höchstgeschwindigkeit. Die liegt nämlich bei abgeregelten 250 km/h für den E 63 und bei ebenfalls abgeregelten 300 km/h für den 63 S. Allerdings gibts den Flugschein für den Tempoexzess erst, wenn das AMG Driver's Package gebucht wurde.

Bewährtes modifiziert

Wie schon bei den Vorgängermodellen sorgt eine Neungangautomatik mit extrem kurzen Schaltzeiten und schnellen Mehrfachrückschaltungen mit Zwischengasfunktion für die Kraftverteilung. Neu ist die nasse Mehrscheiben-Anfahrkupplung, die den Drehmomentwandler ersetzt. Das spart Gewicht und optimiert das Ansprechverhalten, insbesondere beim Zwischenspurt und bei Lastwechseln. Beim Fahrwerk kommt weiterhin das AMG Ride-Control-Fahrwerk zum Einsatz. Allerdings verspricht AMG dank einer neuen Abstimmung und einer überarbeiteten Elastokinematik noch mehr Komfort.

Ebenfalls wie bisher bleibt es für die E 63-Modelle bei einem variablen Allradantrieb und einem elektronisch geregelten Hinterachs-Sperrdifferenzial, das den Schlupf am kurveninneren Rad ohne Regeleingriff der Bremse reguliert. Was es möglich macht, schneller und kraftvoller aus den Kurven zu beschleunigen. Ebenfalls nicht neu, aber bewährt sind die variabel übersetzte Parameterlenkung und die Hochleistungs-Verbundbremsanlage. Serienmäßig ist auch die Fahrprogramm-Wahl von Glätte über Comfort bis Sport Plus. Für die S-Variante gibt es zusätzlich noch die Option Race. Steuern lassen sich die Modi wie gehabt über eine Lenkradtaste.

Optik verschärft

Während technisch Bewährtes mit Blick auf die Vorgängermodelle übernommen wurde, hat man äußerlich deutlich nachgeschärft. Über die gesamte Frontschürze zieht sich jetzt ein Flap in Hochglanzschwarz, der bis in den äußeren Rand der Jet-Wings verläuft und die Aerodynamik verbessern soll. Da die Radläufe um jeweils 27 Millimeter verbreitert wurden, konnte die Spur ebenfalls zulegen und größere Räder an der Vorderachse verbaut werden. Am Heck der AMG-Modelle gibt es neue Heckleuchten und eine Schürze, die die neu geformten Doppelendrohrblenden aufnimmt und einmal mehr die Breite der Boliden betont.

Natürlich kann auch der Fahrer eines E 63 oder E 63 S mit seinem Auto über den Ruf "Hey Mercedes" verbal in Kontakt treten. Was nichts anderes heißt, als dass auch das Multimediasystem MBUX an Bord ist. Wie persönlich die Ansprache ist, kann der Nutzer jetzt übrigens selbst entscheiden. Wurde er früher prinzipiell mit "Sie" zum Beispiel über das Wetter oder Navigationsdaten informiert, kann er jetzt zum kumpelhaften "Du" wechseln.

Wie immer macht Mercedes noch keine Angaben zum Preis des neuen "The Hammer". Aber da es von den Modellen mit Sicherheit mehr als zwölf geben wird, dürfte der Preis nicht bei über 300.000 Euro liegen, sondern sich an dem orientieren, was für die Vorgänger aufgerufen wurde: knapp 110.000 Euro für den E 63 und 122.000 Euro für den E 63 S. Was in jedem Fall ein erkleckliches Sümmchen ist und nur von den wenigsten aus der Portokasse gezahlt werden dürfte.

Quelle: ntv.de


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