Der deutsche Sport trauert um Zehnkampf-Olympiasieger Willi Holdorf. Der Goldmedaillengewinner von Tokio 1964 starb am Sonntag im Alter von 80 Jahren nach schwerer Krankheit zu Hause in Schleswig-Holstein. Dies bestätigte seine Ehefrau Sabine Holdorf-Schust der Deutschen Presse-Agentur. Als erster Deutscher wurde Holdorf Olympiasieger im Zehnkampf, das war am 19. Oktober 1964 in Tokio. Nach ihm gelang dies nur dem damaligen DDR-Leichtathleten Christian Schenk 1988 in Seoul.
Mit Holdorfs Triumph sind vor allem die Bilder vom abschließenden 1500-Meter-Rennen verbunden: Die letzten Schritte zum Sieg lief er taumelnd in Schlangenlinien. "Mir wurde schwarz vor Augen", berichtete Holdorf einmal. Am Ende setzte er sich gegen seinen Widersacher Rein Aun aus der Sowjetunion durch. Holdorf war nach neun Disziplinen mit 18 Sekunden Vorsprung ins Rennen gegangen und kam elf Sekunden nach Aun ins Ziel. Am Ende siegte er mit 7887 Punkten.
Die Goldmedaille hängt seit Jahren im Deutschen Sport- und Olympia-Museum in Köln. Nach seinem Coup wurde Holdorf zum "Sportler des Jahres" gewählt und 2011 in die "Hall of Fame" des deutschen Sports aufgenommen. Seine Karriere beendete er bereits mit 24 Jahren, da er Geld verdienen musste, um seine Familie zu ernähren. Als Leichtathletik-Trainer führte er den Stabhochspringer Claus Schiprowski 1968 zu Olympia-Silber. Von 1971 bis 1973 war er Bremser im Zweier- und Anschieber im Viererbob - und holte mit Horst Floth 1973 EM-Bronze.
Weniger Erfolg hatte er als Fußballtrainer bei Fortuna Köln. In der Rückrunde der Saison 1974/1975 konnte er in fünfmonatiger Amtszeit nach 14 Spielen den Bundesliga-Abstieg nicht verhindern. Danach konzentrierte er sich auf seinen Job als Vertreter des Sportartikelherstellers Adidas, den er 2016 aufgab. Als Gesellschafter schrieb er an der Erfolgsgeschichte des Handball-Bundesligisten THW Kiel mit und gehörte dem Aufsichtsrat an.
"Hallo, Herr Olympiasieger"
Zehnkampf-Weltmeister Niklas Kaul und Olympiasieger Schenk haben geschockt auf den Tod reagiert. "Wenn man mit dem Zehnkampf anfängt, dann gibt es ein paar große Namen. Willi Holdorf stand da ganz, ganz oben", sagte der 22 Jahre alte Kaul, der im vergangenen Jahr überraschend bei der Leichtathletik-WM in Katar triumphierte.
Schenk sagte zu Holdorfs Tod: "Wir haben uns ab und zu gesehen und dann immer mit "Hallo, Herr Olympiasieger" gegrüßt. Willi war ein toller Sportsmann und ein sehr guter Unternehmer - und für mich ist er einer der wenigen, die das beides geschafft haben. Er war mein Idol!"
spiegel
Tags: